Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
beobachtete den Parkplatz. Ich saß auf dem zweiten Bett und versuchte alles zu verarbeiten, was ich gehört hatte. Tobias und sein Trupp schmuggelten also Altertümer, aber wenn man Bobby glauben konnte, hatten sie noch etwas anderes mitgebracht, etwas, das nie hätte entdeckt und geöffnet werden sollen. Es war Teil des Köders, wie eine Dosis Gift, die in Fleisch versteckt war. Ich hätte am liebsten geglaubt, dass Jandreau sich irrte, dass Schuldbewusstsein und Stress die Ursache waren, dass diese Männer andere und sich töteten, darunter Brett Harlans Frau und Foster Jandreau, denn Bobby hatte bestätigt, dass er seinen Cousin wegen seiner Bedenken angesprochen hatte und dass er glaubte, Fosters inoffizielle Nachforschungen hätten zu dessen Mord geführt. Fragte sich nur, wer abgedrückt hatte. Ich tippte ursprünglich auf Tobias, aber Bobby war sich dessen nicht so sicher: Er hatte seinen Cousin vor Joel Tobias gewarnt und konnte sich nicht vorstellen, dass Foster sich auf eine Begegnung mit ihm auf dem dunklen Parkplatz einer abgebrannten Bar eingelassen hatte, ohne dass ein Zeuge dabei war. Dann berichtete er mir von seinen Sitzungen mit Carrie Saunders, bei denen er über einige seiner Sorgen mit ihr gesprochen hatte.
Carrie Saunders. Joel Tobias war nicht die einzige Kontaktperson, die all diese Männer kannten, das galt auch für Saunders. Sie war in Abu Ghraib gewesen, ebenso wie der geheimnisvolle Roddam beziehungsweise Nailon. Sie war zum einen oder anderen Zeitpunkt mit all den toten Männern in Berührung gekommen und hatte einen Grund dazu, zwischen ihnen hin und her zu pendeln. Jandreau hätte sich mit einem potentiell gefährlichen Exsoldaten wie Tobias nicht auf einem menschenleeren Parkplatz getroffen, möglicherweise aber mit einer Frau. Ich rief Gordon Walsh an, erzählte ihm alles, was ich wusste, und ließ nur Tobias aus. Tobias gehörte mir. Er sagte, er würde Saunders persönlich aufgreifen und zusehen, was dabei rauskäme.
Louis, der tief im Lexus fläzte, damit er die Zugänge zum Zimmer überwachen konnte, entdeckte ihn. Die abgerissene Gestalt schritt über den Parkplatz, in der rechten Hand eine Zigarette, die linke leer. Er trug einen schwarzen Mantel über einem schwarzen Anzug, dem man ansah, dass er aus billigem Stoff und ziemlich abgetragen war, und einem zerknautschten weißen Hemd mit offenem Kragen. Seine Haare waren glatt zurückgekämmt und hinten so lang, dass sie in fettigen Strähnen über den Kragen hingen. Er schien einfach aus dem Nichts aufgetaucht zu sein, als ob Atome aus der Luft gefällt worden wären, ihre Bestandteile sich verändert und zusammengefügt hätten. Louis hatte das Motelgebäude beobachtet und sämtliche Spiegel im Blick gehabt. Er hätte ihn kommen sehen müssen, hatte er aber nicht.
Und Louis wusste, wer und was er war: Das war der Kollektor. Der Mann mochte sich in einem Trödelladen eingekleidet haben und so aussehen, als habe ihm das Leben übel mitgespielt und er sich darauf eingestellt, doch das war alles nur Fassade. Louis war vorher schon gefährlichen Männern begegnet, und manch einer war durch seine Hand gestorben, doch der Mann, der jetzt zur Tür von Zimmer 112 lief, strahlte auf eine Art und Weise Gefahr aus, wie andere Menschen Schweiß absonderten. Louis konnte es regelrecht riechen, als er aus dem Auto glitt und sich anpirschte. Das und noch etwas anderes: ein Pesthauch, wie nach Brandopfern, Blut und Beinhäusern. Obwohl Louis sich leise näherte, hob der Kollektor, ohne sich umzudrehen, die Hand, als Louis noch fünfzehn Schritte entfernt war. Die Zigarette war bis auf die vergilbten Finger des Kollektors heruntergebrannt, doch wenn es ihm weh tat, so zeigte er es nicht.
»Du kannst sie fallen lassen, wenn sie dich stört«, sagte Louis.
Der Kollektor ließ die Zigarette aus seinen Fingern gleiten. »Jammerschade, da war noch ein Zug dran.«
»Sie werden dich umbringen.«
»Das hat man mir schon mal gesagt.«
»Vielleicht bring ich dich vorher um.«
»Dabei wurden wir uns noch nicht einmal offiziell vorgestellt, auch wenn ich das Gefühl habe, dass ich Sie kenne. Man könnte sagen, dass ich Sie und Ihren Partner von weitem beobachtet habe. Ich habe Ihr Werk bewundert, vor allem, seit Sie offenbar Ihr Gewissen entdeckt haben.«
»Vermutlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen, was?«
»Nein, Sie sollten einfach dankbar sein, dass ich keinen Grund hatte, hinter Ihnen her zu sein. Sie waren eine Zeitlang am Rande der
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