Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
Clownsgesicht.
»Der Käpt’n ist sehr neugierig, was Sie betrifft, und es braucht einiges, um das Interesse des Käpt’ns zu wecken. Schließlich hat er schon so viel gesehen, dass es nur noch wenig gibt, das seine Aufmerksamkeit zu erregen vermag.«
»Er verarscht dich«, sagte Louis.
»Aha?«, sagte Herod. Er legte den Kopf schräg, als horchte er auf eine Stimme, die nur er hören konnte. » Dominus meus bonus et benignitas est . Kommt Ihnen das bekannt vor, Mr Parker?«
Ich hielt die Waffe in meiner Hand fester. Ich hatte diesen Ausdruck schon einmal gehört. Er hatte eine ganze Reihe von Funktionen: als verschlüsselte Begrüßung, als düsterer Scherz und als Glaubensbekenntnis an ein Wesen, das alles andere als freundlich war, und als eine Art Namensgebung. »Mein Herr ist gut und freundlich.« Gut und freundlich. Gutfreund oder Mr Gutfreund. So nannten ihn seine Gefolgsleute beziehungsweise einige von ihnen, aber hier war Herod und ließ anklingen, dass Gutfreund und das Ding, das er als Käpt’n bezeichnete, ein und derselbe waren.
»Es spielt keine Rolle«, sagte ich. »Ihre Geistergeschichten interessieren mich nicht. Was ist in der Tasche?«
»Eine weitere Geistergeschichte«, sagte Herod. »Das Gefängniskästchen. Ich gedenke, es mitzunehmen, und Sie werden mich gehen lassen.«
»Das glaube ich nicht.« Angel ergriff das Wort. Er lehnte geradezu lässig am Türrahmen. »Vielleicht ist es Ihnen noch nicht aufgefallen, aber drei Knarren sind auf Sie gerichtet.«
»Und meine auf Miss Emorys Kopf«, versetzte Herod.
»Wenn Sie sie umbringen, bringen wir Sie um«, sagte Angel. »Und dann können Sie nicht mehr mit Ihrem Kästchen spielen.«
»Sie glauben doch nicht etwa, dass Sie alle Züge durchdacht haben, Mr Parker, Sie und Ihre Freunde«, sagte Herod. »Es schmerzt mich, Ihnen diese Illusion zu nehmen. Miss Emory, greifen Sie ganz langsam in die linke Außentasche meines Mantels und holen Sie das heraus, was Sie dort finden. Seien Sie behutsam, und machen Sie es sofort, sonst werden Sie nicht mehr erfahren, wie diese Geschichte ausgeht.«
Karen fummelte in seiner Tasche herum, dann warf sie etwas zwischen uns auf den Boden. Es war eine Damenhandtasche.
»Nur zu«, sagte Herod. »Werfen Sie einen Blick hinein.«
Die Tasche war kurz vor Louis’ linkem Fuß gelandet. Er kickte sie zu mir, ohne den Blick von Herod zu wenden. Ich öffnete sie. Sie enthielt Kosmetika, ein paar Tabletten und eine Brieftasche. In der Brieftasche steckte Carrie Saunders’ Führerschein.
»Ich habe sie begraben«, sagte Herod. »Oh, nicht allzu tief. Das Behältnis ist aus Stahl – aus Militärbeständen, nehme ich an; ich habe es in ihrem Keller gefunden –, aber ich wollte nicht, dass es unter der Last des Erdreichs nachgibt. Sie bekommt auch Luft, dank eines Loches und eines Plastikröhrchens zum Atmen. Aber angenehm kann es nicht sein, in der Dunkelheit gefangen zu sein, und wer weiß, was passieren könnte, wenn sich das Röhrchen verstopft? Ein herabfallendes Blatt könnte genügen oder ein Erdklumpen, der von einem vorbeilaufenden Tier losgetreten wird. Inzwischen muss sie der Panik nahe sein, und wenn sie die Nerven verliert, nun … Ihre Hände sind gefesselt. Wenn sie ihre Lippen nicht an diesem Röhrchen lässt, hat sie vermutlich nur noch fünfzehn Minuten zu leben, allerhöchstens. Doch das werden sehr lange fünfzehn Minuten sein.«
»Warum sie?«, fragte ich.
»Ich glaube, das wissen Sie, und wenn nicht, sind Sie nicht so schlau, wie ich dachte. Ich würde ja gern hierbleiben und Sie über alles aufklären, aber es genügt, wenn ich sage, dass Mr Tobias und seine Freunde an diesem Abend sehr damit beschäftigt waren, Mexikaner zu töten, und als sie damit fertig waren, begaben sie sich zu Miss Saunders’ Haus, um sich neu zu formieren. Ich habe von Mr Tobias eine Menge erfahren, bevor er verschied: über einen gewissen Jimmy Jewel und wie er gestorben ist und auch über einen gewissen Foster Jandreau. Offenbar konnte Miss Saunders sehr verführerisch sein, wenn sie wollte. Ich nehme an, man könnte sie als Kopf dieser Unternehmung bezeichnen. Sie hat sie alle getötet: Roddam, Jewel, Jandreau. Vielleicht haben Sie die Gelegenheit, sie persönlich zu fragen, wenn Sie mich gehen lassen. Je länger Sie es sich überlegen, desto geringer sind ihre Überlebenschancen. Alles ist ein Tauschgeschäft. Alles ist Verhandlungssache. Ich bin ein Ehrenmann, ich halte meine Versprechen. Und im Gegenzug
Weitere Kostenlose Bücher