Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
für das Kästchen verspreche ich Ihnen das Leben von Miss Emory, und ich werde Ihnen mitteilen, wo sich Carrie Saunders’ Sarg befindet. Wir beide wissen, dass Sie Miss Emory nicht sterben lassen werden. Sie sind nicht der Mann, der damit ohne weiteres leben könnte.«
Ich blickte wieder auf den Führerschein und auf Karen Emorys entsetzte Miene.
»Woher sollen wir wissen, dass Sie Ihren Teil der Abmachung auch einhalten?«, sagte ich.
»Weil ich meine Abmachungen immer einhalte.«
Ich ließ mir ein paar Sekunden Zeit, bevor ich nickte.
»Meinst du das ernst?«, sagte Angel. »Du lässt dich darauf ein?«
»Was bleibt uns anderes übrig?«, sagte ich. »Steckt die Knarren weg. Lasst ihn gehen.«
Sowohl Angel als auch Louis zögerten einen Moment, dann senkte Louis langsam seine Waffe, und Angel tat es ihm gleich.
»Haben Sie ein Handy?«, fragte Herod.
»Ja.«
»Geben Sie mir die Nummer.«
Ich tat es und sagte dann: »Soll ich sie für Sie aufschreiben?«
»Nein, danke. Ich habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis. In zehn Minuten werde ich Miss Emory bei einem Münztelefon absetzen und ihr mitteilen, wo Carrie Saunders begraben ist. Ich werde Miss Emory sogar das Geld für den Anruf geben. Dann können Sie hinfahren und sie abholen, und wir sind miteinander fertig.«
»Wenn Sie sich nicht daran halten, werde ich Sie jagen, Sie und Ihren Käpt’n.«
»Oh, Sie haben mein Wort. Ich töte niemanden, wenn es nicht nötig ist. Ich habe bereits so viele Makel auf meiner Seele, dass sie ein ganzes Leben lang reichen.«
»Und das Kästchen?«
»Das werde ich öffnen.«
»Glauben Sie etwa, Sie können das, was da drin ist, beherrschen?«
»Nein, ich nicht, aber der Käpt’n kann es. Auf Wiedersehen, Mr Parker. Sagen Sie Ihren Freunden, dass sie beiseitetreten sollen. Es wäre mir lieb, wenn Sie sich alle drei in die hintere Ecke stellen würden, bitte. Wenn ich einen von Ihnen aus dem Haus kommen sehe oder wenn Sie versuchen, mir zu folgen, ist unsere Vereinbarung hinfällig. Dann werde ich Miss Emory töten, und Carrie Saunders kann zusehen, wie sie in ihrem Gefängnis zurechtkommt. Haben wir einander verstanden?«
»Ja«, sagte ich.
»Ich glaube nicht, dass wir uns noch einmal begegnen werden«, sagte Herod. »Aber was Sie und den Käpt’n angeht, das steht auf einem anderen Blatt. Irgendwann werden Sie und er sicher die Gelegenheit bekommen, einander näher kennenzulernen.«
Angel trat von der Tür weg, dann gingen er, Louis und ich in die Ecke des Zimmers, die der Haustür schräg gegenüber lag. Herod, der Karen nach wie vor als Schild benutzte, schob sich rückwärts aus dem Haus, worauf Karen auf sein Geheiß die Tür hinter ihnen schloss. Ich konnte noch einen letzten Blick auf sie werfen, dann waren sie weg. Kurz darauf wurde ein Auto angelassen, und es fuhr davon.
Louis wollte zur Tür laufen, doch ich hielt ihn zurück.
»Nein«, sagte ich.
»Traust du ihm etwa?«
»In diesem Fall ja«, sagte ich.
»Ich habe damit nicht Herod gemeint.«
»Ich auch nicht.«
37
Ich weiß nicht, ob Carrie Saunders die Nerven verloren hat. Ich weiß auch nicht, ob ihr das Röhrchen aus dem Mund glitt und sie, gefesselt, wie sie war, nicht mehr rankam. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich mir ihre letzten Minuten vorstelle, und dann sehe ich immer Herod, wie er den Spaten beiseitewirft, auf das festgestampfte Erdreich blickt und dann der Frau, die darunter begraben ist, behutsam das Röhrchen aus dem Mund zieht. Er machte das, weil sie irgendeinen ungeschriebenen Vertrag mit ihm gebrochen hatte, aber auch, weil es ihm Vergnügen bereitete. Trotz all seines Geredes über Ehre, Verhandlungen und Versprechen hielt ich Herod für einen zutiefst grausamen Mann. Er hielt sein Wort und ließ Karen Emory frei, und er teilte ihr mit, wo er Carrie Saunders begraben hatte, bevor er sie verließ; doch die Autopsie ergab, dass Carrie Saunders schon stundenlang tot gewesen war, als sie gefunden wurde.
Ich weiß aber auch Folgendes: Carrie Saunders hatte Jimmy Jewel und Foster Jandreau umgebracht. In ihrem Haus wurde eine Knarre gefunden, eine 22er Glock. Die Kugeln stimmten mit denen überein, mit denen Jimmy und Jandreau getötet wurden, und ihre Fingerabdrücke waren die einzigen, die man an der Waffe sicherstellte.
Was Roddam anging, wusste niemand mit letzter Sicherheit, ob sie für seinen Tod verantwortlich war, aber wenn Herod die Wahrheit gesagt hatte und sie hinter den anderen Morden steckte, dann gab es
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