Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
keinen Grund zu der Annahme, dass er in Bezug auf Roddam gelogen hatte.
Nachdem Saunders’ Leiche gefunden worden war, gab es allerhand Spekulationen, ob der Mann, der für ihren Tod verantwortlich war, ihr die anderen Morde möglicherweise nur angehängt hatte, doch all das wurde hinfällig, als Bobby Jandreau berichtete, wie er mit seinem Cousin Foster darüber gesprochen hatte, dass der Tod von Damien Patchett, Bernie Kramer und den Harlans etwas mit dem von Joel Tobias geleiteten Schmuggelunternehmen zu tun haben musste, obwohl er keine handfesten Beweise dafür hatte. Foster Jandreau war ehrgeizig, aber für seinen Geschmack war er noch nicht weit genug vorangekommen. Wenn er Beweise dafür finden konnte, dass Tobias in etwas Illegales verwickelt war, könnte das seiner etwas ins Stocken geratenen Karriere wieder auf die Sprünge helfen. Aber Bobby Jandreau hatte den Fehler gemacht und mit Carrie Saunders während einer ihrer Therapiesitzungen über die Sache gesprochen, worauf sie Foster umgebracht hatte, damit er keine weiteren Nachforschungen anstrengte. Die Drogenampullen hatte sie hinterlassen, um seinen Ruf zu beschädigen. Ob sie das mit Joel Tobias’ Wissen und Einverständnis getan hatte, konnte ich nicht sagen, und diejenigen, die es mir hätten verraten können, waren allesamt tot. Ich dachte daran, was andere über Joel Tobias gesagt hatten: Dass er schlau wäre, aber nicht so schlau. Er konnte keine Unternehmung leiten, bei der es um gestohlene Altertümer im Wert von zig Millionen Dollar ging, wohl aber Carrie Saunders. Rochman verriet den Ermittlern in Paris, dass seine Kontaktperson beim Kauf der Elfenbeinfigürchen und der Siegel eine Frau gewesen sei, die unter dem Pseudonym »Medea« auftrat, und dass das Geld an eine Bank in Bangor, Maine, überwiesen worden sei. Gerüchte kamen auf, dass Saunders und Roddam während ihrer gemeinsamen Zeit in Abu Ghraib möglicherweise ein Liebespaar waren, aber das war sehr unwahrscheinlich. Zwar brachte der Krieg alle möglichen seltsamen Verbindungen zustande, aber vermutlich benutzten Roddam und Saunders einander nur, und Saunders hatte letztendlich die Leitung übernommen, weil Roddam gestorben war. Saunders und Tobias hatten die gleiche Highschool in Bangor besucht, die Saunders ein Jahr nach Tobias abschloss. Sie hatten einander schon lange gekannt, aber selbst wenn sie der Kopf der Unternehmung gewesen war, hätte sie die Erlaubnis von Tobias oder irgendjemand anderem gebraucht, um alles zu tun, was getan werden musste, um den Erfolg zu garantieren.
Ich war dabei, als das Schloss an der Stahlkiste aufgebrochen wurde, und sah Carrie Saunders’ Gesicht. Was immer sie auch getan haben mochte, auf diese Art und Weise zu sterben hatte sie nicht verdient.
Kurz nach der Entdeckung der Leiche sagte ich bei der Polizei aus, im Beisein von zwei Agenten der Zoll- und Einwanderungsbehörde. Hinter ihnen stand ein kleiner Mann mit Bart und dunkler Haut, der sich als Dr. Al-Daini vom Irakischen Nationalmuseum in Bagdad vorstellte. Die Agenten gehörten der JIACG an, der Joint Interagency Coordination Group, einer gemeinsamen Sonderermittlungseinheit von Militär, FBI , CIA , Finanzministerium, Zoll- und Einwanderungsbehörde und allen möglichen anderen Diensten, die zufällig hinzustießen und sich für den Irak interessierten beziehungsweise dafür, wie Terroristen ihre Unternehmungen finanzieren könnten. Die Plünderung des Irakischen Nationalmuseums machte ihnen nur deshalb Kopfzerbrechen, weil die gestohlenen Stücke auf dem Schwarzmarkt verhökert werden könnten, um Gelder für die Aufständischen zu beschaffen. Der Mann, der mich im Blue Moon ausgequetscht hatte, hatte sowohl mich als auch sich selbst belogen: Durch das, was sie taten, kamen Menschen zu Schaden, aber sie starben auf den Straßen von Bagdad, Falluja und sonst wo im Irak, wo amerikanische Soldaten ins Visier genommen wurden. Ich erzählte den Agenten und Dr. Al-Daini alles bis auf eine Kleinigkeit. Ich sagte ihnen nichts vom Kollektor. Dr. Al-Daini schien die Nachricht vom Verlust des Kästchens schwer zu treffen, doch er sagte nichts.
Als wir fertig waren, stieg ich in mein Auto und fuhr nach Süden.
38
Herod saß in seinem Arbeitszimmer, umgeben von seinen Büchern und Werkzeugen. Hier gab es keine Spiegel, keine reflektierenden Flächen. Er hatte sogar den Computer in einen anderen Raum gestellt, damit nirgendwo ein Gesicht zu sehen war. Der Käpt’n lenkte ihn ab, denn sein
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