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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Clan, mit all ihren Eigenheiten und ihrem lächerlichen Starrsinn. Ich kenne dich und deinen Bruder, den heißblütigen Duncan. Und ich kannte auch euren Vater, der auf dem Schlachtfeld sein Leben gelassen hat. Ich habe sie alle beobachtet und ihr unseliges Treiben gesehen. Sie rufen nach Freiheit und meinen damit nur ihren eigenen Vorteil, und sie würden ihre Liebsten verraten, nur um zu bekommen, was sie erstreben.«
    »Wovon sprichst du?«, fragte Gwynn, aber die Alte reagierte nicht auf ihre Frage. Kalas Blick schien an Gwynneth vorbeizugehen, in weite Ferne oder längst vergangene Zeiten.
    »Ich bin dabei gewesen«, sagte sie mit krächzender Stimme. »Es ist mein Schicksal, den Gang der Dinge zu beobachten. Ich habe Könige kommen und gehen sehen, Herrscher aufsteigen und fallen. In diesen Tagen, Gwynneth Ruthven, bietet sich unserem Volk eine Gelegenheit, wie es sie noch nie zuvor gegeben hat. Wir könnten das Joch der Fremdherrschaft abschütteln und wieder unsere Freiheit gewinnen! Alles ist in Bewegung. Die Dinge sind in Unordnung geraten, und es bedarf einer starken und mutigen Hand, sie neu zu ordnen. Aber Neid und Missgunst drohen alles zu zerstören.«
    Mit ihren knochigen Fingern hatte sie Gwynn am Arm gepackt und hielt sie fest, bannte sie mit ihrem Blick, während sie sprach. Gwynn merkte, wie ihr ein kalter Schauer den Rücken hinabrieselte, und energisch riss sie sich von der Alten los.
    »Was redest du da?«, fragte sie unwirsch. »Hast du den Verstand verloren?«
    »Ich hin gekommen, um dich zu warnen, Gwynneth Ruthven«, sagte die Alte mit bebender Stimme. »Dein Bruder ist dabei, Unheil heraufzubeschwören und Unglück über euch alle zu bringen.«
    »Du redest wirres Zeug, alte Frau«, sagte Gwynn, in der sich alles dagegen sträubte, dem Gefasel der unheimlichen Alten noch länger zuzuhören. Sie wandte sich um und wollte das Tal verlassen, aber im dichten Nebel konnte sie den Pfad nicht finden. Ziellos stieg sie im Geröll umher, bis ihr Weg vor einer Felswand endete. Sie folgte der Wand und geriet dadurch nur noch weiter hinein in die Schlucht, bis sie die Orientierung vollends verloren hatte.
    In einem Anflug von Panik blickte sich Gwynneth um – und erschrak, als plötzlich wieder die dunkle Gestalt neben ihr stand.
    »Suchst du etwas, mein Kind?«
    »Den Weg nach Hause«, erwiderte Gwynn gehetzt. »Ich will nach Hause, hörst du?«
    »Nur zu, was hindert dich daran?«
    »Dieser verdammte Nebel. Ich kann die Hand nicht vor Augen sehen.«
    »Das scheint das Problem der Menschen zu sein.« Die Alte kicherte. »Unerschrocken wagen sie sich auf unbekannten Boden, spielen mit Dingen, deren wahre Bedeutung sie nicht im Ansatz verstehen. Bis sie nicht mehr weiter wissen.«
    »Bitte«, sagte Gwynn fast flehend, »lass mich gehen. Ich weiß nicht, was das alles soll.«
    »Weiß ich es denn? Weiß der Baum, was aus ihm werden wird, wenn der Holzfäller die Axt an ihn legt? Auch mir ist nicht klar, was das Schicksal vorhat, Gwynneth Ruthven. Aber die Runen haben mir offenbart, dass dein Clan dabei eine wichtige Rolle spielen wird. Das Schicksal Schottlands könnte einst in seinen Händen liegen, doch dein Bruder ist dabei, alles zu verspielen.«
    »Mein Bruder? Weshalb?«
    »Weil er nicht bereit ist zu warten, bis die Zeit reif ist. Weil er das Schicksal in die Hände genommen hat und sich ertrotzen will, was deinem Vater versagt blieb. Und er schreckt dafür vor keiner Untat zurück.«
    »Untat? Mein Bruder Duncan?« Gwynn schüttelte den Kopf. »Du redest dummes Zeug, alte Frau. Der Tod unseres Vaters mag Duncan schwer getroffen haben, aber er ist nicht so, wie du sagst. Eine große Bürde ruht auf seinen Schultern, das ist alles.«
    »So?«, erkundigte sich die Alte spitz. »Ist das der Grund, weshalb du in jeder freien Minute aus der Burg flüchtest, Gwynneth Ruthven? Weshalb du es nicht länger ertragen kannst, in der Nähe deines Bruders und der unheimlichen Berater zu sein, mit denen er sich neuerdings umgibt?«
    »Du … weißt davon?«
    »Ich sagte es dir schon, kleine Gwynn: Ich weiß vieles, mehr als du ahnst. Ich habe dich und die deinen seit langem beobachtet. In all dieser Zeit habe ich geschwiegen, aber nun kann ich es nicht länger. Böse Dinge sind im Begriff, sich zu ereignen, Gwynn. Dinge, die den Lauf der Geschichte verändern werden, wenn niemand zur Stelle sein wird, um sie zu verhindern. Und es wird dein Bruder sein, der diese Dinge in Gang setzt.«
    »Mein … mein

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