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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Licht, das in die Gasse fiel, sah Quentin blanke Messer blitzen und erschrak heftig. Die gellenden Schreie Verwundeter waren zu hören, und aus dem wirren Knäuel dunkler Umhänge starrte plötzlich eine rußgeschwärzte Maske, deren Anblick Quentin über alle Maßen entsetzte. Er stieß einen lauten Schrei aus und wollte vor Schreck stehen bleiben, aber sein Onkel packte ihn und zerrte ihn mit sich, und plötzlich merkte Quentin, dass sie das Ende der Gasse erreicht hatten.
    Hals über Kopf liefen sie auf die Kutsche zu, die dort auf sie wartete. Sir Walter ließ den Kutscher gar nicht erst absteigen.
    »Fahren Sie los!«, wies er den verblüfften Mann an, während er selbst die Tür aufriss und seinen Neffen einsteigen ließ, um ihm dann schnellstmöglich zu folgen.
    Der Kutscher zögerte keinen Augenblick. Er ließ die Peitsche knallen, und der Zweispänner fuhr an. Die Gasse und mit ihr die Vermummten, die dort noch immer erbittert kämpften, fielen hinter ihnen zurück und verschwanden in der Dunkelheit. Schon wenige Augenblicke später deutete nichts mehr darauf hin, dass all diese Dinge wirklich geschehen waren. Der Schrecken, der den beiden noch in den Gliedern steckte, war jedoch echt …
    »Du meine Güte«, stieß Sir Walter hervor und wischte sich die Stirn. »Das war knapp. Wer hätte gedacht, dass sich des Nachts solches Gesindel in unseren Straßen herumtreibt? Ich werde diesen Vorfall natürlich melden.«
    »Onkel«, ächzte Quentin, der erst jetzt seine Sprache wieder fand, »sie sind es gewesen!«
    »Wovon sprichst du, mein Junge?«
    »Die Sektierer«, schnappte Quentin außer sich. »Die Runenbrüder! Sie waren es, die uns verfolgt haben!«
    »Bist du sicher?«
    »Ich habe einen von ihnen gesehen. Er trug eine Maske und starrte mich an. Und da waren diese anderen Männer in dunklen Kutten. Sie waren mit Stöcken bewaffnet und haben gegen sie gekämpft.«
    »Und du kannst ausschließen, dass deine Sinne dir einen Streich gespielt haben? In der Gasse war es ziemlich düster, Junge.«
    »Ich bin mir ganz sicher, Onkel«, bekräftigte Quentin. »Es waren die Runenbrüder, und ich denke nicht, dass sie aus purem Zufall hinter uns her waren. Sie wussten, dass wir in der Bibliothek waren, und haben uns aufgelauert.«
    »Aber …«, rief Sir Walter aus, und nun wurde selbst der couragierte Herr von Abbotsford um einiges blasser, »… das würde ja bedeuten, dass diese Sektierer genau über uns im Bilde waren! Dass sie wussten, wo wir uns befanden, und nur darauf warteten, dass wir die Bibliothek verlassen.«
    »So ist es, Onkel«, bestätigte Quentin schaudernd. »Vielleicht sind sie es sogar gewesen, die uns den Schlüssel zur verbotenen Kammer haben zukommen lassen. Das Päckchen trug keinen Absender, oder?«
    »Das nicht. Aber welchen Grund sollten diese Leute haben, uns den Schlüssel zu schicken?«
    »Vielleicht wollen sie, dass wir etwas für sie herausfinden. Dass wir ein Geheimnis für sie lösen.«
    »Aber ich bitte dich! Deine Fantasie geht mal wieder mit dir durch, Quentin. Weshalb sollte den Sektierern daran gelegen sein, dass wir für sie arbeiten? Das ergibt keinen Sinn.«
    »Dieser Kampf in der Gasse ergibt auf den ersten Blick auch keinen Sinn, Onkel, und dennoch hat er stattgefunden.«
    »Das ist nun allerdings wieder wahr«, bestätigte Sir Walter. »Wie es aussieht, hat die Runenbrüderschaft Feinde, möglicherweise eine rivalisierende Gruppierung. Die Straßen einiger Stadtteile sind voll von Banden, die sich gegenseitig bis aufs Messer bekriegen, trotz aller Bemühungen unserer Behörden, für Recht und Ordnung zu sorgen. Dass sie sich jedoch so weit aus ihren Revieren wagen, ist ungewöhnlich. Wir werden den Fall umgehend zur Meldung bringen.«
    »Wozu? Ich wette, die Behörden werden in der Gasse nicht das Geringste vorfinden. Wie es aussieht, sind wir nicht die Einzigen, die das Rätsel um die Schwertrune lüften wollen, Onkel. Ein Gefühl sagt mir, dass hier etwas im Gang ist, dessen wahre Dimensionen wir gerade erst zu erahnen beginnen.«
    »Du hörst dich schon an wie der gute Professor«, meinte Sir Walter. »Ich hätte dich in der Tat nicht zu ihm mitnehmen sollen.«
    »Vielleicht höre ich mich so an, Onkel«, sagte Quentin tonlos. »Aber vielleicht hatte der Professor ja auch Recht, und es steckt weit mehr dahinter, als wir vermuten. Vielleicht hat er tatsächlich begonnen – jener Kampf zwischen den Mächten des Guten und des Bösen, von dem Gainswick gesprochen

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