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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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die Sektierer auslöschen wollte.«
    »Auch diese Möglichkeit kommt in Betracht«, räumte Sir Walter ein. »Leider erklärt weder die eine noch die andere Variante, welcher Zusammenhang zwischen König Robert und den Sektierern besteht. Was ist die Verbindung? Der Brand in der Bibliothek von Kelso, der Überfall auf Abbotsford, der Mord an Professor Gainswick, der bevorstehende Besuch des Königs und nun auch noch das Grab von Robert the Bruce – wie hängt all das zusammen? Ich muss zugeben, mein Junge, dass dieses Rätsel meinen bescheidenen Verstand übersteigt.«
    »Es muss eine Antwort geben«, sagte Quentin überzeugt. »Professor Gainswick scheint sie gefunden zu haben, deshalb musste er sterben.«
    »Das ist das nächste Rätsel: Woher wusste der Professor, dass das Schwert einst mit der Rune versehen war? Soweit mir bekannt ist, existieren keine zeitgenössischen Darstellungen des Sarkophags. Das Zeichen scheint aber schon vor langer Zeit entfernt worden zu sein. Wie also konnte Professor Gainswick davon Kenntnis haben?«
    »Vielleicht hat er nur seine Schlüsse gezogen«, vermutete Quentin.
    Im flackernden Kerzenlicht nahm er die restlichen Seiten des Sarkophags in Augenschein, die wie die Deckplatte mit halbplastischen Darstellungen verziert waren. Obwohl der Zahn der Zeit merklich an ihnen genagt hatte und das Holz an einigen Stellen faulig war, waren die Bilder noch gut zu erkennen; sie zeigten wichtige Stationen im Leben des Königs.
    Auf der rechten Seite war die Schlacht von Bannockburn dargestellt, bei der Robert seinen legendären Sieg über die Engländer errungen hatte. Die gegenüberliegende Seite zeigte seine Akklamation und Krönung durch den schottischen Adel im Palace of Scone, die Darstellung auf der Vorderseite die Anerkennung seiner Regentschaft durch den päpstlichen Gesandten. Die Rückseite schließlich bildete einen Ritter ab, der unterwegs war zu einer seltsam aussehenden Burg mit hohen, gewölbten Dächern. Von anderen Bildern wusste Quentin, dass viele Künstler des Hochmittelalters das Heilige Land so dargestellt hatten. Bei sich hatte der Ritter eine Schatulle, die mit den Worten CORREGIS überschrieben war.
    »Das Herz des Königs«, übersetzte Quentin ehrfürchtig. »Es stimmt also, was die Überlieferung berichtet. Das Herz von König Robert wurde von seinen Getreuen ins Heilige Land gebracht.«
    »Aus welchem Grund auch immer«, fügte Sir Walter mit grimmiger Miene hinzu.
    Quentin kannte seinen Onkel inzwischen gut genug, um dessen Züge ausreichend zu deuten, und er wusste, wann er einen Gedanken verfolgte, der ihm selbst nicht gefiel. »Onkel«, erkundigte er sich deshalb vorsichtig, »hältst du es für möglich, dass dieses Rätsel, dem wir auf der Spur sind, etwas mit dem Gelübde des Königs zu tun hat? Dass diese Schuld, von der du gesprochen hast, mit der Schwertrune in Verbindung steht? Oder gar mit der geheimen Bruderschaft?«
    »Ich muss zugeben, dass ich an diese Möglichkeit gedacht habe, auch wenn mir allein der Gedanke daran wie ein Frevel erscheint. Die Frage ist, welcher Zusammenhang zwischen all dem hier besteht …«
    »Onkel!«, rief Quentin laut, der in dem Fries der Schlacht von Bannockburn plötzlich etwas entdeckt hatte.
    Sir Walter war sofort bei ihm, und mit vor Aufregung zitternden Händen deutete Quentin auf eine Stelle im Relief, wo Reihen englischer Bogenschützen abgebildet waren. Mitten unter den filigran geschnitzten Figuren, sodass man es auf den ersten Blick gar nicht entdecken konnte, befand sich ein fremdartiges Zeichen.
    Eine Rune.
    »Allmächtiger«, entfuhr es Sir Walter, und er bedachte seinen Neffen mit einem bewundernden Blick. »Alle Achtung, Junge, du hast wirklich scharfe Augen. Dieses Zeichen wurde so unauffällig in das Bild gearbeitet, dass es kaum zu sehen ist.«
    »Es ist seltsam«, sagte Quentin, den solch überschwängliches Lob stets erröten ließ. »Auf den ersten Blick ist das Zeichen nicht zu erkennen. Wenn man es aber erst einmal ausgemacht hat, kann man das Bild nicht mehr betrachten, ohne es zu sehen.«
    »Eine geheime Botschaft«, flüsterte Sir Walter. »Geschickt verborgen vor aller Augen.«
    »Was das Zeichen wohl bedeuten mag?«
    »Ich bin nicht sehr bewandert in der Runenschrift«, gestand Sir Walter und reichte seinem Neffen Papier und Kohle. »Mach eine Kopie davon, dann werden wir zu Hause nachschlagen.«
    Quentin nickte, legte das Papier auf die Stelle und schraffierte sanft mit der Kohle darüber,

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