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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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die Herrschaften speisten, hatten sie nichts abbekommen. Einer der jungen Männer war Sean, der Schmiedegeselle, auf dessen Hochzeit Mary gewesen war. Als er sie erblickte, zuckte er zusammen und sprang auf, um sich zu verbeugen. Die anderen Burschen wollten es ihm gleichtun, aber Mary hob beschwichtigend die Hände.
    »Bitte«, sagte sie schnell, »bleibt sitzen und esst weiter. Ich möchte euch nicht stören, ich suche nur jemanden.«
    »Wen, Mylady?«, erbot sich Sean. »Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
    Erneut beschrieb Mary die Frau, die sie suchte – eine alte Dienerin mit schwarzem Gewand und schlohweißem Haar, mit tiefen Falten, die sich in das wettergegerbte Gesicht gegraben hatten. Aber auch auf den Zügen des Gesellen zeigte sich Unverständnis.
    »Es tut mir Leid, Mylady«, sagte Sean, »aber eine solche Dienerin kenne ich nicht.«
    »Du musst dich irren«, beharrte Mary. »Ich habe mehrfach mit ihr gesprochen. Sie hat mich in meiner Kammer besucht.«
    Sean tauschte betroffene Blicke mit den anderen Burschen. »Es tut mir wirklich Leid, Mylady«, sagte er noch einmal und senkte den Blick. Seine groben, aber ehrlichen Gesichtszüge waren jedoch nicht dazu angetan, jemanden zu täuschen. Mary konnte deutlich sehen, dass er ihr etwas verschwieg.
    »Damit gebe ich mich nicht zufrieden«, stellte sie klar. »Ich will wissen, was es mit dieser Dienerin auf sich hat. Wenn du etwas weißt, Sean, dann musst du es mir sagen. Sofort.«
    »Nein.« Der junge Schmied schüttelte den Kopf. »Ich bitte Sie, Mylady, verlangen Sie das nicht von mir.«
    »Warum nicht? Haben sich alle in dieser Burg gegen mich verschworen? Selbst du, mein lieber Sean? Ich bin auf deiner Hochzeit gewesen, vergiss das nicht, und ich habe dir und deiner jungen Frau Glück gewünscht.«
    »Wie könnte ich das jemals vergessen, Mylady?«, sagte er, und seine Stimme klang fast flehend. »Aber bitte fragen Sie nicht weiter.«
    »Ich fürchte, ich habe keine andere Wahl, Sean. Sage mir, was du weißt. Wenn meine Bitten dich nicht erweichen können, dann muss ich es dir befehlen.«
    Wieder blickte der junge Mann Hilfe suchend die anderen Burschen an, aber die hielten die Köpfe gesenkt. Schließlich nickte er widerstrebend. Argwöhnisch sah er sich um, dann beugte er sich zu Mary.
    »Mylady müssen sich vorsehen«, flüsterte er so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte. »Dunkle Dinge gehen an diesem Ort vor sich. Böse Dinge.«
    »Wovon sprichst du?«
    Sean zögerte noch einen Augenblick, aber ihm schien klar zu sein, dass es nun kein Zurück mehr gab. »Haben Mylady schon einmal etwas von Glencoe gehört?«, fragte er. »Von dem Massaker, das sich dort ereignet hat?«
    »Natürlich«, bestätigte Mary. Sie erinnerte sich, in Sir Walters Geschichtsbuch davon gelesen zu haben. Im Januar 1692 war es im Tal von Glencoe zu einem heimtückischen Überfall der Campbells auf den MacDonald-Clan gekommen, den viele MacDonalds mit dem Leben bezahlt hatten. Ein blutiges Kapitel schottischer Geschichte, das allerdings hundertdreißig Jahre zurücklag.
    »Am Vorabend des Massakers«, berichtete Sean mit einer Stimme, die Mary schaudern ließ, »wurde im Tal von Glencoe die Bean Nighe gesichtet.«
    »Wer ist das?«
    »Eine alte Frau«, erwiderte Samuel düster. »Sie wurde beobachtet, wie sie Kleider im Fluss wusch.«
    »Und?«, fragte Mary, die sich nicht denken konnte, was das mit der alten Dienerin zu tun haben mochte.
    »Jene alte Frau«, fuhr der Geselle fort, »trug schwarze Kleider und hatte langes weißes Haar, genau wie die Dienerin, von der Sie erzählt haben. Auf Burg Ruthven arbeiten keine alten Leute, weil der Laird und die Herrin nur junge Gesichter und starke Hände um sich haben wollen. Aber ich denke, dass die Frau, die Sie gesehen haben …«
    »Ja?«
    Sean schüttete den Kopf und presste die Lippen fest aufeinander, als wollte er um jeden Preis verhindern, dass auch nur noch ein Wort über seine Lippen kam.
    »Bitte, Sean«, drängte Mary, »ich muss es wissen. Was immer es auch sein mag, du kannst es mir sagen.«
    »Auch, wenn es schrecklich ist?«, fragte der junge Mann elend.
    »Auch dann.«
    »Sie sollen wissen, Mylady, dass die Bean Nighe schon vor dem Massaker gesehen wurde und auch später. Sie ist sehr alt und taucht an den verschiedensten Orten auf. Nicht jeder kann sie sehen, aber jeder, dem sie erscheint …«
    »Ja?«
    »Man sagt, dass der, dem sie erscheint, nicht mehr lange zu leben hat, Mylady«, flüsterte

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