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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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packten und festhielten, während die Trümmer der Steinplatte in der Schwärze verschwanden.
    Quentin schrie weiter. Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass er nicht abstürzen würde. Sir Walter und Abt Andrew hatten blitzschnell reagiert und ihn am Kragen seines Rocks gepackt. Da baumelte er nun und zappelte hilflos, während sie ihn zurück auf sicheren Boden zogen.
    »Das war knapp, mein Junge«, sagte Sir Walter überflüssigerweise.
    Quentin zitterte am ganzen Körper. Unfähig, ein Wort zu sagen, kroch er auf allen vieren zur Abbruchkante und warf einen Blick hinab. Da seine Fackel jetzt dort unten lag, konnte man den Grund erkennen. Die Grube war an die zehn Yards tief und ihr Boden mit eisernen Dornen besetzt. Wäre Quentin tatsächlich gestürzt, hätte sein letztes Stündlein geschlagen.
    »Danke«, presste er mit versagender Stimme hervor. Für einen Augenblick hatte er tatsächlich gedacht, es wäre vorbei.
    »Keine Ursache, mein Junge.« Sir Walter lächelte hintergründig. »Ich hätte es mir nie verziehen, wenn dir auch noch etwas zugestoßen wäre. Es war also reiner Eigennutz.«
    »Eine Fallgrube«, stellte Abt Andrew fest, dessen Pulsschlag sich nicht einmal gesteigert hatte. »Offenbar hatten die Erbauer dieses Stollens einige Vorbehalte gegen unerwünschte Besucher.«
    »Offenbar«, stimmte Sir Walter zu. »Allerdings hätten sie damit rechnen müssen, dass uns eine solche Vorrichtung nur noch neugieriger machen würde. Denn wo heimtückische Fallen angebracht werden, gibt es ganz sicher auch etwas zu entdecken.« Er reichte Quentin die Hand, um ihn wieder auf die Beine zu ziehen. »Alles in Ordnung, mein Junge?«
    »Ich denke schon.« Quentins Knie waren weich, und sein Herz schlug wie wild gegen seine Rippen. Noch immer unter dem Schock des Ereignisses stehend, klopfte er den Schmutz von seiner Kleidung.
    »Ich schlage vor, wir nehmen diesen Weg«, sagte Sir Walter und deutete auf das schmale, nur zwei Hand breite Sims, das die Fallgrube umlief. Die Konstruktion war so einfach wie wirkungsvoll: Wer wusste, wohin er seinen Fuß zu setzen hatte, konnte sicher auf die andere Seite gelangen. Wer – wie Quentin – den direkten Weg nahm, war dem Untergang geweiht.
    Es kostete Quentin ein gutes Maß an Überwindung, sich der Grube erneut zu nähern, geschweige denn, daran entlangzubalancieren. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen, wäre er dadurch nicht erst recht Gefahr gelaufen, einen Fehltritt zu tun. So bewegte er sich mit winzigen Schritten vorwärts, mit dem Rücken zur Wand und sich zwingend, nicht unentwegt in den Abgrund zu starren.
    Nacheinander passierten sie die Grube. Sir Walter ging als Letzter. Wieder bereitete ihm sein Bein einige Probleme, aber mit viel Konzentration und einer bewundernswerten Portion Mut überwand er auch dieses Hindernis.
    Von jetzt an blieben die drei Männer beisammen und erkundeten zunächst den Untergrund, ehe sie ihren Fuß darauf setzten. Wie sich jedoch herausstellte, gab es keine weiteren Fallen. Schließlich – Sir Walter nahm an, dass sie sich bereits unter Edinburgh Castle befanden – verbreiterte sich der Stollen zu einem unterirdischen Gewölbe – und endete unvermittelt.
    Die Decke war eingestürzt, und ein riesiger Haufen Schutt und Felsbrocken versperrten den Gang.
    »Meine Herren«, sagte Abt Andrew gefasst, »ich spreche es nicht gern aus, aber ich fürchte, dies ist das Ende unserer Reise.«
    »Es hat den Anschein«, bestätigte Sir Walter zähneknirschend. Dass sie so weit gekommen waren und solche Gefahren auf sich genommen hatten, um jetzt vor einem Haufen Schutt zu kapitulieren, ärgerte ihn ohnegleichen – und nicht nur ihn.
    »Das darf nicht wahr sein«, zeterte Quentin. »Wir stehen kurz vor der Lösung des Rätsels, und nun versperren uns ein paar Steine den Weg.«
    Beherzt machte er sich daran, einige der größeren Brocken beiseite zu räumen. Kaum hatte er sie jedoch im Schweiße seines Angesichts entfernt, rieselte von oben neues Geröll nach.
    »Lassen Sie es gut sein, Master Quentin«, bat Abt Andrew. »Damit riskieren Sie nur, dass auch der Rest des Stollens über uns einstürzt.«
    »Aber … es muss etwas geben, das wir tun können! Das kann es nicht gewesen sein, nicht wahr, Onkel?«
    Sir Walter antwortete nicht. Auch er brannte darauf zu erfahren, was es mit dem Stollen auf sich hatte, allerdings war er nicht in der Lage, einen Haufen Geröll so einfach verschwinden zu lassen. Nachdenklich suchte er im

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