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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Licht seiner Fackel den Boden ab – und stieß unvermittelt auf eine Spur.
    »Quentin! Abt Andrew!«
    Im Fackelschein sahen die beiden, was Sir Walter entdeckt hatte: Unter Steinen und Staub lag ein menschlicher Leichnam begraben. Zuvor war er nicht zu sehen gewesen, erst Quentins hilfloser Versuch, das Hindernis zu beseitigen, hatte ihn freigelegt.
    Anders als die Toten auf den Gängen war dieser hier verschüttet gewesen, sodass die Ratten nicht herangekommen waren. Der beißende Geruch von Verwesung schlug den dreien entgegen, als sie weitere Steine entfernten. Plötzlich sahen sie, dass der Tote etwas umschlungen hielt.
    Es war ein längliches, in Leder geschlagenes Bündel, das der Tote mit einem Arm umklammerte … so, als wäre es ein Schatz von unermesslichem Wert, den er selbst über den Tod hinaus bewachen wollte.
    Die drei Männer tauschten viel sagende Blicke, als ihnen aufging, was sich in diesem Paket befinden mochte. Hatte ihre Suche sie schließlich ans Ziel geführt?
    Quentin, der es vor Ungeduld kaum noch aushielt, übernahm die wenig angenehme Arbeit, das Paket der Umklammerung des Toten zu entringen. Er kam sich dabei wie ein Grabräuber vor, und nur der Gedanke, dass die Sicherheit des Landes davon abhängen konnte, beschwichtigte ihn.
    Unter einiger Kraftanstrengung gelang es ihm, das Bündel, das etwa vier Ellen lang war, unter dem Schuttberg hervorzuziehen. Daraufhin rutschte erneut Geröll nach und begrub den Leichnam wieder unter sich – als hätte er seine Rolle in diesem undurchschaubaren Ränkespiel beendet und nun endlich den ersehnten Frieden gefunden.
    Quentin legte das Paket auf den Boden, und im flackernden Licht der Fackeln machten die Männer sich daran, es auszupacken.
    Augenblicke unerträglicher Spannung vergingen, in denen keiner von ihnen ein Wort verlor. Die alten Schnüre zerfielen fast von selbst, und Sir Walter schlug das eingefettete Leder beiseite, das seinen Inhalt vor Nässe und Feuchtigkeit hatte schützen sollen.
    Quentin hielt den Atem an, und in Sir Walters Augen war das Leuchten eines Jungen zu sehen, der ein lange versprochenes Geschenk bekommen hat. Im nächsten Augenblick wurde der Schein der Fackeln von blitzendem Metall reflektiert, das so hell leuchtete, dass es die Männer blendete.
    »Das Schwert!«, rief Abt Andrew – und tatsächlich kam aus den Schichten alten Leders eine gut vier Fuß lange Klinge zum Vorschein.
    Sie war breit und doppelschneidig und nach alter Schmiedekunst gefertigt. Der lederumwickelte Griff war lang genug für zwei Hände, der Knauf jedoch so ausbalanciert, dass die Klinge auch mit einer Hand geführt werden konnte. Oberhalb der breiten Parierstange war ein Zeichen in die Klinge eingearbeitet, das im Licht der Fackeln schimmerte.
    »Die Schwertrune«, flüsterte Quentin.
    »Damit dürfte es erwiesen sein«, stellte Sir Walter fest. »Dies ist die Waffe, nach der Sie gesucht haben, Abt Andrew.«
    »Und ich danke meinem Schöpfer dafür, dass ich alle Scheu überwunden und Sie um Rat gebeten habe, Sir Walter«, erwiderte der Abt. »In kürzester Zeit ist Ihnen geglückt, was keinem unserer Gelehrten in der Vergangenheit gelungen ist.«
    »Es ist nicht wirklich mein Verdienst«, wehrte Sir Walter ab. »Zum einen hat Quentin auch seinen Teil dazu beigetragen. Und zum anderen war die Zeit wohl einfach reif, um das Geheimnis zu offenbaren.« Er betrachtete die Klinge und wog sie in beiden Händen. »Das also ist das Schwert, dessentwegen betrogen und gemordet wird.«
    »Die Gerüchte entsprachen der Wahrheit. Unter den Jakobiten befanden sich tatsächlich Angehörige der Runensekte. Sie waren im Besitz der Waffe, kamen jedoch nicht mehr dazu, ihre verderblichen Kräfte zu entfesseln. Mit diesem Schwert, Gentlemen, wurde der Sieg auf dem Schlachtfeld von Sterling errungen. William Wallace führte es, ehe es ihm den Untergang brachte. Danach ging es in den Besitz von Robert the Bruce über, der es bis nach der Schlacht von Bannockburn trug. Das war vor mehr als einem halben Jahrtausend.«
    »Es ist kaum Rost darauf zu sehen«, stellte Quentin fest. Die Vorstellung, dass die berühmtesten Persönlichkeiten der schottischen Geschichte diese Waffe besessen hatten, erfüllte ihn sowohl mit Stolz als auch mit Ehrfurcht – und mit einem gewissen Maß an Unbehagen.
    »Das Schwert war gut eingeölt und in Leder geschlagen«, war Sir Walter sofort mit einer Erklärung zur Hand, als wollte er alle übernatürlichen Spekulationen im Keim

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