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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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höflich, die Störung zu entschuldigen, und fragte, ob Abt Andrew zu sprechen wäre. Bruder Patrick nickte, ließ die beiden Besucher eintreten und bat sie, in dem kleinen Eingangsraum zu warten.
    Seinen Zylinderhut, den er höflich abgenommen hatte, mit schwitzenden Händen knetend, blickte Quentin zu der reich verzierten Holztäfelung hinauf, mit der der Eingang ausgeschlagen war. Das von außen eher ärmlich wirkende Haus ließ solchen Prunk nicht vermuten.
    »Die Decke ist eines der wenigen Stücke, die aus der Abtei von Dryburgh geborgen werden konnten«, erklärte Sir Walter, der Quentins Staunen wohl bemerkte. »Wenn du genau hinsiehst, wirst du hier und dort Spuren von Ruß erkennen. Die Engländer sind nicht sehr nachsichtig mit der alten Abtei umgegangen.«
    Quentin nickte. Er erinnerte sich, dass ihm sein Onkel von den blutigen Geschehnissen während der Reformationsbewegung erzählt hatte. 1544 war der Engländer Somerset mit seinem Heer in Südschottland eingefallen und drei Jahre lang brandschatzend durch das Land gezogen. Die Abtei von Dryburgh war seiner Zerstörungswut gleich im ersten Kriegsjahr zum Opfer gefallen und seither nicht wieder aufgebaut worden. Nicht mehr als eine – wenn auch stolze – Ruine erinnerte nördlich von Jedburgh noch an ihren einstigen Glanz.
    Unvermittelt waren auf dem Gang Schritte zu hören, und Abt Andrew erschien. Seine asketischen Züge verzogen sich zu einem milden Lächeln, als er Scott und seinen Neffen erblickte.
    »Sir Walter, welch unerwartete Freude. Und der junge Master Quentin ist auch dabei.«
    »Ich grüße Sie, Abt Andrew«, sagte Scott, und er und sein Neffe verbeugten sich. »Ob unser Besuch allerdings wirklich eine Freude ist, bleibt abzuwarten.«
    »Ich fühle, dass Sie etwas belastet, mein Freund. Was ist es? Kann ich Ihnen helfen?«
    »Offen gestanden ist es genau das, was wir gehofft hatten, werter Abt. Können Sie ein wenig von Ihrer wertvollen Zeit für uns erübrigen?«
    Der Abt lächelte wehmütig. »Mein Freund, seit die Bibliothek den Flammen zum Opfer gefallen ist, gibt es nicht mehr viel, worum meine Mitbrüder und ich uns zu kümmern haben. Es wird mir also eine Freude sein anzuhören, was Sie zu berichten haben. Bitte folgen Sie mir in mein Arbeitszimmer.«
    Damit wandte er sich um und ging den Besuchern voraus den schmalen Gang entlang, der sich an den Eingangsbereich anschloss, vorbei an unverputzten Natursteinwänden bis zu einer hölzernen Treppe, die sich in den ersten Stock des Hauses hinaufwand. Sir Walter und Quentin folgten Abt Andrew nach oben, wobei Quentin jedes Mal zusammenzuckte, wenn die Stufen unter seinen Tritten geräuschvoll knarrten.
    Im oberen Stockwerk befanden sich die Zellen der Mönche sowie das Arbeitszimmer des Abts, dem neben der Aufsicht über seine Mitbrüder auch die Verwaltung des kleinen Konvents oblag. Abt Andrew öffnete die Tür, bat seine Besucher höflich einzutreten und wies ihnen Plätze an dem länglichen Tisch an, der die Mitte des niedrigen, von einem schmalen Fenster erhellten Raumes einnahm.
    »Nun?«, fragte er, nachdem auch er Platz genommen hatte. »Was führt Sie zu mir, meine Herren?«
    »Dieses Buch«, gab Sir Walter zur Antwort und forderte Quentin mit einem Nicken auf, den Band auf den Tisch zu breiten und die entsprechende Stelle aufzuschlagen.
    Ein wenig umständlich hievte der junge Mann das Buch auf die Tafel. Er brauchte eine Weile, um die Seite mit dem Schwertsymbol zu finden. Endlich schlug er sie auf und schob Abt Andrew das Buch hin.
    Der Mönch, der nicht recht wusste, was ihn erwartete, warf nur einen flüchtigen Blick auf das Zeichen – und Sir Walter bemerkte das Zucken, das seine sonst so entspannten Züge durchlief.
    »Woher haben Sie das?«, fragte der Ordensmann.
    »Sie kennen dieses Zeichen?«, hielt Sir Walter dagegen.
    »Nein.« Abt Andrew schüttelte ein wenig zu schnell den Kopf. »Aber ich habe ähnliche Zeichen schon gesehen. Es ist eine Rune, nicht wahr?«
    »Eine Rune, in der Tat.« Sir Walter nickte. »Die gleiche Rune, die Quentin in einer Bodendiele der Galerie eingeritzt fand, kurz bevor die Bibliothek in Flammen aufging. Und übrigens auch die gleiche Rune, die als Handwerkszeichen in eines meiner Deckenpaneele eingebrannt wurde, die aus der Klosterkirche von Dunfermline stammen.«
    »Ich verstehe«, sagte der Abt. »Ein bemerkenswerter Zufall.«
    »Oder vielleicht auch mehr als das«, gab Sir Walter zu bedenken. »Um dies herauszufinden, sind wir

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