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Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
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riecht. Dies ist ein Werk des Teufels.«
    »Das meine ich auch«, brachte Taverna Tolomei heiser flüsternd hervor. Dann räusperte er sich und wiederholte lauter: »Das meine ich auch.«
    Er schwieg mit weit aufgerissenen Augen, offensichtlich hatte es ihm erneut die Sprache verschlagen. Sein Mund formte lautlos einige Worte. Mondino konnte von seinen Lippen ablesen, dass er ein Gebet murmelte.
    »Das Seltsamste ist«, bemerkte der Arzt und ging auf den Stuhl zu, »dass der Körper zu Asche verbrannt ist, das Holz jedoch nicht.« Er hob den Blick, um sich das Wandregal anzusehen, den Tisch mit dem seidenen Überwurf und die lange schmale Truhe. Alles war unversehrt, ohne die geringste Brandspur. »Und im Haus ist auch kein Feuer ausgebrochen«, fügte er nachdenklich hinzu.
    Der Capitano zuckte mit den Schultern. »Ich habe Euch doch gesagt, das ist Teufelswerk. Seht Euch die Knochen an. Nicht einmal auf dem Scheiterhaufen verbrennen die Menschen so vollständig.«
    Mondino nickte. Schon öfter hatte er Leichen von Verurteilten seziert, die den Flammentod gestorben waren, um festzustellen, welche Wirkung Feuer auf das Gewebe ausübte. Verbrannte Leichen waren hart wie Holz. Während der Hinrichtung platzte oft der Bauch auf, sodass die Gedärme heraustraten und mit der Haut verbrannten. Aber das Knochengerüst, obwohl trocken und vergilbt, blieb stets so gut wie unversehrt. Mondino hatte versucht, Knochen im Kamin zu Asche zu verbrennen, doch das war ihm nicht einmal nach Tagen gelungen. Daraus hatte er geschlossen, dass Knochen nur einen geringen Anteil brennbarer Materie besaßen und dass sie deshalb selbst bei extremer äußerer Hitzeeinwirkung nicht verbrannten. Jetzt, angesichts dieser zu kleinen, weißen Aschehäufchen verbrannten Knochen, musste er seine Meinung überdenken. Knochen konnten also doch verbrennen. Aber die dazu nötige Hitze war seines Wissens nicht von menschlicher Hand zu erreichen.
    »Das sieht tatsächlich nach Teufelswerk aus«, sagte er und klang dabei beinahe, als spräche er mit sich selbst. »Aber …«
    »Aber was?«, fragte der Podestà.
    Mondino zog es vor, mit einer Gegenfrage zu antworten. »Was wünscht Ihr von mir, was soll ich tun?«
    Endlich gewann Taverna Tolomei den selbstsicheren Ton zurück, den er vor dem Ältestenrat von Bologna an den Tag legte. »Vor allem müsst Ihr unwiderlegbar feststellen, ob dieser Mann wirklich Bertrando Lamberti ist«, sagte er. »Danach solltet Ihr mir erklären können, ob der Tod durch Unfall oder übernatürliche Mächte eintrat oder ob es sich um Mord handelt. In den ersten beiden Fällen wird sich die Stadtverwaltung von jeder Pflicht entbunden sehen, weitere Ermittlungen anzustellen. Im dritten und letzten Fall jedoch werde ich mich selbst darum kümmern, den Schuldigen eines so grausamen Verbrechens der Gerechtigkeit zu überführen.« Er sah den Arzt eindringlich an. »Aber ich bin sicher, dass Ihr mit Eurer wissenschaftlichen Analyse Messer Visdominis Äußerungen bestätigen werdet.«
    »Exzellenz …«, hub Mondino an, der sich jetzt kaum noch beherrschen konnte. Kaum etwas brachte ihn so auf wie der Versuch, die Wissenschaft im Dienst der Politik zu beeinflussen.
    »Natürlich werden wir Euch für die Unannehmlichkeiten bezahlen«, unterbrach ihn der Podestà. »Die Stadt Bologna vertraut voll und ganz auf Euch. Ich weiß genau, was Ihr im letzten Frühling vollbracht habt, als Ihr mit meinem Vorgänger Enrico Bernadazzi zusammengearbeitet habt.«
    Einen kurzen Moment lang hatte Mondino wieder die drei Leichen vor Augen, deren Herz sich in einen Eisenblock verwandelt hatte. Auch damals hatte es wie Teufelswerk ausgesehen, doch der Schuldige war ein Mensch gewesen. Aber um dies herauszufinden, hatte er sich selbst und seine ganze Familie in große Gefahr gebracht.
    Er wollte gerade unmissverständlich ablehnen, als das Rascheln eines Frauengewandes ihn dazu bewegte, sich umzudrehen. Eleonora Lamberti hatte sich über die Schwelle gewagt und stand nun aufrecht in ihrem schwarzen Seidenkleid vor ihm. »Messer Mondino«, sagte sie, und ihre Stimme schwankte ein wenig dabei, »gestattet Ihr mir ein Wort, bevor Ihr eine Entscheidung trefft?«
    »Selbstverständlich, Madonna«, antwortete Mondino und folgte ihr aus dem Raum.
    Die Dame ging einige Schritte den Flur entlang, bevor sie vor einem Erkerfenster stehen blieb, das auf die Küche im Erdgeschoss ging. Sie sah ihn lange an, bevor sie zu sprechen begann, und Mondino bemerkte

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