Die Bruderschaft des Schmerzes
Banditen erwiderten seinen Gruß wenig schwungvoll, dann wurden sie allmählich ruhig.
„Ihr habt also Ärger“, sagte Fraden. „Ihr lebt von euren Überfällen, und plötzlich kann man nirgendwo mehr leichte Beute machen. Eure Männer sind stinksauer. Vielleicht überlegen sie sich bald, daß ihr keine besonders guten Anführer seid, hm?“
Die Banditen begannen untereinander zu tuscheln. Er hatte das ausgesprochen, was sie vor sich selbst nicht zugeben wollten, und es benagte ihnen nicht, daß ihre unausgesprochenen Ängste in der Öffentlichkeit bloßgelegt wurden.
„Nun, warum überfallt ihr nicht einfach die Koppeln? Da gibt es doch jede Menge Fleischtiere.“
Trotz der Anwesenheit der Schnittpistolen tragenden Wachen begannen die Banditen zu buhen und zu pfeifen.
„Wir könnten uns ebensogut selbst die Kehle durchschneiden, dann ersparen wir den Tötern die Arbeit!“ brüllte ein Bandit. „Wir wären ja schon tot, bevor wir es versucht hätten … gegen ein paar hundert Töter!“ rief ein anderer.
„Da habt ihr ganz und gar recht!“ sagte Fraden. Er hielt inne und lächelte. „Jedenfalls wenn ihr es allein versucht. Wenn euch jedoch reguläre, gut bewaffnete Truppen bei den Überfällen helfen würden … wenn ihr zur Volksarmee gehörtet …“
Die Banditen wurden still. Es interessierte sie nicht, für etwas wie die Freie Republik zu kämpfen. Sie wollten gute Beute machen. Doch jetzt hatte er sie in die Enge getrieben. Sie konnten entweder für die Volksrepublik kämpfen oder gar nichts tun. Dann liefen sie Gefahr, daß sie von ihren eigenen Männern niedergemacht wurden.
„Abgemacht?“ rief Fraden. Er wollte nicht, daß sie Zeit genug hatten, den schweren Knüppel zu bemerken, den er über ihren Köpfen schwang. „Ihr stellt euch selbst und eure Leute unter den Befehl der Volksarmee. Ihr werdet von erfahrenen Offizieren geführt und von gut bewaffneten Truppen unterstützt. Wenn wir uns zusammentun, kann uns kein Töter aufhalten. Der Plan ist schlicht und einfach. Wenn eure Männer gemeinsam mit unseren kämpfen, dann können wir gleichzeitig viele Anwesen auf dem ganzen Planeten angreifen, zehn, zwanzig, dreißig, vielleicht mehr. Wir können jedesmal über tausend Mann gegen ein paar hundert Töter einsetzen. Die Töter haben keine Reserven mehr. Sie müssen sogar schon Kadetten ins Feld führen. Fünf oder sechs gegen einen, das ist ein gutes Verhältnis, selbst wenn es gegen Töter geht. Aber ihr müßt allen Befehlen folgen, ohne Fragen zu stellen. Was sagt ihr dazu?“
„Was haben wir davon?“ brüllte einer. Lautes, zustimmendes Gemurmel klang auf, doch man konnte bereits merken, daß sie bereit waren, sich in das Unvermeidliche zu fügen.
„Alles, was ihr wollt!“ antwortete Fraden. „Wir wollen uns nichts vormachen. Die Volksarmee will die Töter vernichten, und ihr wollt gute Beute machen. Gut, helft uns bei dem, was wir wollen, und wir werden zusehen, daß ihr das bekommt, was ihr wollt. Ihr helft uns, die Töter unschädlich zu machen und stellt euch unter unseren Befehl, dann gehört die ganze Beute euch. Alles, was auf den Anwesen zu holen ist, außer Waffen und Munition. Also Frauen, Fleischtiere, Getreide, alles eben! Nehmt euch, was ihr haben wollt. Na, was sagt ihr nun?“
Lange Zeit herrschte tiefe Stille. Er hatte ihnen die Peitsche gezeigt. Die Peitsche des Hungers und der möglichen Meuterei ihrer Leute. Und soeben hatte er ihnen das Zuckerbrot gezeigt. Sie konnten keine freie Wahl treffen. Sie konnten nur das Unvermeidliche auf sich nehmen.
„Lang lebe die Freie Republik!“ rief jemand. Zunächst verbreitete sich der Ruf nur zögernd. Doch dann schwoll er an, und alle stimmten ein. Sie wollten dabeisein, bevor es zu spät war. Sicher hatten sich die meisten schon überlegt, daß sie es waren, die die Volksarmee die schmutzige Arbeit für sich erledigen ließ, und nicht etwa umgekehrt. Und für die, die überleben würden, war es ja auch wirklich so …
Für die, die überleben würden … Das würden nur verschwindend wenige sein. Wenn die Revolution erst gewonnen hatte, dann mußte man sich dieser Banditen ohnehin entledigen. Für Raub und Plünderungen würde es keinen Platz in der Freien Republik geben, wenn Bart Fraden erst einmal über Sangre herrschte. Der Ackerbau würde auf einer neuen Grundlage wieder eingeführt, später würde die Industrialisierung beginnen.
Jetzt war die Zeit, wo etwas niedergerissen werden mußte, nach der Revolution
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