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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Anwesen und Sade offenzuhalten. Sie mußten gleichzeitig an zwei Fronten kämpfen, gegen die Guerillas und gegen die Bevölkerung im allgemeinen. Da die Töter in kleinen Gruppen überall auf dem Planeten eingekesselt waren, konnte man schwer schätzen, wie viele von ihnen noch übrig waren. Eine Zählung der erbeuteten Waffen und eine Hochrechnung der Ausfälle, von denen man sicher wußte, ergab jedoch, daß die Töter in den letzten vier Monaten etwa zehntausend Mann verloren hatten. Da es etwa zwanzig Jahre dauerte, bis aus einem neugeborenen Töter ein vollwertiger, ausgebildeter Kämpfer geworden war, gab es für die toten Töter praktisch keinen Ersatz. Bald würde die Volksarmee den zwanzigtausend Tötern, die Moro noch zur Verfügung standen, an Zahl deutlich überlegen sein. Wenn der Zustrom neuer Rekruten im gleichen Umfang anhielt, dann konnte es gelingen, die Töter im Verlaufe eines Jahres bis auf den letzten Mann aufzureiben.
    Doch es hatte sich gezeigt, daß Moro nicht völlig einfältig war. Er war schlau genug, die Töter aus der Offensive zurückzuziehen. Jetzt hatten sich alle Töter, die zu einem bestimmten Bezirk gehörten, in einem Anwesen dieses Bezirks konzentriert. Meistens waren es mehrere hundert Männer, und sie hatten befestigte Stellungen angelegt. Sie hatten alle Fleischtiere, die noch übriggeblieben waren, in großen Koppeln vor diesen Festungen zusammengetrieben. Für jeden Banditen hätte der Versuch, sie von dort zu stehlen, glatter Selbstmord bedeutet.
    Die Dörfler waren in einer verzweifelten Lage. Die Banditen konnten nirgendwo mehr leichte Beute machen; die Läuse, die noch am Leben waren, waren nutzlos, und die Bauern hatten nie gelernt, sich selber Nahrung anzubauen.
    Das Spiel hieß Abwarten. Die Töter in ihren Verteidigungsstellungen verfügten über große, aber begrenzte Nahrungsreserven. Man konnte ihre Stellungen nicht überrennen, der Preis wäre zu hoch gewesen. Die Landbevölkerung war dem Hungertode nahe. Offensichtlich zielte Moros Strategie darauf ab zu warten, bis sich das Volk gegen die Freie Republik wenden würde. Wenn die Bauern versuchten, selbst Nahrung anzubauen, machten die Töter einen Ausfall und verbrannten die Felder. Das Ganze war ein Spiel zwischen verzweifelten Katzen und gleichermaßen verzweifelten Mäusen …
    Doch die Verzweiflung war ein Werkzeug, das Fraden zu gebrauchen wußte. Es kam alles auf das rechte Timing an …
    Was ging denn dort vor?
    Olnay und zwei Männer trieben eine Gestalt auf ihn zu, ein schlankes, kleines Wesen in Töteruniform. Als sie näher herangekommen waren, sah Fraden, daß der fest verschnürte „Töter“ ein Kind war, ein Junge von höchstens fünfzehn Jahren.
    „Wir haben ein Töterküken geschnappt“, sagte Olnay und schob den Jungen dicht an Fraden heran. Fraden musterte den Jungen. Er hatte den sehnigen Körperbau eines Töters, und sein strähniges Haar begann ihm nach Tötermanier auf der vorderen Schädelhälfte bereits auszufallen. Seine Zähne waren nadelspitz. Die wilden, stechenden Augen wollten nicht so recht zu dem glatten, bartlosen Gesicht passen.
    „Wo habt ihr ihn gefunden?“ fragte Fraden. „Es waren zwei Lastwagen voll von ihnen, etwa siebzig Meilen von hier“, antwortete Olnay. „Unsere Männer haben sie ausgelöscht, doch diesen hier haben sie gefangengenommen und mitgebracht. Ich frage mich, was die Töterküken so fern von Sade verloren haben …?“
    „Vielleicht kann uns das unser Freund hier erzählen“, sagte Fraden. Es war jedoch eher eine Bestätigung als eine Information, die er erwartete. Es schien so, als sei etwas eingetroffen, das er erwartet hatte. Er sah den Jungen freundlich an. „Wenn du mit uns zusammenarbeitest, wirst du es nicht bereuen, mein Sohn“, sagte er. „Wir ermorden keine Kinder. Also, dann erzähl uns mal, warum ihr dorthin geschickt wurdet!“
    Der Junge sah ihn furchtlos und gleichgültig an. „Ein Töter gibt dem Feind keine Informationen“, sagte er.
    „Nun, wenn du den morgigen Tag noch erleben willst, dann machst du besser eine Ausnahme“, sagte Fraden ruhig.
    „Ein Töter kennt keine Furcht vor dem Tod. Wer durch die Hand des Feindes stirbt, ist im Kampf gestorben. Wer im Kampf stirbt, hat einen ruhmreichen Tod!“
    Fraden probierte einen anderen Schachzug. „Für einen echten Töter mag das stimmen“, höhnte er, „aber du bist ja noch ein kleiner Lausejunge. Seit wann dürfen denn solche Küken wie du schon richtig Krieg

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