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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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ehrwürdiger Führer“, sagte sie. „Du hättest es nicht verstanden, weil du es nicht nötig gehabt hättest, etwas davon zu verstehen.“
    „Soph, ich …“
    „Sag es nicht! Verschone mich mit Liebesgewäsch. Du redest nämlich nicht die Wahrheit. Du liebst mich nicht, sondern du brauchst mich. Brauche mich einfach so lange, wie ich dich brauche, einverstanden?“
    „Einverstanden“, sagte er, während er sie an sich preßte. „Mach dir keine Sorgen – wo sollte ich denn auf diesem Schlammkloß ein ähnlich unschuldiges Ding wie dich finden?!“
    Sie lachte in seinen Armen. Es war ein krampfhaftes, erzwungenes Lachen. Die Spielregeln dieses namenlosen Spiels verlangten von ihm, daß er ebenfalls lachte. Sie hielten sich noch lange umschlungen.
     
    „Erste Welle, marsch!“ brüllte Willem Vanderling schneidend und gab ein Zeichen mit der Schnittpistole. Zunächst geschah gar nichts, und Vanderling sah verdutzt in die flache Senke zurück. Die Vertiefung war etwa zweihundert Meter von dem Anwesen im Westen entfernt. In der Senke hielten sich drei konzentrische Halbkreise von je dreihundert Mann verborgen. Die erste dieser Reihen, die ganz aus Banditen bestand, die mit Speeren, Keulen, Sensen und Messern bewaffnet waren, lief nun unruhig durcheinander, anstatt mit dem Sturmangriff zu beginnen.
    „Schafft sie raus!“ schrie Vanderling, und die mit Schnittpistolen bewaffneten Herogynsüchtigen, die sich zwischen dem ersten und dem zweiten Halbkreis postiert hatten, richteten ihre Waffen bedrohlich auf die eigenen Truppen. Die Banditen die in der ersten Reihe am weitesten hinten standen, drängten nach vorn, sie stießen gegen ihre Kameraden, und endlich setzte sich der ganze zerlumpte Haufen in Richtung auf das befestigte Anwesen in Bewegung.
    Vanderling beobachtete die unordentliche Schlachtreihe der vorwärts hastenden Banditen mit einem Auge, das andere hielt er auf die Senke gerichtet, wo sich der Rest seiner Truppen befand: eine zweite Reihe schlecht bewaffneter, unausgebildeter Banditen, dahinter einige weitere Herogynfreaks, die mit ihren Schnittpistolen dafür sorgen sollten, daß seine Befehle befolgt wurden. Den Abschluß bildete ein dritter Halbmond aus dreihundert Männern; dies waren reguläre, gut bewaffnete Soldaten der Volksarmee.
    Die erste Angriffsreihe der Banditen hatte sich dem Anwesen inzwischen schon um ein beträchtliches Stück genähert. Das Anwesen lag zwischen den Banditen und den großen Koppeln mit den Fleischtieren, die direkt hinter den Gebäuden begannen. Das war auch gut so, denn die Banditen waren eine unzuverlässige Meute, die von den Herogynfreaks wie eine Schafherde vorwärtsgetrieben werden mußten. Es ließ sich nicht absehen, wie sie sich verhalten würden, wenn sie zuerst auf die Fleischtiere stießen. Diese Banditen waren die unzuverlässigsten, stupidesten Soldaten, die Vanderling je befehligt hatte.
    In den letzten Gefechtsmonaten war es Vanderling jedoch gelungen, eine Taktik zu ersinnen, die so einfach und direkt war, daß sie den Banditen nicht mehr abverlangte, als – wie hirnlose Beinpaare – direkt auf ein Anwesen zuzulaufen. Mehr konnte man ihren geistigen Fähigkeiten ohnehin nicht zumuten. Er hatte selbst bereits ein Dutzend Anwesen erfolgreich angegriffen, und er hatte die Methode zu einer so einfachen Formel reduziert, daß sie sogar von seinen einfältigen Herogyn-Offizieren unabhängig angewendet werden konnte. Wenn man über eine zahlenmäßige Überlegenheit von fünf oder zehn zu eins verfügt, dachte er bei sich, ist Raffinesse durchaus nicht nötig.
    Jetzt sah Vanderling, daß die Banditenmeute bis auf hundert Meter an das Tor des Anwesens herangekommen war. Würden die Töter versuchen, das Tor gegen dreihundert Angreifer zu verteidigen …? Ach was, da kamen sie schon!
    Das Tor im Palisadenzaun öffnete sich, und die Töter strömten heraus, fünfzig, achtzig, hundert, möglicherweise waren es sogar zweihundert. Das dürfte ungefähr die ganze Streitmacht sein, die zu dem Anwesen gehörte.
    Vanderling bemerkte mit einer Art von abstrakt-professioneller Hochachtung, daß die Töter inzwischen immerhin etwas gelernt hatten. Statt ihres gewöhnlichen blindwütigen Sturmlaufs gegen die Angreifer bildeten sie schnell eine feste, halbkreisförmige Feuerlinie. Eine Art Trog, um den Angriff abzufangen. Sie blieben stehen und feuerten ihre Gewehre ab.
    Siebzig Meter vor den Tötern liefen die Banditen gegen eine Wand aus Blei. Die vordersten fielen

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