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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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würde die Zeit des Aufbaus beginnen; und das letzte, was eine erfolgreiche Regierung brauchen konnte, waren Horden von plündernden Banditen, die durch das Land streiften. Das war noch besser, als wenn man zwei Fliegen mit einer Klappe schlug: Die Fliegen – Töter und Banditen – sollten sich gegenseitig umbringen!
    „Feldmarschall Vanderling wird euch und eure Männer den einzelnen Einheiten zuteilen“, sagte Fraden. „Dann erhaltet ihr eure Befehle, und in zehn Tagen beginnen die Angriffe auf die Anwesen. Gute Jagd!“
    Fraden zog sich in seine Hütte zurück. Die Banditenführer überließ er Vanderling. Ich kann Willem nicht mehr den Rücken zuwenden, dachte er, aber zumindest bei einer Sache kann ich weiter volles Vertrauen in ihn setzen: daß er das Kanonenfutter so effektiv wie möglich einsetzt.
     
    Fraden schmiegte sich enger an Sophia, die neben ihm in leichtem Schlaf lag. Mehr als drei Wochen waren vergangen, seit er die Banditenführer in die Volksarmee eingegliedert hatte. Dutzende von befestigten Anwesen hatten sie schon geplündert. Alles lief sehr gut, wirklich sehr gut … Der Sieg war jetzt kein vages, fernes Ziel mehr. Er hatte eine Kette von Ereignissen in Bewegung gesetzt, deren Verlauf er bis zum Ende vor seinem geistigen Auge verfolgen konnte. Sangre würde ihm gehören. Die Revolution würde siegen, und zwar in nächster Zukunft.
    Darum fragte er sich, warum er sich unsicher fühlte. Weshalb war er so nervös? Worüber gab es denn noch eine Ungewißheit? Der Sieg konnte es nicht sein. So sicher es war, daß die Frau, die neben ihm schlief, ihm gehörte, so sicher würde ihm Sangre gehören. Seine Frau, sein Planet … Weswegen konnte er überhaupt unsicher sein? Was war es sonst?
    Er bemerkte, daß er Sophias Rücken streichelte. Seine Hand fuhr sanft darüberhin, als ob sie ein Talisman wäre, der verhindern konnte, daß …
    Was verhindern konnte, verdammt noch mal …?
    Sie regte sich, rollte sich herum, blinzelte und sah über die rauhe Bettdecke zu ihm hin. „Was ist los …?“ murmelte sie.
    „Hm …?“ brummte er, und plötzlich erkannte er, daß er sie aufgeweckt hatte. „Es tut mir leid … Ich wollte nicht … Ich habe nur nachgedacht …“
    „Mit deinen Händen?“
    „Ich wollte nicht …“ Er sah in ihr Gesicht. Im Dämmerlicht sah er, daß sie die Stirn runzelte, und mit einemmal wurde ihm klar, daß sie alles war, was er hatte. Auf dem ganzen Planeten gab es kein menschliches Wesen, das er seinen Freund nennen konnte. Ja, schlimmer noch, auf dem ganzen Planeten gab es keinen Menschen, den er seinen Freund nennen wollte. Ohne Sophia wäre er ganz allein gewesen. Er brauchte jemanden. Er war angewiesen auf eine ganz bestimmte Person. Der Gedanke erschreckte ihn. Er war von einem anderen Menschen in einer bestimmten Hinsicht abhängig. Die Erkenntnis war ihm neu, und sie gefiel ihm nicht.
    „Soph …“ murmelte er, „Soph … Ich …“
    Sie griff nach ihm, berührte seine Wange. „Ich weiß“, sagte sie, „du bist einsam, und das gefällt dir nicht. Du hast gesehen, was aus der Chromkuppel geworden ist, und jetzt bist du ganz allein auf einem Planeten voller Wilder. Nur du und ich und niemand sonst in einem Umkreis von hundert Lichtjahren.“
    „Woher weißt du, was ich …“
    „Weil es um die Geschichte meines Lebens geht“, antwortete sie. „Wer bin ich denn? Ich bin Bart Fradens Frau, davor war ich die Frau von jemand anderem. Was bin ich ohne einen Mann? Was wäre ich ohne dich? Auf einem Planeten wie diesem, in einem Universum wie diesem. Ohne einen Mann wie dich ist eine Frau wie ich eine Sklavin, ein Niemand. Ich brauche dich so sehr. Ich brauche dich, damit ich das bleiben kann, was ich bin. Hier auf Sangre stellst du nun fest, daß du mich brauchst, damit du das bleiben kannst, was du bist, damit du nicht den Verstand verlierst. So ist es nun einmal, Bart, ob es uns gefallt oder nicht: wir beide gegen den Rest. Wir sind durch etwas aneinander gekettet, das stärker als Liebe ist. Wir beide sind hier drin, und draußen heulen die Wölfe …“
    „Soph … willst du mir etwa sagen, daß du mich liebst?“
    Sie lachte, aber ihr Zynismus wirkte eine Spur zu übertrieben. „Wenn du wechselseitiges Parasitentum Liebe nennen willst …“ sagte sie. „Ja, vielleicht klingt das hübscher …“
    „Warum … warum hast du noch nie so zu mir gesprochen?“
    Sie legte die Arme um ihn. „Weil du bis heute kein Wort davon verstanden hättest,

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