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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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als sich Fradens Gesicht bei seinem letzten Wort erschreckt verzerrte. „Das war es also … ein Baby … Junge, Junge!
    Ach, Bart, wir wollen doch nicht vergessen, worauf es ankommt. Was bringt es schon, wenn wir uns Schimpfwörter an den Kopf werfen? Zu zweit können wir das Spiel gewinnen. Also, du bist nach wie vor der Boß. Du hast mehr Ahnung vom Revolutionsgeschäft als ich, also machen wir es auf deine Art. Die Überfallaktion wird beendet, und ich konzentriere mich darauf, die Töter auszulöschen. Klar. Aber daß du mir nicht auf komische Ideen kommst. Vergiß bitte nicht, daß die Herogynfreaks mir treu ergeben sind, nicht dir!“
    „Versuche nicht, mir zu drohen!“ brüllte Fraden. Er war dankbar dafür, daß er die Drohung mit einer Gegendrohung beantworten konnte. Dankbar für etwas Handfestes, etwas, mit dem er sich beschäftigen konnte, dankbar dafür, daß er an etwas anderes denken konnte als an …
    „Du bist doch unsichtbar, Mann!“ sagte er. „Ich bin der Held. Denk immer daran! Du hast ein paar hundert Herogynfreaks, aber mir gehört der ganze Planet! Die Sangraner können dich ja kaum von Moro unterscheiden. Ich bin auf dich angewiesen, darum werde ich dich nicht hereinlegen. Aber achte darauf, daß du nicht zu groß für deine Stiefel wirst! Ein Wort von mir, ein Wort in Olnays Gerüchteküche, und du bist ein toter Mann! Ich kann diesen Planeten in fünfzehn Millionen Scharfrichter verwandeln. Was willst du dann tun? Zu Moro überlaufen? Was glaubst du, was für einen Empfang sie dir dort bereiten werden? Du bist mit mir zusammengeschweißt, Willem. Ich bin die Nummer eins, und du bist Nummer zwei, und das darfst du niemals vergessen!“
    Vanderling starrte Fraden ausdruckslos an, und Fraden glaubte, es in Willems Kopfarbeiten zu hören. „Wir haben uns verstanden“, sagte Willem trocken. „Wir haben uns genau verstanden.“
    Fraden musterte Vanderling. Er fühlte den Abgrund aus Leere, Haß und Neid, der zwischen ihnen gähnte. Plötzlich fühlte er sich sehr einsam. Wie ein kalter Wind kam ihm die Erkenntnis, daß dieser Mann, wie er auch sein mochte, sein Freund gewesen war. Der einzige Freund, den er in einem Umkreis von vielen Lichtjahren gehabt hatte. Und nun … nun würde er in Zukunft auch am Hinterkopf Augen haben müssen …
    Fraden seufzte und ließ sich in seinen Stuhl fallen. „Ja, du hast recht, Willem, wir verstehen uns“, sagte er. Mit einemmal fühlte er sich grenzenlos erschöpft. „Wir sollten uns jetzt wieder um unsere Geschäfte kümmern. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir einen Krieg gewinnen wollen.“

 
11
     
    Bart Fraden betrachtete das geschäftige Treiben im Guerilla-Camp. Drei Kompanien, die inzwischen alle eine Sollstärke von einhundert Mann hatten, waren damit beschäftigt, sich mit neuer Munition zu versorgen. Außerdem füllten sie ihre Reihen mit neuen Männern auf. Neue Rekruten strömten in so großer Zahl ins Lager, daß sie die unerträglich hohe Ausfallrate der Volksarmeetruppen leicht ausgleichen konnten. Fraden ließ seinen Blick über Olnays Hütte gleiten, wo die Agenten kamen und gingen, er sah die zahllosen neuen Baracken, die Waffenschuppen, die emsig durcheinanderlaufenden Männer, und er verspürte Vergnügen bei der Erkenntnis, welche Tollkühnheit dem allem zugrunde lag.
    Diese verzweifelte Tollkühnheit lag verborgen unter der Oberfläche, schlafend, doch bereit, im rechten Augenblick zu erwachen. Die Töter hatten aufgegeben. Vielleicht wußten sie das selbst noch nicht, und es war durchaus möglich, daß selbst Moro sich nicht über die Tragweite seiner Befehle im klaren war. Vermutlich war Fraden der einzige Mensch auf dem ganzen Planeten, der die Schrift an der Wand entziffern konnte. Die Bruderschaft hat den Krieg verloren, war dort zu lesen. Die Volksarmee verfügte über fünfzehntausend Mann; in kurzer Zeit konnte man ihre Stärke auf zwanzigtausend bringen. Die Guerillas hatten viele Ausfälle, doch das Land war ein unerschöpfliches Reservoir für neue Soldaten. Es lag eine feine Ironie in der Tatsache, daß die Töter selbst dazu beigetragen hatten, dieses Reservoir zu schaffen.
    Vier Monate lang hatte das überall auf Sangre herrschende Chaos den Tötern einen hohen Blutzoll abverlangt. Es wurde geplündert und gestohlen, und die Strafexpeditionen der Töter gerieten immer wieder in einen Hinterhalt. Die Guerillatrupps setzten ihnen zu, es wurde ihnen unmöglich gemacht, die Verbindungsstraßen zwischen den

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