Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
von mir, dass ich mich zu diesem Spaß habe hinreißen lassen. Aber du musst mir Gelegen heit geben, mich für meinen Ausrutscher zu entschuldigen und mich bei dir in aller Form zu bedanken, dass du...« Gerolt wollte kein Wort mehr von ihm hören, schon gar keinen sich hastig abgerungenen Dank, und fiel ihm daher barsch in die Rede. »Spar dir deinen Atem und belästige mich nicht länger!«, blaffte er ihn an und trat aus dem Halbdunkel der Stallungen auf den sonnenüberfluteten Burghof hinaus. »Und wenn du meinst, mir etwas schuldig zu sein, dann geh mir bitte demnächst aus dem Weg!«
»Aber nicht bevor ich . . .«, setzte Maurice von Montfontaine zu einem beharrlichen Widerspruch an, kam jedoch nicht mehr dazu, den Satz zu beenden. Denn in dem Moment liefen sie Hauptmann Raoul von Liancourt über den Weg. Sowie sein Blick auf sie fiel, blieb er stehen und winkte sie zu sich heran. »Maurice... Gerolt! Ihr kommt mir gerade recht. Ich habe einen wichtigen Auftrag für euch! Das Schreiben hier muss umgehend zum Hafen gebracht und auf einem Schiff der Templerflotte abgegeben werden, das bald mit Kurs auf Zypern auslaufen wird!«, teilte er ihnen mit und hielt ein kleines Päckchen hoch, das mit Wachstuch umwickelt, gut verschnürt und mehrfach versiegelt war. »Ich übernehme das!«, bot sich Gerolt sofort an, hoffte er doch, sich den aufdringlichen Franzosen auf diese Weise endlich vom Hals zu schaffen. »Aber um einen Brief zu überbringen, brauche ich keine Begleitung. Allein bin ich schneller, Hauptmann.« Raoul von Liancourt schüttelte knapp den Kopf. »Nein, ihr werdet zu zweit gehen, so wie es bei uns Templern Sitte ist!«, beschied er ihn mit einer Stimme, die erst gar nicht an Widerspruch denken ließ. »Natürlich, Beau Sire«, sagte Maurice von Montfontaine gehorsam und warf Gerolt einen kurzen, versteckten Seitenblick zu. Dabei blitzte unverhohlene Belustigung in seinen Augen auf. In ohnmächtigem Groll ballte Gerolt unter dem Mantel die Faust. Ein gemeinsamer Auftrag für den Franzosen und ihn! Das war das Letzte, was ihm noch gefehlt hatte! »Es handelt sich um ein Schreiben unseres Großmeisters«, fuhr Raoul von Liancourt indessen fort. »Es ist an König Heinrich II. gerichtet und schildert ihm in großer Ausführlichkeit die kritische Lage, in der sich Akkon befindet. Beten wir, dass es dem König auf Zypern gelingt, ein starkes Entsatzheer um sich zu sammeln und bald mit ihm hier einzutreffen.« »Vielleicht sollte der König zusammen mit dem Papst einen drin genden Aufruf an die gesamte Christenheit in der Art richten, wie es damals Papst Urban II.* getan hat, als er zum ersten Kreuzzug aufrief«, meinte Maurice von Montfontaine und Gerolt glaubte, Spott in der Stimme des Franzosen mitschwingen zu hören. »Mö gen jene fortan Ritter Christi sein, die bisher nichts als Räuber waren. Mögen diejenigen, die sich bisher nur mit ihren Brüdern und Verwandten schlugen, nun mit gutem Recht gegen die Barbaren streiten! Ewigen Lohn werden sie erhalten! Das waren doch Urbans Worte und sie dürften heute genauso angebracht sein wie vor zweihundert Jahren.« Der Hauptmann sah ihn sichtlich verwirrt an. Er wusste offenbar nicht, was er von diesem Vorschlag seines Ordensbruders halten sollte. »Derlei Entscheidungen liegen nicht bei uns, Maurice!«, er widerte er und sein unwirscher Ton verriet, dass er die Anmer kungen des Ritters für äußerst unpassend hielt. »Und jetzt seht zu, dass ihr hinunter zum Hafen kommt! Demetrios, der Kapitän der Panagia, ist schon unterrichtet und wartet auf das Schreiben. Ihr findet seine Galeere am Kai des inneren Hafens kurz vor dem Turm der Fliegen.« Und mit diesen Worten reichte er Gerolt den Brief des Großmeisters. Dieser schlug seinen Umhang zur Seite und steckte ihn sich hin ter den breiten Ledergürtel. »Sehr wohl, Beau Sire«, bestätigte er den Auftrag und machte sich im Eilschritt auf den Weg zum Hafen, ohne dem missliebigen Begleiter an seiner Seite die geringste Beachtung zu schenken. Wenn er die Gesellschaft von Maurice von Montfontaine schon ertragen musste, so wollte er ihn we nigstens seine Geringschätzung spüren lassen. Als sie den Burghof in Richtung Haupttor überquerten, blieb Ge rolts Blick für einen kurzen Moment an der seltsamen Gestalt hängen, die zu ihrer Linken in einem Torbogen stand und die sei nem Blick begegnete. Er sah ein altes, zerfurchtes Gesicht, wie man es bei einem Greis von achtzig Jahren erwartet hätte, nicht jedoch bei
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