Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Titel: Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
Vom Netzwerk:
einem Templer. Denn dieser Mann trug doch tatsäch lich den weißen Mantel mit dem roten Tatzenkreuz, obwohl sein schulterlanges schneeweißes Haar der Ordensregel Hohn sprach, nach der jeder Kriegermönch sein Haupthaar kurz zu tragen hat te. Und aus seinem Umhang ragte ein prächtiger, goldverzierter Schwertgriff hervor, als stünde er noch immer im aktiven Kriegs dienst für den Orden. Gerolt nahm an, dass es sich bei diesem alten Mann um einen jener wenigen Templerveteranen handelte, denen trotz eines jahrzehn telangen, schlachtenreichen Lebens als Kriegermönch das seltene Glück eines hohen Alters vergönnt war und denen die Ordensobe ren stillschweigend gewisse Zugeständnisse ob ihrer großen Ver dienste zubilligten. Die beiden Gestalten, die hinter dem weißhaa rigen Alten im Schatten des Torbogens standen und die braunen Mäntel der Turkopolen trugen, nahm er nur kurz wahr. Dann wandte er auch schon wieder seinen Blick ab und stürmte, voller Groll auf Maurice von Montfontaine, aus dem Hof der Zitadelle. Dass sich der alte Templer im nächsten Moment zu seinen beiden Gefährten umdrehte und ihnen leise einen Befehl erteilte, beka men weder Gerolt noch der Franzose an seiner Seite mit. »Folgt den beiden!«, lautete der Auftrag, den der Weißhaarige seinen blinden Gefolgsmännern erteilte. »Und gebt acht! Es liegt Unheil in der Luft!«
    * Papst Urban II. rief a m 27. November 1095 beim Konzil von Clermont (Mit telfrankreich) die Christenheit zum ersten Kreuzzug (1096 – 1099) auf, um Je rusalem und das Heilige Land zu erobern. Das Kreuzfahrerheer nahm die Heilige Stadt am 15. Juli 1099 nach mehrwöchiger Belagerung ein.

6
    Ich weiß, irgendwann rede ich mich mit meiner locke ren Zunge noch mal um Kopf und Kragen – und um meinen Mantel«, räumte Maurice sofort ein, kaum dass sie sich außer Hörweite von Raoul von Liancourt befanden. »Das hat mir schon meine selige Amme – der Herr möge ihrer reinen und ungebildeten Seele gnädig sein! – im unschuldigen Knabenalter prophezeit, als wir einen Kardinal auf unserem Schloss zu Besuch hatten und ich von ihm wissen wollte, ob er sich denn auch Mätressen halte oder ob er lieber jungen Burschen den Vorzug gebe. Denn solche Geschichten hatte ich nach einem Turnier an unserer Tafel aufgeschnappt. Nun, ich hielt das für eine völlig harmlose Frage, nachdem mir doch zu Ohren gekommen war, dass dies unter Kirchenfürsten gang und gäbe sei. Oder siehst du das anders?« Gerolt wusste nicht, ob Maurice ihn mit dieser Geschichte auf den Arm nehmen wollte oder ob er sich wirklich dieser Entgleisung schuldig gemacht hatte. Er traute sie ihm jedoch ohne Weiteres zu. Und ihm lag eine bissige Erwiderung auf der Zunge, die er sich jedoch noch im letzten Moment verkniff. Er verharrte in seinem grimmigen Schweigen und wandte nicht einmal den Kopf, während sie nun die Burg hinter sich ließen und der Straße folgten, die in einem scharfen südwestlichen Bogen um den Vorplatz der Zitadelle herum und in das verwinkelte Häuserlabyrinth von Akkon führte. Brandgeruch lag in der Luft. Es roch nach schwelenden Trümmern und nasser Asche. Doch die Straßen waren nicht ausgestorben, wie man hätte annehmen können, sondern beinahe so belebt wie vor Beginn der Belagerung. Auch die meisten Stände, Werkstätten und Geschäfte hatten geöffnet, als stemmten sich ihre Inhaber mit ihrem trotzigen Beharren auf Normalität gegen die Einsicht, dass es für Akkon wohl kaum Rettung und es damit für die meisten von ihnen keine Zukunft in den Mauern dieser Stadt gab. Aber hier und da traf man auch schon auf verlassene Häuser, sah Kaufleute, die ihre Geschäfte ausräumten, ihr Hab und Gut auf Fuhrwerke luden und alles für eine baldige Abreise vorbereiteten. Und vor allem auf einer der zentralen Verkehrsadern, die Akkon im dicht bebauten Westteil der Stadt vom Neuen Tor im Norden fast geradewegs nach Süden durchschnitt und zum Hafen führte, begegnete man vielen hochbeladenen Trägern, Eselskarren und Fuhrwerken, die sich in Begleitung von ganzen Familien auf dem Weg zu den Kais befanden, um die Stadt mit dem nächsten Schiff zu verlassen. Vor allem aber blickte man bei einem Gang durch die Stadt fast ausnahmslos in angespannte, übernächtigte und sorgenvolle Gesichter, auch bei den noch Unentschlossenen. Denn nur ein ausgemachter Dummkopf konnte sich kein Bild davon machen, was der Stadt und seinen Einwohnern blühte, wenn die Mauern und die Streitmacht der Verteidiger dem Ansturm der

Weitere Kostenlose Bücher