Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
Templer das Martyrium zum Ruhme Gottes erleiden werden, wohl schon gefallen sein. Der Ort dürfte Akkon sein.« Irritiert über den Unterton in Gerolts Stimme, furchte Theoderich die Stirn. »Und wennschon! Wenn es Gottes Wille ist, soll es so sein. Aber du klingst ja, als wäre dir beim Gedanken an das Martyrium zum Lob und Ruhme unseres Herrn und Erlösers gar nicht mehr wohl zumute? Kommen dir beim Anblick des riesigen Belagerungsheers der Mamelucken etwa plötzlich Zweifel, ob dein Templergelübde vielleicht doch voreilig war?« »Nein, du kannst ganz unbesorgt sein, solche Zweifel kommen mir nicht!«, erwiderte Gerolt mit fester Stimme, obwohl er insgeheim zugeben musste, dass es gelegentlich beängstigende Momente gab, in denen er sich ähnliche Fragen stellte. Aber immer wieder den vielfältigen Anfechtungen der sündhaften Welt zu widerstehen, gehörte nun mal zu den beständigen Prüfungen und Selbstvergewisserungen, die ein solches, Gott geweihtes Leben mit sich brachte. »Aber ich vergesse auch nicht, dass der nützlichste Soldat für Christus nicht derjenige ist, der sein Leben für eine schon verlorene Sache hingibt, sondern derjenige, der lebt und immer wieder für ihn in den Kampf ziehen kann.« Theoderich grinste erleichtert und schlug ihm auf die Schulter. »Was für weise Worte für einen jungen Ritter! Aber belaste dich nicht mit trüben Gedanken, mein Freund! Wir Templer geben den Kampf nicht verloren, weder hier in Akkon noch anderswo! Gemeinsam werden wir noch in so manche Schlacht gegen die Irrgläubigen ziehen, verlass dich drauf! Und ich sage dir, eines Tages weht unser schwarz-weißes Banner auch wieder in Jerusalem über dem Tempel!«, versicherte er mit feurigem Eifer. »Bei Gott, möge es so sein«, sagte Gerolt und entschuldigte sich dann, nicht länger mit ihm reden zu können, weil er jetzt unbedingt nach seinen Pferden sehen musste. Das war eine Entschuldigung, die Theoderich ohne Widerspruch gelten ließ. Die sorgsame Pflege der Waffen, Rüstungen und insbesondere der Pferde gehörte zu den wichtigsten Pflichten eines Templers. Der Zustand der Pferde, vor allem was ihre Kraft und Schnelligkeit anging, konnte im Kampf über Sieg und Niederlage entscheiden. Aus diesem Grund hatte sich ein Templer auch als allererste Aufgabe nach der Matutin, der Morgenmesse um zwei Uhr im Sommer und um vier im Winter, in die Stallungen zu begeben, nach seinen Pferden zu sehen und seinen Knappen die nötigen Anweisungen zu erteilen. Danach durfte er sich wieder für einige Stunden ins Bett legen, bevor es Zeit für das endgültige Aufstehen und den zweiten Gottesdienst des Tages wurde. Zur vollständigen Ausrüstung eines Ritters gehörten neben der teuren Rüstung und den Waffen mindestens drei Pferde, was den Kreis derjenigen, die als Ritter in den Templerorden aufgenommen werden wollten, schon von vornherein auf die kleine Schicht der Besitzenden beschränkte. So verwunderte es denn auch nicht, dass auf jeden vollwertigen Ritter im Schnitt zehn dienende Brüder kamen, bei denen es sich zumeist um Sergeanten handelte, die anstelle des begehrten weißen Umhangs einen braunen oder schwarzen Mantel trugen.
* Speisesaal einer Ordensgemeinschaft.
Als Gerolt wenig später das weitläufige Gewölbe der Stallungen betrat, in dem einige Hundert Schlachtrösser einstanden, und er nach seinen Pferden schaute, fand er dort alles zu seiner Zufrie denheit vor. Der junge Rotschopf Odo und Ludolf der Schweigsa me, der dem Orden schon fast so lange in Outremer diente, wie Gerolt an Lebensjahren zählte, hielten seine Pferde in einem ta dellosen Zustand. Und er sparte auch nicht an Lob für diese bei den dienenden Brüder, von deren Zuverlässigkeit und Treue sein Leben in einer Schlacht nicht unwesentlich abhing. Er befand sich schon wieder auf dem Weg zurück in den Burghof, als er hinter sich eine spöttische Stimme vernahm, die mit gro ßem Pathos deklamierte: »Rückt also sicher vor, ihr Ritter, und vertreibt unerschrockenen Sinnes die Feinde des Kreuzes Christi in der Gewissheit, dass weder Tod noch Leben euch von der Liebe Gottes trennen können! Wie ehrenvoll kehren die Sieger aus der Schlacht zurück! Wie selig sterben sie als Märtyrer im Kampf!« Noch bevor Gerolt sich umgedreht hatte, wusste er schon, wer da in seinem Rücken die Worte des berühmten Zisterzienserabtes Bernhard von Clairveaux zitierte, auf dessen Rat mächtige Päpste und Könige gehört hatten und der bei der Abfassung der Ordens regel
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