Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
ist ihm der Tod gewiss!« »Ja, gebe Gott, dass er seine geheime Kraft schon jetzt besser einsetzen kann, als es mir zurzeit möglich ist«, murmelte Gerolt in großer Sorge um seinen Freund. Zwar war Tarik die Flucht von Bord der Handelsgaleere gelungen, aber nun würde man ihn ja gen wie ein wildes Tier. Und Gerolt wünschte, die Dunkelheit wä re schon hereingebrochen. Lange würde es zwar nicht mehr dau ern, berührte der Sonnenball doch schon den Horizont am westli chen Nilufer. Aber würde Tarik so lange durchhalten? Er musste es einfach schaffen. Denn ihr aller Schicksal hing vermutlich da von ab, dass er den mamelukischen Häschern entkam!
* Der Dirham ist eine arabische Silbermünze und steht in einem wechseln den Verhältnis zur Goldwährung des Dinar. Etwa 13 bis 25 Dirham entspra chen zur Zeit der Mamelucken einem Dinar, dessen Goldgehalt etwa 4,5 Gramm betrug. Diese Gewichtseinheit wurde Mithkal genannt. Zur Kauf kraft: Für einen Dirham bekam man im Cairo des Jahres 1291 ein Huhn.
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Das Wasser schlug über Tarik zusammen. Nach de r Hitze in der stickigen Segeltuchkammer empfand e r
die Frische der Nilfluten wie einen eisigen Schock. Sein Körper wollte sogleich wieder nach oben steigen, doch mit hastigen Schwimmbewegungen widerstand er dem natürlichen Auftrieb und tauchte tiefer hinunter. Und das keine Sekunde zu früh. Die ersten Pfeile bohrten sich zu allen Seiten ins Wasser. Zwei be rührten ihn sogar noch, hatten aber in der Tiefe schon ihre tödli che Kraft verloren. Eine Pfeilspitze stach ihn wie ein Dorn in den Rücken, ein anderer versetzte seinem linken Unterschenkel ei nen spürbaren, aber ungefährlichen Stich. Tarik spürte sogleich die Strömung, die ihn flussabwärts zog, und er versuchte, sich unter Wasser zu orientieren. Er öffnete die Au gen, drehte sich kurz halb um seine eigene Achse, sah zu seiner Rechten die dunklen Schatten der am Kai vertäuten Schiffe und schwamm mit aller Kraft von ihnen weg in Richtung Strommitte. Er wusste, dass man sofort die Verfolgung mit Ruder-und Fischer booten aufnehmen würde. Gleich würde es auf dem Nil rund um den Hafen von al-Maks nur so von ihnen wimmeln. Auch brauchte er kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass der Emir auf seine Er greifung eine Belohnung aussetzen würde und es ihm dabei gleich sein würde, ob man ihn tot oder lebendig wieder zu ihm zurück brachte. Zog man ihn lebend aus dem Wasser, würde ihn der Emir für die Blamage, die er ihm mit seiner Flucht von der Calatrava an getan hatte, sicherlich mit schrecklichen Qualen büßen lassen.
Ob er seinen Verfolgern entkam oder nicht, hing jetzt allein da von ab, ob er tatsächlich fähig war, die geheime Kraft in ihm zum Einsatz zu bringen, die er bei seiner zweiten Weihe erhalten hat te. Abbé Villard hatte ihm versichert, dass Meere und Flüsse seine Freunde seien und ihm keinen Schaden zufügen würden. Aber wie genau sollte das jetzt geschehen, zumal die zweite Weihe doch erst knappe drei Tage zurücklag und er sich noch kein einzi ges Mal in seiner Gnadengabe geübt hatte. Schon eine halbe Minute später wurde ihm die Luft knapp. Seine Lungen gierten nach frischer Atemluft und begannen zu schmer zen. In seinem Kopf hämmerte es und das Pochen in seinen Oh ren wurde mit jeder Sekunde stärker. Panik wallte in ihm auf. Er hatte sich auf die geheime Kraft verlassen, doch es war zu früh gewesen! Schon ertrug er die schmerzende Atemnot nicht länger. Ihm war, als müsste sein Kopf jeden Moment platzen. Und so stieg er wie der zur Oberfläche auf. Noch kurz bevor er auftauchte, sah er schräg vor sich etwas im Wasser schwimmen. Es war viel zu schmal und zu kurz, um ein Boot zu sein. Als er mit dem Kopf durch die Wasseroberfläche brach, sah er zu seinem Entsetzen, was da auf ihn zukam. Ein Krokodil! Es witter te Beute und schoss auf ihn zu. Zwar war es noch nicht ausge wachsen, aber doch groß genug, um ihn mit seinem Maul, das mit scharfen Zähnen gespickt war, zu packen und unter Wasser zu zerren. Im selben Augenblick hörte er hinter sich eine Vielzahl aufgereg ter Schreie, die von seinen Verfolgern in den Booten kamen. Schon sirrten wieder Dutzende Pfeile durch die Luft und schlu gen um ihn herum ins Wasser. Einige davon trafen das Krokodil, das mittlerweile nur noch zwei Armlängen von ihm entfernt war.
Fauchend riss es seinen Rachen auf, dessen Oberkiefer schon zwei Pfeile durchschlagen hatten, und peitschte das Wasser mit seinem Schwanz. Blut strömte aus den Wunden.
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