Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
Drei weitere Pfeile bohrten sich in den Leib des Tieres. Tarik holte tief Luft und tauchte vor dem Krokodil, das sein Ver derben hätte sein können und zu seinem Glück nun Opfer der Bo genschützen geworden war, wieder in die sichere Tiefe hinab. Die Boote hatten die Stelle sogleich erreicht und ließen sich nun mit der Strömung abwärtstreiben. Wohin er auch blickte, die noch helle Wasseroberfläche war in einem weiten Umkreis von den Schattenflecken der Boote gesprenkelt. Die Verfolger rechneten sich vermutlich gute Chancen aus, ihn beim nächsten Auftauchen zu erwischen, wenn sie sich in einem großen Kreis mit der Strö mung flussabwärts ziehen ließen und nur wenig Gebrauch von ih ren Rudern machten. Denn kein noch so guter Schwimmer ver mochte, allzu weit gegen den Strom zu schwimmen. Tarik wusste, dass er den Bogenschützen ein drittes Mal nicht entkommen würde, wohin er sich auch wendete. Um nicht unnö tig Kraft zu vergeuden, schwamm er deshalb auch weiterhin mit der Strömung, bewegte sich aber allmählich nach rechts auf das östliche Nilufer zu. Er hoffte, sich dort irgendwo in einem dichten Schilfgürtel verstecken zu können. Aber damit rechneten auch seine Verfolger, wie er schnell bemerkte, als er sich dem Ufer nä herte. Wieder wurde ihm die Luft knapp, als er plötzlich vor sich das Wrack eines Fischerbootes entdeckte. Einige Planken und Span ten des Vorschiffs ragten aus dem Schlamm hervor. Mit zwei kräf tigen Schwimmbewegungen erreichte er es und hielt sich am Bugbalken fest. Aber das befreite ihn nicht von der quälenden Atemnot.
Fieberhaft überlegte er, was er jetzt nur tun sollte. Gab er dem immer stärker werdenden Verlangen nach Luft nach und tauchte auf, bedeutete das seinen sicheren Tod. Denn immer neue Barken, Ruderboote und Fischerkähne glitten über ihm heran. Und in dieser aussichtslosen Situation blieb ihm nur noch eines, was ihn retten konnte. Er musste das scheinbar Unmögliche wagen, nämlich im Wasser atmen! »Herr, schenke mir deinen göttlichen Beistand und entfache in mir deine geheime Kraft!«, betete Tarik in Gedanken und konzentrierte sich mit ganzer Willenskraft darauf, dass sich das Wasser als sein Freund erweisen möge. »Dein göttlicher Wille geschehe!« Und dann vermochte er der Qual nicht länger zu widerstehen, er öffnete den Mund und atmete das Wasser tief ein. Er glaubte, im nächsten Moment ersticken zu müssen, als sich seine Lungen füllten. Doch dann geschah das unfassbare Wunder. Mit seinem Körper schien sich eine Verwandlung zu vollziehen. Er spürte, dass in seinem Innern etwas, das er nicht benennen konnte, aufbrach und ihn mit einer unbekannten Kraft erfüllte. Gleichzeitig wich der brennende Schmerz aus seiner verkrampften Brust und machte unsäglicher Erleichterung Platz. Er atmete wie ein Fisch Wasser! Und er spürte förmlich, wie seine Lungen Luft aufnahmen und seinen Körper mit neuer Lebenskraft versorgten. Es war, wie Abbé Villard gesagt hatte: Das Wasser war sein Freund und beschenkte ihn mit Atemluft! Schnell löste er seinen Gürtel, zerrte sich die Tunika vom Leib und befreite sich auch von seinen Stiefeln, die ihn unter Wasser nur behinderten. Er riss sich auch den dünnen, aber jetzt spürbar schweren, mit Goldstücken gefüllten Seidengürtel von der Hüfte, steckte ihn in einen seiner Stiefel und klemmte diesen in den Spalt zwischen zwei zerborstenen Bootsplanken. Auch den zwei ten Stiefel, in den er den Ledergürtel stopfte, verklemmte er so. Nur die Tunika mit dem Templerkreuz überließ er der Strömung. Er rechnete sich eine gute Chance aus, das Versteck wiederzufinden, falls seine Flucht erfolgreich ausging. Dann ließ er den Balken los und schwamm, nur noch mit seinem dünnen Untergewand bekleidet, schnell weiter, weil er nicht wusste, wie lange er fähig sein würde, an einem Stück Luft aus dem Wasser zu ziehen. Vielleicht waren ihm bei den ersten Versuchen nur wenige Minuten vergönnt. Aber die sollten reichen, um sich weit genug von den Booten der Verfolger abzusetzen. Mit höchster Kraft und Konzentration schwamm er flussabwärts. Er schlug einen Bogen um die doppelten Reihen von dicken Holz-pfählen, die zu einem L-förmigen Anlegesteg gehörten. Bald hatte er den Kreis der Boote hinter sich gelassen, doch nun spürte er, dass er immer schneller atmen musste, um seinen Bedarf an neuer Luft zu decken. Bald würde er gezwungen sein, aufzutauchen und Kraft zu schöpfen. Er hoffte, dann einen genügend großen Vorsprung
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