Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
verschwenderischen Licht einer Vielzahl von Öllampen aller Art lagen. Auf einer von Palmen gesäumten Straße zogen sie an einigen dieser prächtigen, weitläufigen Anwesen vorbei. Dann bog die Eskorte mit ihnen nach rechts in eine etwas schmalere Straße ein. Hier bildeten gut mannshohe, blühende Sträucher, die einen süßlich schweren, betäubenden Geruch verströmten, eine Allee. Als Gerolts Blick kurz in eine Querstraße fiel, hatte er den Eindruck, an ihrem Ende wieder eine große Wasserfläche ausmachen zu können, auf der Lichter tanzten. War das wieder der Fluss? Alles sprach dafür, dass sich all diese atemberaubenden Paläste auf einer großen Nilinsel befanden. Aber absolut sicher war er sich dessen nicht. Er erhielt auch keine Gelegenheit, sich darüber länger Gedanken zu machen, denn sie hatten nun offenbar die Residenz von Emir Turan el-Shawar Sabuni erreicht. Denn vor ihnen wurde auf den Zuruf eines der Reiter hin in einer hohen Mauer, deren Krone mit Lanzenspitzen gespickt war, ein schweres, eisenbeschlagenes Tor geöffnet. Um den Hauptzugang zum Palast konnte es sich dabei nicht handeln, dafür war es weder groß noch prächtig genug. Der von Laternen beleuchtete Hof, der hinter dem Tor lag und mit großen grauen Steinplatten belegt war, erwies sich als Teil eines rückwärtigen, gesonderten Wirtschaftstraktes. Dieser ausgedehnte Gebäudeteil mit seinen Küchenräumen, Vorratslagern, Werkstätten, Bedienstetenquartieren und Stallungen war vom eigentlichen Palast und seinen Gartenanlagen durch eine innere Mauer getrennt, in die mehrere Rundbögen mit Verbindungstüren eingelassen waren. Herrlich blaue Kacheln mit weißen Ornamenten bedeckten die Wände der Mauern, die den großen Innenhof umschlossen, und gaben sogar auf dieser Seite schon einen Hinweis auf den Reichtum, den der Emir angehäuft hatte und hier zur Schau stellte. »Sieh an, wir werden offenbar schon erwartet!«, brummte Maurice verdrossen und deutete mit einer knappen Kopfbewegung auf die drei Gestalten, die bei einer der Rundbogentüren standen und in ihrer äußeren Erscheinung kaum gegensätzlicher hätten sein können. »Ich wette, dieser feiste, glatzköpfige Schwarze ist der Haremswächter des Emirs und die beiden stiernackigen Kerle hinter ihm dürften wohl unsere zukünftigen Kerkermeister sein.« Gerolt folgte seinem Blick und nickte dann. »Ja, ein herausgeputzter Eunuch und zwei hoffentlich sehr einfältige Schergen.« Sie fanden ihre Vermutung schnell bestätigt, als sie dem kurzen Wortwechsel zwischen dem fetten Kahlkopf und dem Anführer ihrer Eskorte folgten. Bei dem fettleibigen, aber doch recht hochgewachsenen Mann, der sie auf dem Hof in Empfang nahm, handelte es sich tatsächlich um den obersten Eunuchen des Emirs.
Seine tiefschwarze Haut und seine Gesichtszüge wiesen ihn als einen Mann aus dem glutheißen Wüstenland der Nubier aus. Der runde, kräftige Schädel war glatt rasiert und glänzte wie eine polierte schwarze Marmorkugel. Er trug über cremeweißen, gebauschten Hosen ein kostbares, faltenreiches Obergewand aus feinstem smaragdgrünem Seidenstoff mit goldenen Zierstickereien. Mit derselben grünen Seide waren seine spitz zulaufenden Schuhe überzogen. Eine goldene, breite Seidenschärpe lief um seine sich weit vorwölbende Körpermitte. Und von seinem linken Ohrläppchen baumelte ein dukatengroßer goldener Ring. Der nubische Eunuch hörte auf den Namen Kafur und gebot nicht nur über den großen Harem des Emirs, sondern genoss auch in allen anderen palastinternen Belangen das Vertrauen seines Herrn, wie Gerolt und Maurice schnell erfahren sollten. Und damit kam er in der Hierarchie der intrigenreichen Welt hinter den hohen Palastmauern gleich nach dem Emir. Die beiden Männer hinter ihm waren dagegen schlicht gekleidet. Beide trugen einen locker sitzenden Kaftan aus hellblauem Kattun. Unter dem verwaschenen Stoff zeichneten sich kräftige Schultern ab und aus den weiten Ärmeln des Obergewandes kamen muskulöse Arme zum Vorschein. Eine Miene des Abscheus zeigte sich auf dem fleischigen, runden Gesicht des Eunuchen, als er Gerolt und Maurice mit klirrenden Ketten aus dem Holzkäfig stolpern sah. Auch stieg ihm wohl der strenge Geruch, der von ihnen ausging, in die Nase. Denn augenblicklich wandte er den Kopf halb ab, zog ein Seidentuch hervor, das parfümiert war, und hielt es sich unter die Nase. Die andere Hand streckte er abwehrend aus. »Beim Barte des Propheten, haltet mir diese widerlichen
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