Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
sprechen?«, fragte er. »Worüber soll ich sprechen wollen?«, fragte McIvor mit verschlossener Miene zurück. »Über das, was wir gestern an Unglaublichem erlebt haben. Ich weiß nicht, wie du die Nacht verbracht hast, aber ich habe kaum ein Auge zubekommen, so aufgewühlt war ich. Und wenn ich doch kurz eingeschlafen bin, hatte ich grässliche Albträume«, gestand Gerolt. »Und wenn ich ehrlich sein soll, fürchte ich mich vor dem, was wir da auf uns genommen haben. Ich wünschte fast, ich hätte mein Schwert nicht aus dem Felsen ziehen können. Akkon steht kurz vor der Einnahme durch die Mamelucken und ich soll einer derjenigen sein, in deren Händen nun der Schutz des Heiligen Grals liegt, mein Gott!« McIvor lachte kurz und freudlos auf. »Auch mir kommt es noch immer wie ein wirrer Traum vor. Aber ich fürchte mich nicht davor . . . nicht wirklich.« »Was macht dir dann zu schaffen? Oder vertraust du mir nicht genug, um mit mir darüber zu sprechen? Füreinander in fester Treue, das haben wir uns einander doch geschworen. Dieser Schwur ist mir heilig und ich bin bereit, für dich und für die anderen mein Leben zu geben. Sollten wir dann nicht auch offen über alles miteinander reden können?« Der Schotte hob nun den Kopf und sah ihn einen Augenblick schweigend an, als wäre er sich unschlüssig, ob er ihm eine ehrliche Antwort geben sollte oder nicht. »Der Schwur ist auch mir heilig, Gerolt!«, versicherte er ernst, um dann mit leiser Stimme fortzufahren: »Es... fällt mir nur so schwer, über das zu sprechen, was heute auf den Tag genau vor zehn Jahren geschehen ist... besser gesagt, was ich an jenem Tag Abscheuliches getan habe.« Gerolt spürte, dass es klüger war, ihn jetzt nicht mit weiteren Fragen zu bedrängen, sondern einfach still zu warten, bis sein Freund weitersprach. »Ich hatte ein gutes Leben auf unserer Burg am Loch Conneleagh in den Highlands, war ich doch der einzige Sohn und Liebling meines Vaters, der einmal das Erbe antreten würde«, begann Mc-Ivor nach einem Moment des Schweigens. »Ich hatte alles, was ich mir wünschte, bis ich mich dann eines Tages in die Tochter eines neuen Pächters verliebte.« Gerolt holte tief Luft, sagte jedoch nichts. »Annot war ihr Name und sie war das Schönste und Anmutigste, was meine Augen je erblickt hatten«, setzte McIvor seine Erzählung fort. »Es geschah kurz nach meinem siebzehnten Geburtstag, dass ich an nichts anderes mehr denken konnte als an sie. Ich warb heimlich um ihre Gunst und es gelang mir nach einigen Monaten auch, ihr Herz zu gewinnen, obwohl sie immer wieder versuchte, mich zur Vernunft zu bringen und mir vor Augen zu halten, dass unsere Liebe keine Zukunft hatte und ich mit meinem Beharren nur ihre Familie in Gefahr brachte. Natürlich wusste ich, dass mein Vater einer Verbindung mit einer armen Pächterstochter nie zustimmen und Annot samt ihrer Familie von unserem Land jagen würde, sowie er von unserer Liebschaft erfahren würde. Ich sollte standesgemäß heiraten, und zwar Ellen von Balfour, die Tochter unseres Nachbarn. Unsere Familien waren einander seit langem freundschaftlich verbunden und diese Verbindung sollte nun durch unsere Heirat noch enger werden. Ellen war mir seit Jahren versprochen und ihr älterer Bruder Malcolm, mit dem ich von Kindesbeinen an aufgewachsen war und den ich für meinen besten Freund hielt, ging wie jeder andere ganz selbstverständlich davon aus, dass er mein Schwager werden würde. Aber dann musste ich erkennen, dass ihm meine Freundschaft und mein Glück nicht halb so viel bedeuteten wie der gute Ruf seiner Schwester und der Zuwachs an Macht für seine Familie durch unsere Heirat. Denn meine Mutter hatte nach mir keine Kinder mehr zur Welt bringen können.« Er machte eine kurze Pause, in der er düster vor sich hin blickte. »Malcolm muss irgendwann Wind von unserer heimlichen Liebschaft bekommen haben. Jedenfalls ist er uns einmal zu unserem Versteck gefolgt, wo er uns belauscht und beobachtet hat. Dabei hat er dann auch mitbekommen, dass ich schon Pläne schmiedete, wie wir es am besten anstellen könnten, gemeinsam aus Schottland zu fliehen. Ich war so verrückt in meiner glühenden Liebe zu ihr, dass ich zu jedem Opfer und jedem Risiko bereit war. Doch Annot zögerte noch, aus gutem Grund.« »Und so nahm dann die Tragödie ihren Lauf«, murmelte Gerolt, denn es war nicht schwer zu erahnen, was in McIvors Geschichte nun folgte. »Dein Freund Malcolm hat eure Liebe nicht gebilligt und
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