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Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon

Titel: Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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wurde. Letztlich war es nicht viel anders, als hätte ich an jenem Abend hinter der Schenke ein wehrloses Schaf abgestochen.« Gerolt wusste erst nicht, was er dazu sagen sollte, und schwieg betroffen. Er begriff sehr wohl, was seinem Freund seit damals keine Ruhe ließ. Es war eine Sache, in einer Schlacht jede Schwäche des Gegners gnadenlos auszunutzen und ohne Zögern zuzustechen, auch wenn der Feind völlig wehrlos vor einem lag, etwa weil er vom Pferd gestürzt war und dabei seine Waffe verloren hatte. Doch es widersprach der Ehre eines Ritters, jemanden zu einem Zweikampf herauszufordern, von dem man ganz genau wusste, dass er kein ebenbürtiger Gegner war und keine Chance hatte. »Ich weiß nicht, ob ich in deiner Situation nicht genauso gehandelt hätte«, sagte Gerolt schließlich. »Was hättest du auch sonst tun können, um das Verbrechen an Annot zu sühnen? Ich weiß nicht, wie solche Vorfälle in deiner Heimat nach dem Gesetz und eurem Standesverständnis geregelt werden. Aber ich bezweifle, dass es ohne Zeugen zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren gegen ihn und zu einer Verurteilung gekommen wäre.« »Das wäre es auch nicht und ich weiß bis heute nicht, was ich hätte tun können, um Malcolm zur Rechenschaft zu ziehen«, räumte McIvor niedergeschlagen ein. »Aber das ändert nichts daran, dass ich meine Ehre in diesem ungleichen Kampf verloren habe und an Annots Tod mitschuldig geworden bin. Das ist er nicht wert gewesen. Aber das ist mir zu spät bewusst geworden.« »Hast du dabei dein Auge verloren?«
    McIvor schüttelte den Kopf. »Das widerfuhr mir erst ein gutes Jahr später im Vollrausch bei einer wüsten Rauferei mit Seeleuten in einer Hafenspelunke am Firth of Forth in der Nähe von Edinburgh. Ich hatte meine Heimat noch in derselben Nacht fluchtartig verlassen, weil es sonst noch mehr Blutvergießen gegeben hätte, und jeglichen Halt verloren. Der Verlust meines Auges hat mich zur Besinnung und zur Umkehr gebracht. Wenige Monate später bin ich in den Templerorden eingetreten und ins Heilige Land aufgebrochen, um Sühne zu leisten. Ich glaube, ich habe zu Anfang mehr als jeder andere den Tod in der Schlacht gesucht, bis ich dann allmählich mit meiner Schuld zu leben lernte. Doch es gibt immer wieder Tage, da überfällt mich die Vergangenheit und droht, mich wie ein schweres, nasses Tuch zu ersticken.« Er atmetete tief durch. »Verstehst du nun, wie schwer es mir nach all dem fällt, mich eines so heiligen Amtes für würdig zu halten?« »Du bist berufen, McIvor, und das allein zählt jetzt«, versuchte Gerolt ihn aufzurichten. »Denk daran, was der Abbé zu uns gesagt hat, nämlich dass zweifellos ein tiefer Sinn darin liegt, dass die Berufung zur Nachfolge uns getroffen hat und dass es uns nicht gegeben ist, Gottes Gründe dafür zu begreifen. Wir können das nur in tiefer Demut als Mysterium annehmen. Außerdem ist keiner von uns ohne Schuld. Keiner von uns kann sich einer reineren Seele dünken als der andere, und vielleicht liegt ja genau darin das Geheimnis unserer Berufung. Aber wie auch immer das eine mit dem anderen zusammenhängen mag, wir haben uns entschlossen, dem Ruf zu folgen, und diesem heiligen Dienst muss fortan unsere ganze Kraft und Hingabe gelten.« McIvors Gestalt straffte sich mit einem Mal. Er packte das Schwert und schob es mit einer entschlossenen Bewegung in die Scheide zurück. »Ja, du hast recht, Gerolt. Das Vergangene lässt sich nicht mehr ungeschehen machen und meine Verpflichtung gilt jetzt dem Schutz des Heiligen Grals und unserer Bruderschaft. Verzeih, dass ich dir mit meinem sentimentalen Gejammer in den Ohren gelegen habe.« »Das Gegenteil ist der Fall, du hast mir durch deine Offenheit eine große Ehre erwiesen, McIvor von Conneleagh«, versicherte Gerolt ernst und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Und ich werde Stillschweigen über das bewahren, was du mir gerade anvertraut hast, wenn du es möchtest.« »Nein, ich hätte euch früher oder später sowieso davon erzählt. Es darf keine Geheimnisse zwischen uns geben, wie du vorhin richtig gesagt hast. Füreinander in fester Treue, so soll es sein – ohne alle Vorbehalte, Gerolt!«, bekräftigte er und reichte ihm die Hand zu einem festen Händedruck. Dann ergriff er sein Schwert und sprang auf die Beine. »So, und jetzt wollen wir die anderen und vor allem den Großmeister nicht länger warten lassen!«

2

    Der Großmeister kehrte ihnen den Rücken zu. Er stand im halbrunden Erker des

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