Die Bruderschaft vom Heiligen Gral 01 - Der Fall von Akkon
verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt ver schiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen. Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes ge schenkt, damit sie den anderen nützt!« »Amen!«, murmelte Bismillah hinter ihnen, der mit dem Ablauf der Weihe vertraut war.
Schnell beeilten sich die vier neuen Gralshüter, sich auch ihrer seits mit einem »Amen!« anzuschließen . Abbé Villard erhob sich, trat an den Altar, beugte das Knie, küsst e den geweihten Marmor und nahm dann den schwarzen Eben holzwürfel mit der kostbaren Einlegearbeit aus Elfenbein in For m einer fünfblättrigen Rose und mit den goldenen, smaragdbesetz ten Kantenverzierungen in beide Hände. Und dann erfüllte sein e kräftige Stimme die unterirdische Rotunde wieder mit feierli chem Bittgebet, mit dem er den Heiligen Geist anrief . »Komm herab, oh Heiliger Geist, der die finstere Nacht zerreißt , und strahle Licht in diese Welt! « »Amen!«, kam es von Bismillah, der hinter ihnen kniete, und er ga b damit den vier Rittern den Rhythmus für das gemeinsame Bittge bet an . »Komm, der alle Armen liebt! Komm, der große Gaben gibt ! Komm, der jedes Herz erhellt! « »Amen«, kam es im Chor . »Höchster Tröster in der Zeit! Gast, der Herz und Sinn erfreut ! Verlässlich Beistand in der Not! « »Amen. « »Komm, oh du glückseliges Licht, fülle Herz und Angesicht, drin g bis auf der Seele Grund! « »Amen. « »Gib dem Hüter, der dir vertraut, der auf deine Hilfe baut, dein e Gnadengaben zum Geleit! « »Amen. « »Bewahr den Heiligen Gral vor des Teufels Hand, lass uns de s Heils Vollendung sehen und gewähr der Freuden Ewigkeit ! Amen. « In das »Amen« der vier Ritter fiel das »Halleluja! Halleluja!« vo n Bismillah, der sich aufrichtete und sich nun an die Seite des alten Gralshüters begab. Abbé Villard drehte sich mit dem schwarzen Würfel in den Hän den kurz zu ihnen um. »Bevor ich den Kelch heraushole, schließt ihr besser die Augen!«, forderte er sie auf. »Weniger um vor euch verborgen zu halten, wie der geheime Mechanismus betätigt wird, um den Behälter zu öffnen, sondern mehr zum Schutz eurer Augen. Noch habt ihr nicht die Kraft und Reife langjähriger Grals hüter in euch, um der ungeheuren Leuchtkraft des Kelches ge wachsen zu sein. Und widersteht der Versuchung, die Lider auch nur einen winzigen Spalt zu öffnen. Ihr würdet auf der Stelle er blinden. Also haltet sie verschlossen – und zwar bis ihr alle die Weihe und eure Gnadengaben erhalten habt. Wenn ihr bereit seid, aus dem heiligen Kelch zu trinken, sprecht einer nach dem anderen die folgenden Worte: Herr, hier bin ich, dein Diener auf ewig! Mach mich zum Werkzeug deines heiligen Willens!«
Nacheinander wiederholten die vier Ritter, die ihre Augenlider fest aufeinanderpressten, die vorgegebenen Worte. »Herr, hier bin ich, dein Diener auf ewig! Mach mich zum Werkzeug deines heiligen Willens!« Und bei jedem zitterte die Stimme. Gerolt, der links außen in der Reihe der Freunde kniete, vermochte seiner Erregung kaum Herr zu werden. Er schluckte heftig im Bewusstsein, dass er jeden Moment den heiligen Kelch, aus dem ihr Herr und Erlöser in der Nacht vor seiner Kreuzigung getrunken hatten, an seinen Lippen spüren würde. Und was würde dann mit ihm geschehen? Wie würde der Heilige Geist über ihn kommen und ihn mit den besonderen Gnadengaben segnen, von denen der Abbé gesprochen hatte? Über die vier Elemente sollten sie dann gebieten können! Wie mochte das bloß geschehen? Er lauschte angespannt, was nur einen Schritt von ihnen entfernt am Altar geschah. Zweimal hörte er ein leises, metallisches Klicken, bei dem es sich um den geheimen Schließmechanismus des schwarzen Würfels handeln musste. Im nächsten Moment nahm er eine ungeheure Helligkeit wahr. Sie traf ihn mit einer fast schmerzhaften Gewalt, obwohl er doch den Kopf gesenkt und die Lider geschlossen hielt. »Gerolt von Weißenfels, geweihter Hüter vom Heiligen Gral! Hebe deine Hände, nimm den heiligen Kelch unseres Herrn und trink!«, sprach nun Abbé Villard ihn an. Gerolt fürchtete, die Kraft könne ihn verlassen, als er mit wild pochendem Herzen die Hände nach dem Kelch ausstreckte. Seine zitternden Finger berührten kühles, glattes Metall. Er ertastete den runden Fuß des Trinkgefäßes, ließ seine Finger vorsichtig aufwärtswandern, erfühlte den gerillten, kurzen Hals,
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