Die Bruderschaft
einer Zeitung. Ein Mitarbeiter brachte ihm Kaffee, den er trank, während er auf die Ebene von Kansas zwölf Kilometer unter ihm hinabsah. Ein anderer Mitarbeiter reichte ihm eine Notiz, die angeblich eine sofortige Antwort des Kandidaten erforderte. Lake sah sich in der Flugzeugkabine um und zählte dreizehn Menschen, die Piloten nicht eingerechnet.
Als Mann, der ein zurückgezogenes Leben gewöhnt war und noch immer seiner Frau nachtrauerte, hatte Lake mit dem völligen Fehlen von Privatsphäre zu kämpfen. Er bewegte sich immer in Begleitung einer Gruppe. Jede halbe Stunde war verplant, jeder Auftritt wurde von einem Komitee koordiniert, jedes Interview wurde vorbereitet: Er bekam schriftliche Unterlagen über die Fragen, die man ihm vermutlich stellen würde, und vorformulierte Antworten. Jede Nacht hatte er sechs Stunden für sich allein, in seinem Hotelzimmer, und selbst dort würden die Männer vom Secret Service auf dem Boden schlafen, wenn er es ihnen erlauben würde. Und jede Nacht war er vollkommen erschöpft und schlief tief und fest wie ein kleines Kind. Nur im Badezimmer konnte er ruhig nachdenken, entweder unter der Dusche oder auf der Toilette.
Aber er täuschte sich nicht: Er, Aaron Lake, der ruhige Abgeordnete aus Arizona, war über Nacht zur Sensation geworden. Er stürmte voran und der Rest stolperte ihm nach. Das große Geld floss in seine Richtung. Die Reporter hingen an seinen Lippen. Seine Worte wurden zitiert. Er hatte sehr mächtige Freunde, alles lief nach Plan und der Gedanke, dass er nominiert werden würde, war nicht unrealistisch. Noch vor einem Monat hatte davon nicht einmal geträumt.
Lake genoss den Augenblick. Der Wahlkampf war der reine Wahnsinn, aber wenn er den Job erst einmal hatte, würde er das Tempo bestimmen können. Reagan hatte täglich von neun bis fünf regiert und war weit effektiver gewesen als der arbeitswütige Carter. Wenn du erst mal im Weißen Haus bist, wird alles besser, sagte er sich immer wieder. Er musste nur all diese Leute ertragen, er musste lächelnd und schlagfertig die Vorwahlen überstehen und dann würde er sehr bald schon im Oval Office sitzen - allein, die Welt zu seinen Füßen.
Und dann würde er seine Privatsphäre haben.
Teddy saß mit York in seinem Bunker und sah die Liveübertragung vom Luftwaffenstützpunkt Andrews. Wenn es schwierig wurde, war er gern in Yorks Gesellschaft. Die Vorwürfe waren sehr hart gewesen. Man brauchte einen Sündenbock und viele der Idioten, die den Kameras nachliefen, schoben die Schuld auf die CIA, denn die war in ihren Augen ohnehin immer schuld.
Wenn sie nur wüssten.
Er hatte York schließlich von Lufkins Warnung erzählt, und York hatte vollkommen verstanden. Leider war so etwas nicht zum ersten Mal geschehen. Wenn man in der ganzen Welt für Recht und Ordnung sorgte, verlor man eine Menge Leute und Teddy und York hatten oft zusehen müssen, wie fahnengeschmückte Särge aus Transportmaschinen geladen wurden - Zeugnisse eines weiteren Debakels im Ausland. Der Wahlkampf von Aaron Lake würde Teddys letzter Versuch sein, das Leben von Amerikanern zu retten.
Ein Fehlschlag schien unwahrscheinlich. Der IVR hatte innerhalb von zwei Wochen mehr als zwanzig Millionen Dollar gesammelt und war dabei, das Geld in Washington zu verteilen. Einundzwanzig Abgeordnete waren bereit, Lakes Kandidatur zu unterstützen. Die Gesamtkosten dafür beliefen sich auf sechs Millionen. Der bislang größte Brocken war Senator Britt, der Vater des kleinen thailändischen Jungen. Als er seine Ambitionen auf das Weiße Haus aufgegeben hatte, war er mit fast vier Millionen Dollar verschuldet gewesen und hatte keinen realistischen Plan gehabt, wie er diesen Betrag zurückzahlen sollte. Das Geld folgte im Allgemeinen nicht denen, die ihre Sachen zusammenpackten und nach Hause gingen. Elaine Tyner, die Anwältin, die die Aktivitäten des IVR koordinierte, traf sich mit Senator Britt und brauchte nicht einmal eine halbe Stunde, um zu einer Vereinbarung zu kommen: Der IVR würde im Lauf von drei Jahren sämtliche durch Britts Wahlkampf entstandene Schulden tilgen und als Gegenleistung würde Britt Aaron Lakes Kandidatur lautstark unterstützen.
»Hatten wir eine Prognose, wie viele Opfer es sein würden?« fragte York.
Nach einer Weile antwortete Teddy: »Nein.«
Das Tempo ihrer Gespräche war immer gemächlich.
»Warum waren es so viele?«
»Jede Menge Alkohol. Das passiert in arabischen Ländern andauernd. Eine andere Kultur, das
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