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Die Bruderschaft

Die Bruderschaft

Titel: Die Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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parallel zum Strand verlief. Das kleine, fensterlose Postfach 4585 befand sich auf halber Höhe einer Wand mit etwa 80 anderen Postfächern, in einem Bereich, in dem nicht besonders viel Publikumsverkehr herrschte. Ned hatte das Fach inspiziert, hatte versucht, es mit Schlüsseln und Draht zu öffnen, und hatte sogar am Schalter Fragen gestellt, doch der Beamte war wenig hilfsbereit gewesen. Bevor er am ersten Tag wieder gegangen war, hatte Ned ein kurzes Stück schwarzen Faden in die untere Fuge der Tür geklemmt. Niemand sonst würde es bemerken, aber Ned würde sehen, ob Rickys Post abgeholt worden war.
    Dort drinnen war ein Brief von Ned, ein knallroter Umschlag. Er hatte ihn vor drei Tagen in Cincinnati aufgegeben und war dann nach Süden gerast. In dem Umschlag befand sich ein Scheck über 1000 Dollar, die der Junge für Künstlerbedarf brauchte. In einem seiner Briefe hatte Ned verraten, dass er früher einmal eine Galerie für moderne Kunst im Greenwich Village gehabt hatte. Das war gelogen, aber er zweifelte auch an allem, was Percy schrieb.
    Ned war von Anfang an misstrauisch gewesen. Bevor er sich auf den Briefwechsel eingelassen hatte, hatte er Erkundigungen über Laurel Ridge eingezogen, die teure Drogenklinik, in der Percy angeblich saß. Es gab dort ein Telefon, doch es war ein privater Anschluss und die Telefonauskunft war nicht berechtigt, die Nummer herauszugeben. Eine Postadresse mit Straße und Hausnummer hatte die Klinik nicht. In seinem ersten Brief hatte Percy erklärt, alles sei sehr geheim, weil dort so viele Wirtschaftsbosse und Politiker behandelt würden, die allesamt, auf die eine oder andere Art, den künstlichen Paradiesen verfallen seien. Das klang nicht schlecht. Der Junge konnte wirklich gut schreiben.
    Und er hatte ein sehr hübsches Gesicht. Darum hatte Ned ja auch geantwortet. Es verging kein Tag, an dem er nicht das Foto bewunderte.
    Die Bitte um Geld hatte ihn überrascht, und da er sich langweilte, hatte er beschlossen, nach Jacksonville zu fahren.
    Er saß weit zurückgelehnt und halb verborgen hinter dem Lenkrad seines Wagens, mit dem Rücken zur First Street und konnte die Wand mit den Postfächern und das Kommen und Gehen der Kunden gut beobachten. Es war nicht mehr als ein Versuch, aber vielleicht war er es wert. Ned benutzte ein Taschenfernglas und wurde hin und wieder von einem Passanten kritisch gemustert. Nach zwei Tagen wurde die Sache langweilig, aber je länger er wartete, desto überzeugter war er, dass sein Brief bald abgeholt würde. Bestimmt kam mindestens alle drei Tage jemand, um nachzusehen. Eine Drogenklinik mit vielen Patienten musste doch viel Post bekommen. Oder war sie bloß eine Fassade, hinter der ein Betrüger steckte, der einmal pro Woche vorbeischaute, um die Fallen zu kontrollieren?
    Der Betrüger erschien am späten Nachmittag des dritten Tages. Er parkte seinen Käfer neben Neds Wagen und schlenderte ins Postamt. Er trug eine verknitterte Khakihose, ein weißes Hemd mit Fliege sowie einen Strohhut und wirkte zerzaust wie ein Möchtegern-Strandbohemien.
    Trevor hatte eine lange Mittagspause bei Pete’s eingelegt und seinen Rausch am Schreibtisch ausgeschlafen und nun tat er sich ein bisschen um und machte seine Runde. Er steckte den Schlüssel in Postfach 4585 und zog eine Hand voll Briefe hervor. Die meisten waren Reklamesendungen, die er sogleich wegwarf, nachdem er die Umschläge auf dem Weg hinaus durchgeblättert hatte.
    Ned ließ ihn nicht aus den Augen. Die drei Tage öden Wartens hatten sich gelohnt. Er folgte dem Käfer, und als dieser anhielt und der Fahrer in ein kleines, heruntergekommenes Haus mit einer Anwaltskanzlei ging, fuhr Ned weiter, kratzte sich am Kopf und fragte sich laut: »Ein Rechtsanwalt?«
    Er fuhr immer weiter, auf dem Highway AI A, am Strand entlang, weg von Jacksonville, durch Vilano Beach und Crescent Beach und Beverly Beach und Flagler Beach, und landete schließlich in einem Holiday Inn bei Port Orange. Bevor er auf sein Zimmer ging, stattete er der Hotelbar einen Besuch ab.
    Es war nicht das erste Mal, dass er einer Erpressung nur knapp entgangen war. Genau genommen war es das zweite Mal. Auch den anderen Versuch hatte er gewittert, bevor ein ernsthafter Schaden entstanden war. Bei seinem dritten Martini schwor er sich, dass dies das letzte Mal gewesen sein sollte.

DREIZEHN
    Am Tag vor den Vorwahlen in Arizona und Michigan setzte Lakes Truppe eine Medienkampagne in Gang, wie es sie bei einem

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