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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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sagte Oberst Nicholson. »Ich hätte daran schon früher denken sollen . Die Japaner und wir müssen uns zusammensetzen. Eine gemeinsame Besprechung ist notwendig, um die Rolle und die Verantwortlichkeiten eines jeden einzelnen festzulegen . Eine gemeinsame Lagebesprechung, das ist es. Ich werde noch heute mit Saito darüber sprechen.«

3
    Die gemeinsame Lagebesprechung fand ein paar Tage später statt. Saito hatte nicht ganz genau begriffen, worum es sich eigentlich handelte, hatte aber eingewilligt, daran teilzunehmen, ohne zu wagen, nach zusätzlichen Erklärungen zu fragen, aus Furcht, sich zu blamieren, wenn er den Eindruck machte, daß er über die Bräuche einer Zivilisation, die er haßte, die ihn aber gegen seinen Willen beeindruckte, nicht Bescheid wisse.
    Oberst Nicholson hatte eine Liste der zu besprechenden Fragen aufgestellt und wartete, umgeben von seinen Offizieren, in der langen Baracke, die als Speisesaal diente. Saito kam, begleitet von seinem Ingenieur, einigen Leibwachen und drei Hauptleuten, die er mitgebracht hatte, um sein Gefolge zu vergrößern, obwohl sie nicht ein einziges Wort Englisch verstanden. Die britischen Offiziere erhoben sich und standen stramm. Der Oberst grüßte vorschriftsmäßig.
    Saito schien aus dem Geleis gebracht. Er war in der Absicht gekommen, seine Autorität zu festigen, und fühlte sich bereits sichtlich vor diesen mit einer traditionellen und würdevollen Korrektheit erwiesenen Ehrenbezeigungen in den Zustand der Minderwertigkeit gedrängt.
    Es herrschte ein langes Schweigen, während dessen Oberst Nicholson den Japaner, dem selbstverständlich von Rechts wegen der Vorsitz zukam, fragend anblickte. Die Besprechung ließ sich ohne Vorsitzenden nicht denken. Die abendländischen Sitten und deren Höflichkeit verlangten von dem Obersten, daß er abwartete, bis der andere die Sitzung für eröffnet erklärt hatte. Doch Saito fühlte sich mehr und mehr unbehaglich und ertrug nur mit Mühe die Tatsache, daß er die Hauptperson unter den Anwesenden war. Die Umgangsformen der zivilisierten Welt ließen ihn klein werden. Vor seinen Untergebenen konnte er nicht zugeben, daß sie ihm rätselhaft waren, und die Furcht, er könne einen Schnitzer begehen, wenn er das Wort ergriff, hatte ihn völlig gelähmt. Der kleine japanische Ingenieur wirkte noch unsicherer.
    Saito machte eine beträchtliche Anstrengung, um sich wieder zu fangen. In schlechtgelauntem Ton fragte er Oberst Nicholson, was er zu sagen habe. Er war darauf verfallen, weil er glaubte, sich hiermit am wenigsten zu kompromittieren. Als er sah, daß er nicht imstande sein werde, etwas herauszubringen, entschied sich der Oberst, zu handeln und die Worte auszusprechen, auf die die englischen Teilnehmer in wachsender Beklemmung und schon fast ohne Hoffnung warteten. Er begann mit den Worten »gentlemen« und erklärte die Sitzung für eröffnet, worauf er mit einigen Worten sein Ziel erläuterte, das darin bestehe, eine angemessene Organisation für den Bau einer Brücke über den Kwai-Fluß auf die Beine zu stellen und in großen Zügen ein Aktionsprogramm festzulegen, in dem die Verantwortlichkeiten eines jeden einzelnen genau umrissen waren. Clipton, der ebenfalls anwesend war – der Oberst hatte ihn rufen lassen, denn auch ein Arzt hatte sich über die Punkte einer allgemeinen Organisation zu äußern –, bemerkte, daß sein Chef sein ganzes stattliches Aussehen und sein ungezwungenes Benehmen in einem solchen Grade wiedergefunden hatte, daß Saitos Verlegenheit immer größer wurde.
    Nach einer kurzen und mustergültigen Einleitung kam der Oberst zur Sache und brachte den ersten wichtigen Punkt zur Sprache.
    »Vor allen Dingen, Oberst Saito, müssen wir über die Stelle sprechen, an der die Brücke gebaut werden soll. Ich glaube, daß sie ein wenig überstürzt festgelegt worden ist und daß es jetzt notwendig erscheint, sie zu verlegen. Wir haben dafür eine Stelle in Aussicht genommen, die ungefähr eine Meile von hier stromabwärts liegt. Das bedingt natürlich eine zusätzliche Verlängerung der Eisenbahnlinie. Es wird auch vorzuziehen sein, das Lager zu verlegen und neue Baracken in der Nähe der Baustelle zu errichten. Ich glaube indessen, daß wir damit nicht zögern dürfen.«
    Saito stieß ein rauhes Knurren aus, und Clipton glaubte schon, daß er wieder der Wut nachgeben werde. Es war leicht, sich seine seelische Verfassung vorzustellen. Die Zeit verrann. Mehr als ein Monat war vergangen, ohne daß

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