Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
Vom Netzwerk:
Nr. 10.«
    »Die kommt in Betracht, aber sie liegt in Burma, wo wir nicht das Einverständnis der eingeborenen Partisanen besitzen. Darüber hinaus ...«
    »Die dritte«, sagte Joyce überstürzt, ohne sich darüber klarzuwerden, daß er seinem Chef das Wort abschnitt, »die dritte ist die Brücke am Kwai-Fluß. Sie bietet keinen dieser Nachteile. Der Fluß hat eine Breite von vierhundert Fuß und strömt zwischen hohen, abschüssigen Böschungen dahin. Sie liegt nur zwei oder drei Tagesmärsche von unserem Dorf entfernt. Die Gegend ist so gut wie unbewohnt und vom Dschungel bedeckt. Man kann sich ihr nähern, ohne bemerkt zu werden, und sie von einem Berg aus überschauen, von wo man eine Sicht über das ganze Tal hat. Sie ist sehr weit von jedem wichtigen Zentrum entfernt. Die Japaner gehen bei ihrem Bau mit besonderer Sorgfalt vor. Sie ist viel größer als sämtliche anderen Brücken und besitzt vier Reihen Brückenpfeiler. Es ist das beachtlichste Bauwerk der ganzen Strecke und hat die beste Lage.«
    »Sie scheinen die Berichte unserer Agenten gut studiert zu haben«, bemerkte Shears.
    »Sie sind sehr klar, Sir. Mir persönlich scheint, daß die Brücke…«
    »Ich gebe zu, daß die Brücke am Kwai-Fluß Interesse verdient«, sagte Shears und beugte sich über die Karte. »Für einen Anfänger haben Sie kein allzu schlechtes Urteilsvermögen. Oberst Green und ich selber haben diesen Übergang bereits angekreuzt. Aber unsere Auskünfte sind noch nicht genau genug; außerdem kann es andere Punkte geben, wo die Aktion noch günstiger wäre… Und in welchem Stadium befindet sich die Herstellung dieser berühmten Brücke, Joyce, da Sie doch so darüber reden, als hätten Sie sie gesehen?«

6
    Die Bauarbeiten waren auf dem richtigen Wege. Der englische Soldat ist von Natur aus ein Arbeitsmensch und nimmt ohne zu murren eine strenge Disziplin in Kauf, vorausgesetzt, daß er Vertrauen zu seinen Vorgesetzten hat und daß er bei Beginn jedes Tages eine Möglichkeit sieht, sich körperlich so zu verausgaben, daß das Gleichgewicht seiner Nerven gesichert ist.
    Im Lager am Kwai-Fluß zollten die Soldaten dem Oberst Nicholson ihre ganze Hochachtung. – Wer hätte das nach seinem heldenmütigen Widerstand nicht getan? – Andererseits war das auferlegte Arbeitssoll nicht derart, daß es zu innerer Auflehnung berechtigt hätte. Deswegen hatten sie sich nach einer kurzen Zeit des Zögerns, während der sie sich bemühten, die wirklichen Absichten ihres Chefs zu ergründen, ernsthaft an die Arbeit gemacht, voller Begier, ihre Geschicklichkeit im Brückenbau zu beweisen. Denn den Beweis ihrer Begabung im Sabotieren hatten sie geliefert. Oberst Nicholson hatte übrigens jede Möglichkeit eines Mißverständnisses zerstreut, indem er zuerst eine Ansprache gehalten hatte, in der er ihnen sehr deutlich auseinandersetzte, was er von ihnen erwartete. Und danach hatte er strenge Strafen über einige Widerspenstige verhängt, die das nicht ganz begriffen. Diese hegten keinen Groll, denn die Strafen schienen ihnen berechtigt.
    »Ich kenne die Jungens besser als Sie, glauben Sie mir«, sagte eines Tages der Oberst zu Clipton, der gewagt hatte, gegen ein Arbeitssoll zu protestieren, das seiner Meinung nach zu hart war für unzureichend ernährte und in schlechtem Gesundheitszustand befindliche Männer.
    »Ich habe dreißig Jahre dazu gebraucht, sie kennenzulernen. Nichts ist schlechter für die Moral als die Untätigkeit, und ihr körperlicher Zustand hängt in weitem Maße von ihrer Moral ab. Eine Truppe, die sich langweilt, ist schon von vornherein eine geschlagene Truppe, Clipton. Lassen Sie die Leute nur einmal einschlafen, dann werden Sie sehen, daß sich bei ihnen eine ungesunde Geisteshaltung entwickelt. Füllen Sie dagegen jede Minute ihres Tages mit einer ermüdenden Arbeit aus, dann sind gute Laune und Gesundheit gesichert.«
    »Arbeitet freudig«, murmelte Clipton perfide. »Das ist doch die Devise des Generals Yamashita.«
    »Und sie ist gar nicht so dumm, Clipton. Wir dürfen nicht zögern, uns einen Grundsatz des Gegners zu eigen zu machen, wenn er gut ist . Wenn es hier keine Arbeit gäbe, dann würde ich für die Leute eine erfinden. Und gerade dafür haben wir die Brücke.«
    Clipton fand keine Formulierung, die seinen Seelenzustand hätte ausdrücken können, und begnügte sich damit, stumpfsinnig zu wiederholen:
    »Jawohl, wir haben die Brücke.«
    Im übrigen waren die englischen Soldaten ganz von selber einer Haltung

Weitere Kostenlose Bücher