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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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ist allerdings schwierig, darüber darf man sich keine Illusionen machen, aber er ist möglich und gewiß lohnend. Die Wälder sind dicht. Der Fluß ist breit.
    Die Brücke führt hoch über den tief unten liegenden Fluß hinweg. Die Uferböschungen sind steil…«
    »Fangen Sie ganz von vorn an«, sagte Shears, »oder wollen Sie lieber erst duschen?«
    »Ich bin nicht müde, Sir.«
    »Lassen Sie ihn doch«, knurrte Warden. »Sehen Sie denn nicht, daß er reden muß und das viel nötiger hat als Ruhe?«
    Shears lächelte. Es war deutlich zu sehen, daß Joyce ebenso ungeduldig war, seinen Bericht abzugeben, wie er selber es war, ihn anzuhören. Sie machten es sich gegenüber der Wandkarte so bequem wie möglich. Warden hielt, umsichtig wie immer, seinem Kameraden ein zweites Glas hin. In dem benachbarten Raum hatten sich die beiden thailändischen Partisanen, die dem jungen Mann als Führer gedient hatten, umgeben von einigen Dorfbewohnern, auf den Boden gekauert. Sie hatten bereits begonnen, mit leiser Stimme von ihrem Erkundungsmarsch zu erzählen, und schmeichelhafte Bemerkungen über das Verhalten des Weißen gemacht, den sie begleitet hatten.
    »Der Hinmarsch ist ein wenig ermüdend gewesen, Sir«, fing Joyce an. »Drei Nachtmärsche im Dschungel, und auf was für Wegen! Aber die Partisanen haben sich bewundernswert gehalten. Sie haben mich, wie sie es versprochen hatten, auf die Spitze eines Berges auf dem linken Flußufer geführt, von wo aus man einen Blick über das ganze Tal, das Lager und die Brücke hat. Ein idealer Beobachtungsposten.«
    »Ich hoffe, daß Sie nicht gesehen worden sind? Wie?«
    »Da ist keine Gefahr, Sir. Wir sind nur nachts marschiert, und zwar in einer solchen Dunkelheit, daß ich dauernd meine Hand auf der Schulter eines der Führer halten mußte.
    Am Tag haben wir im Dickicht gerastet, das undurchdringlich genug ist, um alle Neugierigen fern zu halten. Die Gegend ist im übrigen eine solche Wildnis, daß dies gar nicht notwendig gewesen wäre. Wir haben, bis wir an unserem Bestimmungsort ankamen, keine Menschenseele zu sehen bekommen.«
    »Gut«, sagte Shears, »reden Sie weiter.«
    Ohne daß man es ihm ansah, prüfte »Number One«, während er zuhörte, sorgfältig das Verhalten des Aspiranten Joyce und bemühte sich, die Meinung zu präzisieren, die er angefangen hatte, sich über ihn zu bilden. Diese Erkundigung hatte in seinen Augen doppelten Wert, denn sie gestattete ihm, sich ein Urteil über die Eigenschaften seines jungen Gefährten zu bilden, wenn er sich selbst überlassen war.
    Der erste Eindruck nach seiner Rückkehr war günstig gewesen. Ein günstiges Vorzeichen war ebenfalls das befriedigte Gesicht der eingeborenen Führer. – Shears wußte, daß man diese unwägbaren Momente nicht außer acht lassen durfte. – Gewiß, Joyce war ein wenig überreizt durch das, was er gesehen und was er zu berichten hatte. Dabei spielte auch die Reaktion eine Rolle, die bei ihm die verhältnismäßig friedliche Atmosphäre ihres Quartiers ausgelöst hatte, in das er nach der Aufregung durch die vielfältigen Gefahren zurückgekommen war. Er schien indessen hinreichend Herr seiner selbst zu sein.
    »Die Thailänder haben uns nicht getäuscht, Sir. Es ist wahrhaftig eine schöne Leistung, diese Brücke…«
     
    Der Zeitpunkt, den großen Schlag zu führen, rückte in dem Maße näher, wie die beiden Schienenstränge auf dem unter tausend Leiden von den alliierten Kriegsgefangenen erbauten Bahndamm in Burma und Thailand immer länger wurden. Shears und seine beiden Gefährten hatten Tag für Tag das Fortschreiten der Linie verfolgt. Joyce brachte Stunden damit zu, seinen Plan nach den letzten Nachrichten zu vervollständigen und zu verbessern. Jede Woche zeichnete er mit einem roten Strich einen beendigten Abschnitt ein. Der Strich verlief jetzt fast ohne Unterbrechung von Bangkok bis nach Rangun. Die besonders interessanten Übergänge waren durch Kreuze gekennzeichnet. Die Eigenart aller dieser Bauten war laufend auf sorgfältig geführten Karteikarten von Warden, der einen besonderen Hang zur Ordnung besaß, festgehalten worden.
    Ihre Kenntnis der Eisenbahnstrecke war so immer vollständiger und genauer geworden, weswegen sie sich unwiderstehlich zu der Brücke über den Kwai-Fluß hingezogen fühlten, die sich durch eine Unzahl von interessanten Momenten von Anfang an ihrer Aufmerksamkeit aufgedrängt hatte. Sie waren bei ihrem besonders auf Brücken gerichteten Blick von dieser

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