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Die Brücke am Kwai

Die Brücke am Kwai

Titel: Die Brücke am Kwai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Boulle
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ungewöhnlichen Fülle von Umständen hypnotisiert worden, die für die Ausführung des Planes, den sie ganz mechanisch zu entwerfen begonnen hatten, günstig waren, eines Planes, der eine Mischung von Genauigkeit und Phantasie war, wie sie die Tätigkeit der »Plastic & Destructions Co. Ltd.« kennzeichnete. So hatten sie nach und nach, von Instinkt und Vernunft getrieben, die ganze Kraft ihres Ehrgeizes und ihre Hoffnungen auf die Brücke am Kwai-Fluß und auf keine andere konzentriert. Die anderen waren genauso gewissenhaft untersucht und auf ihre Vorteile hin besprochen worden, aber diese hatte sich ihnen am Schluß ganz natürlich und folgerichtig als das selbstverständliche Ziel ihres Unternehmens aufgedrängt. Der große Schlag, anfänglich ein verschwommener, abstrakter Begriff und nur als Traummöglichkeit vorhanden, hatte sich zu einem festen, im Raum befindlichen, endlich verwundbaren Körper verdichtet, der wie alle Werke von Menschenhand der Berührung, dem Verfall und vor allem der Zerstörung ausgesetzt war.
    »Das ist keine Arbeit für die Luftwaffe«, hatte Shears gesagt. »Eine Holzbrücke läßt sich nicht leicht aus der Luft zerstören. Die Bomben zerstören, wenn sie das Ziel erreichen, zwei oder drei Brückenbogen. Die anderen werden nur erschüttert. Die Japse machen den Schaden provisorisch wieder gut, in dieser Kunst sind sie Meister. Wir aber, wir können nicht nur die Brücke sprengen, nicht nur die Pfeiler in Höhe des Wasserspiegels zerschlagen, sondern auch noch in dem Augenblick, in dem ein Zug darüber fährt, die Explosion auslösen. Und dann stürzt der ganze Transport in den Fluß hinunter, richtet unersetzliche Schäden an, so daß auch nicht ein Pfosten mehr zu verwenden ist. Ich habe das einmal in meiner Laufbahn erlebt. Mehrere Wochen lang war der Verkehr unterbrochen. Und das war in einem zivilisierten Land, in dem der Feind imstande war, Hebegerät heranzuholen. Hier aber, das sage ich Ihnen, müssen die Leute die Strecke verlegen und die ganze Brücke neu wieder aufbauen. Ganz zu schweigen davon, daß sie einen Zug mit seiner ganzen Ladung verloren haben. Ein höllisches Schauspiel! Ich sehe es vor mir.«
    Alle drei sahen dies bewundernswerte Schauspiel vor Augen. Der große Schlag hatte jetzt einen festgefügten Rahmen, mit dem die Phantasie sich beschäftigen konnte.
    Eine Folge von Bildern bevölkerte, abwechselnd dunkel oder farbig, den Schlaf von Joyce. Die ersten waren im Zusammenhang mit der vorbereitenden Arbeit in Dunkel getaucht; die anderen endeten schließlich in einem so strahlenden Gemälde, daß er darin die geringfügigsten Einzelheiten mit außerordentlicher Genauigkeit unterschied; da war der Zug, der sich über dem Abgrund dahinbewegte, in dessen Tiefe der Kwai-Fluß zwischen zwei dichten Dschungelmassen schimmernd dahinzog. Seine eigene Hand hielt einen Hebel umkrampft. Seine Augen blickten starr auf einen in der Mitte gelegenen, bestimmten Punkt. Der Abstand zwischen der Lokomotive und diesem Punkt verringerte sich schnell. Man mußte im richtigen Moment den Hebel niederdrücken… Jetzt waren es nur noch einige Fuß Breite, dann nurmehr ein Fuß… ohne zu zögern senkte sich seine Hand im richtigen Augenblick.
    »Sir«, hatte er eines Tages unruhig gesagt, »wenn sich nur die Flieger nicht vor uns einmischen!«
    »Ich habe bereits eine Meldung abgeschickt mit der Bitte, daß sie hier nicht eingreifen«, hatte Shears geantwortet. »Ich hoffe, daß sie uns in Ruhe lassen werden.«
    Während dieser Wartezeit waren unzählige Nachrichten über die Brücke gesammelt worden, die Partisanen von einem benachbarten Berg aus für sie ausspionierten, denn sie selber hatten sich der Brücke noch nicht genähert, weil sie befürchteten, die Anwesenheit eines Weißen in der Gegend könnte bekannt werden. Hundertmal war ihnen die Brücke beschrieben und sogar von den geschicktesten Agenten im Sande aufgezeichnet worden. Von ihrem Versteck aus hatten sie sämtliche Stadien des Brückenbaus verfolgt, voller Staunen über die Ordnung und die dabei eingehaltene ungewöhnliche Systematik, die sämtliche Bewegungen zu regeln schienen und die sich aus allen Berichten deutlich erkennen ließen. Sie hatten sich daran gewöhnt, aus all dem Geschwätz, das ihnen vorgetragen wurde, die Wahrheit herauszufinden. Sie hatten schnell ein an Bewunderung grenzendes Gefühl aus den Berichten der Thailänder herausgespürt. Diese waren nicht in der Lage, die geschickte Technik des

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