Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
schüttelt es vor
mir aus, wischt sich die Nase an dem Taschentuch, das er mir
abgenommen hat, als ich gefangengenommen wurde. Zieh es an, sagt
er.
    Das Schwein liegt bäuchlings auf dem Bett, grunzt und quiekt.
Seine Beine sind mit Stricken an die vier Bettpfosten gebunden.
Parfumgeruch hängt in der Luft. Zieh das an, sagt der
Feldmarschall zu mir. Er steckt mein Taschentuch weg. Ich ziehe das
Kleid an. Das Schwein grunzt.
    Der Feldmarschall zieht sich aus und wirft seine Uniform in eine
alte Truhe. Er nimmt ein großes Maschinengewehr von einem mit
Büchern bedeckten Tisch und drückt es mir in die Hand. Er
hält einen langen Patronengurt hoch, als sei er ein dickes
goldenes Halsband, das ich zu meinem langen schwarzen Kleid anlegen
soll. Sieh dir diese Kugeln an (ich sehe mir die Kugeln an), es sind
keine Platzpatronen, siehst du? Sieh, wie sehr ich dir vertraue, Ore.
Tu du nur, was ich dir sage, rät der Feldmarschall mir. Sein
breites Gesicht ist in Schweiß gebadet, sein Atem stinkt.
    Ich soll ihm das Maschinengewehr zwischen die Hinterbacken bohren,
während er das Schwein besteigt, das ist es, was er will. Er ist
bereits erregt, allein von dem Gedanken. Er bedeckt eine Hand mit
Waffenöl, reibt sich das Glied ein und klettert auf das Bett
über das quietschende Schwein, das er mit seiner öligen
Hand zwischen seine Beine schubst. Ich stehe am Fuß des Bettes,
das Maschinengewehr bereit.
    Ich verabscheue diesen Mann. Aber keiner von uns beiden ist dumm.
Es waren schwache, regelmäßige Kerben auf den
Messingpatronen; sie sind mit einem Schraubenschlüssel
geöffnet und ihres Pulvers beraubt worden. Wahrscheinlich hat
man die Zündplättchen auch entfernt.
    Neben dem Kopf des Schweins liegt ein Kissen. Der Feldmarschall
senkt sich auf das Tier nieder; sie grunzen beide, als er eindringt.
Eine seiner Hände ruht dicht neben dem Kissen. Darunter liegt
eine zweite Waffe, vermute ich.
    »Jetzt«, ächzt er. Ich fasse den Lauf des
Maschinengewehrs mit beiden Händen, hebe es über den Kopf
und haue es, ohne abzusetzen, wie einen Schmiedehammer auf den Kopf
des Feldmarschalls. Meine Hände, meine Arme und meine Ohren
sagen mir eher als meine Augen, daß er tot ist. Ich habe noch
nie zuvor gespürt oder gehört, wie ein Schädel
zerschmettert wird, aber das Signal kam unmißverständlich
durch das Metall des Maschinengewehrs und die parfümierte Luft
des Zimmers.
    Der Körper des Feldmarschalls bewegt sich noch, aber nur,
weil das Schwein unter ihm zappelt. Ich sehe unter dem Kissen nach,
auf dem sich Menschenblut und Schweinespeichel vermischen, und finde
dort ein langes, sehr scharfes Messer. Ich nehme es und öffne
die Truhe, in die der Feldmarschall seine Uniform gelegt hat. Ich
nehme den Revolver mit dem Perlmuttgriff und Munition,
überprüfe, daß die Tür verschlossen ist, und
ziehe meine Kellneruniform wieder an. Ich schlüpfe in einen der
langen Mäntel des Feldmarschalls. Dann trete ich an das
Fenster.
    Der rostige Rahmen quietscht, aber nicht so laut wie das Schwein.
Ich habe beide Füße auf dem Fenstersims, als mir das
Taschentuch einfällt. Ich nehme auch das aus der Uniform des
toten Mannes.
    Die Stadt ist dunkel, und die verwirrten, umherirrenden Menschen,
die sie bewohnen, rennen in Deckung, als ich leise durch die Ruinen
laufe.

 
Pliozän

----
     
     
    SIE KAM ZURÜCK. Mrs. Cramond, kleiner und älter
aussehend, ebenfalls. Er hatte erwartet, Mrs. Cramond werde das Haus
verkaufen, aber das tat sie nicht. Statt dessen zog Andrea zu ihr und
verkaufte die Wohnung in Comely Bank, die in den letzten Jahren an
Studenten vermietet gewesen war. Mutter und Tochter kamen
bemerkenswert gut miteinander aus. Das Haus war gewiß
groß genug für beide. Sie verkauften das große
Souterrain als abgeschlossene Wohnung.
    Es war eine schöne Zeit, die Zeit nach ihrer Rückkehr.
Er hatte aufgehört, sich Sorgen um seine kahle Stelle zu machen,
in der Arbeit ging alles gut – er dachte immer noch darüber
nach, ob er sich mit den beiden anderen selbständig machen solle
–, und sein Vater war anscheinend an der Westküste recht
glücklich. Der alte Herr verbrachte seine Zeit
größtenteils in einem Club für Pensionäre, wo er
offenbar die Aufmerksamkeit mehrerer Witwen auf sich zog (nur nach
hartnäckigem Sträuben ließ er sich überreden,
über ein Wochenende nach Edinburgh zu kommen, und einmal da, sah
er ständig auf die Uhr und beschwerte sich, er komme um das
Kartenspiel mit den Jungs oder das Bingo oder die

Weitere Kostenlose Bücher