Die Brücke
ungezielten
Gewehrfeuers. Ich fühlte den Zug beben. Dann übertönte
ein fürchterlicher Knall jedes andere Geräusch, das Zischen
der Lava, die den See in Dampf verwandelte, das Knattern der Gewehre,
das Trommeln der kleinen Steine auf Wände und Dach. Der ganze
Wagen legte sich auf die Seite, schleuderte mich gegen das Fenster
und dann auf den Rücken. Die Lampen flackerten und gingen aus.
Ein lautes Brechen und Knirschen schien aus allen Richtungen
gleichzeitig zu kommen, und die sich verbiegenden Flächen von
Dach und Wänden schlugen mich zwischen sich hin und her wie
einen Ball.
Später entdeckte ich, daß sich der Wagen vom Rest des
getroffenen Zuges losgerissen hatte und die Geröllhalde hinunter
auf das kochende Wasser des Sees zugerollt war. Die Männer des
Feldmarschalls, die raubend und mordend ihren Weg durch die Wagen
nahmen, trafen mich in dem Wrack an – das sagen sie jedenfalls,
doch ich traue ihnen jede Lüge zu –, wie ich vor mich
hinbrabbelnd versuchte, den Kopf des Chief Stewards wieder auf das zu
setzen, was von seinen Schultern übrig war. Ich hatte ihm einen
Apfel in den Mund gesteckt.
Wieder rettete mich die Sprache. Die Männer bedienten sich
der gleichen wie ich; sie brachten mich zu dem Feldmarschall. Er war
in einem kleinen Zug ein Stück weiter vorn.
Der Feldmarschall ist sehr groß und schwer mit
unproportioniert langen Beinen und einem großen Hinterteil. Er
hat ein breites, rundes Gesicht und glattes, schwarzgefärbtes
Haar. Er bevorzugt bombastische Uniformen mit viel Lametta. Als ich,
immer noch halb bewußtlos, vor ihn gebracht wurde, saß er
in seinem Wagen an einem Schreibtisch, hörte Radiomusik und
aß kristallisierte Quitten von einem kleinen Teller. Er fragte
mich, woher ich käme. Ich habe eine vage Erinnerung, daß
ich ihm die Wahrheit sagte, die er außerordentlich komisch
fand. Du sollst mein Kammerdiener werden, sagte er zu mir. Ich liebe
eine gute Geschichte beim Dinner. Ich wurde in einem der Wagen in
eine kleine Zelle eingesperrt, während die Männer des
Feldmarschalls mit dem Plündern und Töten weitermachten.
Als ich durchsucht wurde, nahm man mir mein Taschentuch weg. Ein paar
Tage später sah ich, wie der Feldmarschall sich die Nase damit
putzte.
Ich sah die blutbespritzten irregulären Truppen des
Feldmarschalls von meinem alten Zug zurückkommen, beladen mit
Waffen und Wertsachen. Wind kam auf und bewegte den Dampf in dem
Kessel, den das Tal darstellte. Der See war beinahe trocken. Lava und
Gletscher hatten sich schließlich in einer Reihe schrecklicher
Explosionen, die Eis- und Felsbrocken Hunderte von Fuß in die
Luft schleuderten, verbunden. Unser kleiner Zug entfloh ratternd und
klappernd dem Wrack auf dem Gleis hinter uns und der elementaren
Katastrophe.
Der Zug des Feldmarschalls war kürzer und weniger gut
ausgestattet als der, den seine Männer überfallen hatten.
Wir fuhren nur des Nachts, es sei denn, wir hatten eine dichte
Wolkendecke, versteckten uns während des Tages in Tunneln oder
überzogen den Zug mit Tarnnetzen. In den ersten paar Tagen
herrschte in dem Zug eine gespannte Stimmung, aber obwohl wir einem
angreifenden Tiefflieger nur knapp entkamen und zu der
haarsträubenden Überquerung eines großen, gekurvten
Viadukts gezwungen waren, der, bereits beschädigt, unter
fortgesetztem schweren Artillerie-Feuer lag, entspannte sich die
Atmosphäre unter dem in zusammengesuchte Uniformteile
gekleideten Abschaum sichtlich, je weiter wir uns vom Schauplatz des
Überfalls entfernten.
Die Vulkantätigkeit nahm ebenfalls ab. Jetzt verrieten nur
noch Fumerolen und Geysire und kleine Seen mit blubberndem Schlamm
das Feuer in der Tiefe des gefrorenen Landes.
Der Feldmarschall in seiner Aufgeblasenheit brachte das Dutzend
Schweine, das er besaß, in feinen Staatswagen unter,
während er seine menschlichen Gefangenen in zwei dreckige
Viehwagen am Ende des Zuges steckte. Die Schweine badeten jede Woche
in dem privaten Whirlpool-Bad des Feldmarschalls, das einen
großen Teil seines eigenen Wagens einnahm. Zwei Soldaten waren
für dauernd zur Schweinepflege abkommandiert. Sie hielten die
Nester aus Laken und Decken, die die Betten der Tiere darstellten,
sauber, brachten ihnen ihre Mahlzeiten – sie bekamen das gleiche
Essen wie wir übrigen – und sorgten im allgemeinen für
ihr Wohlergehen.
Ein verhältnismäßig alltägliches Vorkommnis
war es, daß gefangene Soldaten in Tümpel mit kochendem
Schlamm geworfen wurden, und sie taten es
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