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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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hörte das mit einem feinen Lächeln und ordnete schließlich an, die Aussage, wohin Dmitri Fjodorowitsch kommen würde, solle in die Akten aufgenommen werden.
    Kalganow erschien mit angewiderter Miene und benahm sich mürrisch und launisch; mit dem Staatsanwalt und mit Nikolai Parfjonowitsch redete er so, als sähe er sie zum erstenmal im Leben, während er doch schon seit langer Zeit mit ihnen bekannt und täglich mit ihnen zusammengekommen war. Er begann mit der Erklärung, er wisse gar nichts und wolle auch gar nichts wissen. Aber das von dem sechsten Tausend hatte er gehört, wie sich herausstellte, und er gab zu, daß er in jenem Augenblick neben Mitja gestanden hatte. Nach seiner Ansicht hatte Mitja »ich weiß nicht wieviel« Geld bei sich gehabt. Die Frage, ob die Polen beim Kartenspiel betrogen hätten, bejahte er. Auch erklärte er auf wiederholte Fragen, nachdem die Polen hinausgejagt worden waren, habe sich das Verhältnis zwischen Mitja und Agrafena Alexandrowna tatsächlich gebessert, und sie habe selbst gesagt, daß sie ihn liebe. Über Agrafena Alexandrowna äußerte er sich zurückhaltend und respektvoll, wie über eine Dame aus der besten Gesellschaft; er erlaubte sich sogar kein einziges Mal, sie Gruschenka zu nennen. Obgleich der junge Mann seine Aussagen nur mit sichtlichem Widerwillen machte, verhörte Ippolit Kirillowitsch ihn lange und erfuhr erst von ihm viele Einzelheiten über den »Roman« Mitjas in dieser Nacht; Mitja unterbrach die Aussage nicht ein einziges Mal. Endlich entließ man den jungen Mann, und er entfernte sich mit unverhohlenem Unwillen.
    Auch die Polen wurden vernommen. Sie hatten sich in ihrem Zimmer zwar hingelegt, waren aber die ganze Nacht nicht zum Schlafen gekommen und hatten sich nach der Ankunft der Amtspersonen schnell wieder angezogen und zurechtgemacht, da sie sich selbst sagten, daß man sie unweigerlich vorladen würde. Sie erschienen mit großer Würde, wiewohl nicht ohne einige Furcht. Der Höherstehende von ihnen, der kleine Herr, erwies sich als Beamter zwölfter Klasse außer Dienst; er war in Sibirien als Tierarzt angestellt gewesen und hieß Mussialowicz. Pan Wroblewski, stellte sich heraus, war privat praktizierender Dentist. Obwohl Nikolai Parfjonowitsch die Fragen an sie richtete, wandten sie sich beide mit ihren Antworten an Michail Makarowitsch, den sie wegen seiner Uniform aus Unkenntnis für die Hauptperson des Ganzen hielten; sie nannten ihn dauernd »Pan Oberst«. Und erst nach mehreren Fragen und nachdem Michail Makarowitsch selbst sie belehrt hatte, merkten sie, daß sie sich mit ihren Antworten ausschließlich an Nikolai Parfjonowitsch zu wenden hatten. Es zeigte sich, daß sie recht gut russisch konnten, abgesehen höchstens von der Aussprache einiger Wörter. Über seine früheren und jetzigen Beziehungen zu Gruschenka ließ sich Pan Mussialowicz so stolz aus, daß Mitja sofort außer sich geriet und schrie, er erlaube diesem Schuft nicht, in seiner Gegenwart so zu sprechen! Pan Mussialowicz lenkte die Aufmerksamkeit des Untersuchungsrichters sofort auf das Wort »Schuft« und bat ihn, dies in das Protokoll aufzunehmen. Mitja schäumte vor Wut.
    »Und er ist doch ein Schuft! Schreiben Sie es nur hin! Und schreiben Sie auch, daß ich trotz des Protokolls laut schreie, daß er ein Schuft ist!« schrie er.
    Obgleich Nikolai Parfjonowitsch dies ins Protokoll aufnehmen ließ, bewies er bei diesem unangenehmen Vorfall dennoch viel Sachkenntnis und große Geschicklichkeit im Verfahren. Nachdem er Mitja streng ermahnt hatte, brach er sogleich alle weiteren Fragen über die »romantische« Seite der Sache ab und ging schnellstens zu den sachlich wichtigen Dingen über. Als sachlich wichtig aber erschien den beiden Beamten die Aussage der Polen, daß Mitja in jenem Nebenzimmer versucht habe, Herrn Mussialowicz mit dreitausend Rubeln Abstandsgeld zu kaufen, und zwar mit siebenhundert Rubeln sofort in bar, während er die restlichen zweitausenddreihundert »morgen früh in der Stadt« erhalten sollte, wobei er sein Ehrenwort gegeben und erklärt habe, er habe hier in Mokroje zur Zeit nicht so viel Geld bei sich. Mitja bemerkte zuerst hitzig, er habe nicht gesagt, daß er das Geld bestimmt am nächsten Tag in der Stadt auszahlen werde. Pan Wroblewski aber bestätigte diese Aussage, und Mitja gab nach kurzem Überlegen schließlich mit finsterer Miene zu, daß es wahrscheinlich so war, wie die Polen sagten. Er sei damals sehr aufgeregt gewesen, und es

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