Die Brüder Karamasow
verjubelten Geldes zu renommieren ... Vielleicht um dieses eingenähte Geld zu vergessen ... ja, genau das war der Grund ... Zum Teufel, wie oft legen Sie mir diese Frage vor? Na, ich habe eben geschwindelt, und damit gut. Und nachdem ich einmal geschwindelt hatte, wollte ich es nicht wieder korrigieren. Warum schwindelt der Mensch manchmal?«
»Das ist schwer zu entscheiden, Dmitri Fjodorowitsch, warum ein Mensch schwindelt«, erwiderte der Staatsanwalt nachdrücklich. »Sagen Sie, war dieses Säckchen, wie Sie das nennen, was Sie am Hals trugen, groß?«
»Nein, es war nicht groß.«
»Von welcher Größe ungefähr?«
»Wenn man einen Hundertrubelschein einmal zusammenknifft, so groß.«
»Das beste wäre, wenn Sie uns die Lappen zeigen würden. Sie werden sie doch irgendwo haben.«
»Ach, zum Teufel ... Was sind das für Dummheiten ... Ich weiß nicht, wo sie sind.«
»Erlauben Sie noch eine Frage. Wo und wann haben Sie das Säckchen von Ihrem Hals genommen? Sie sind ja, wie Sie selbst angeben, nicht in Ihrer Wohnung vorbeigegangen?«
»Als ich von Fenja kam und zu Perchotin ging, da habe ich es mir unterwegs vom Hals gerissen und das Geld herausgenommen.«
»Im Dunkeln?«
»Wozu braucht man dabei Licht? Ich habe das in einem Augenblick mit dem Finger gemacht.«
»Ohne Schere? Auf der Straße?«
»Auf dem Marktplatz, glaube ich. Und wozu brauchte ich eine Schere? Es war ein alter Lappen, er ließ sich sofort zerreißen.«
»Wo haben Sie ihn gelassen?«
»Ich habe ihn weggeworfen.«
»Wo denn genauer?«
»Auf dem Marktplatz. Mag der Teufel wissen, wo auf dem Marktplatz. Wozu wollen Sie das wissen?«
»Das ist außerordentlich wichtig, Dmitri Fjodorowitsch. Das sind sachliche Beweisstücke zu ihren Gunsten. Daß Sie das nicht einsehen wollen! Wer hat Ihnen denn vor einem Monat beim Einnähen geholfen?«
»Niemand hat mir geholfen, ich habe es selbst eingenäht.«
»Können Sie nähen?«
»Ein Soldat muß nähen können, das ist kein Kunststück.«
»Wo haben Sie das Material hergenommen? Ich meine, den Lappen, in den Sie das Geld eingenäht haben?«
»Machen Sie sich auch nicht über mich lustig?«
»Durchaus nicht. Wir sind gar nicht in der Stimmung dazu, Dmitri Fjodorowitsch.«
»Ich erinnere mich nicht, wo ich den Lappen hergenommen habe. Irgendwoher werde ich ihn schon genommen haben.«
»Man sollte doch meinen, daran müßte man sich erinnern.«
»Weiß Gott, ich erinnere mich nicht. Vielleicht habe ich ein Stück von meiner Wäsche zerrissen?«
»Das ist sehr interessant, man könnte morgen in Ihrer Wohnung dieses Wäschestück suchen. Vielleicht findet sich ein Hemd, von dem Sie ein Stück abgerissen haben. Woraus war denn dieser Lappen, aus Baumwolle oder aus Leinwand?«
»Weiß der Teufel woraus. Warten Sie mal ... Ich glaube, ich habe ihn von nichts abgerissen. Er war aus Kaliko ... Ich glaube, ich habe das Geld in eine Haube meiner Wirtin eingenäht.«
»In eine Haube Ihrer Wirtin?«
»Ja, ich hatte sie ihr weggenommen.«
»Was heißt das, weggenommen?«
»Sehen Sie, jetzt fällt es mir ein. Ich hatte ihr tatsächlich einmal eine Haube weggenommen, als Wischlappen oder vielleicht um die Feder damit abzuwischen. Ich hatte sie, ohne ein Wort darüber zu sagen, an mich genommen, weil es ein ganz unbrauchbarer Fetzen war, der in meiner Stube herumlag. Und da hatte ich nun diese fünfzehnhundert Rubel, nahm das Ding und nähte sie darin ein ... Ja, ich glaube, in diesen Fetzen habe ich sie eingenäht. Es war ein alter Kalikolumpen, schon tausendmal gewaschen.«
»Und Sie erinnern sich jetzt mit Sicherheit daran?«
»Ich weiß nicht, ob mit Sicherheit. Ich glaube, ich habe das Geld in die Haube eingenäht. Ach, ich spucke drauf.«
»Dann könnte sich wenigstens Ihre Wirtin erinnern, daß ihr dieser Gegenstand abhanden gekommen ist?«
»Gewiß nicht. Sie hat das Ding gar nicht vermißt. Es war ein alter Lappen, sage ich Ihnen, ein alter Lappen, der keinen Groschen wert war.«
»Und wo nahmen Sie Nadel und Faden her?‹
»Ich höre auf, ich will nicht mehr antworten. Jetzt ist es genug!« rief Mitja zornig.
»Und wiederum ist es seltsam, daß Sie so völlig vergessen haben, an welcher Stelle auf dem Marktplatz Sie dieses Säckchen weggeworfen haben.«
»Lassen Sie doch morgen den Platz fegen, vielleicht finden Sie es«, versetzte Mitja lächelnd. »Genug, meine Herren, genug!« fuhr er mit matter Stimme fort. »Ich sehe deutlich, daß Sie mir nicht glauben! Gar nichts,
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