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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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»Kindelein«
    Die Vernehmung der Zeugen begann, was wir allerdings nicht mit der bisherigen Ausführlichkeit schildern werden. Wir werden beispielsweise weglassen, wie Nikolai Parfjonowitsch jeden aufgerufenen Zeugen darauf hinwies, daß er wahrheitsgemäß und nach seinem Gewissen aussagen und seine Aussage später unter Eid wiederholen müsse. Ebenso werden wir weglassen, wie von jedem Zeugen verlangt wurde, daß er das Protokoll seiner Aussagen unterschrieb, und so weiter und so fort. Wir vermerken nur das eine: Die Aufmerksamkeit der vernommenen Zeugen wurde vorzugsweise immer auf die dreitausend Rubel gerichtet, das heißt, ob es bei Dmitri Fjodorowitschs erstem Gelage hier in Mokroje vor einem Monat dreitausend oder fünfzehnhundert waren und ebenso, ob bei seinem zweiten Gelage dreitausend oder fünfzehnhundert. Leider fielen ausnahmslos alle Zeugenaussagen zu Mitjas Ungunsten aus, und einige Zeugen brachten sogar neue, geradezu verblüffende, seine Angaben widerlegende Tatsachen vor. Der erste, der vernommen wurde, war Trifon Borissowitsch. Er stand ohne die geringste Furcht, mit der Miene ernsten, strengen Unwillens über den Angeklagten, vor den beiden Beamten und verlieh sich dadurch zweifellos den Anschein außerordentlicher Gerechtigkeitsliebe und persönlicher Würde. Er sprach wenig und zurückhaltend, wartete die Fragen ab und antwortete präzis und überlegt. Bestimmt und ohne Umschweife sagte er aus, daß die vor einem Monat ausgegebene Summe nicht weniger als dreitausend Rubel betragen haben konnte; alle Bauern des Dorfes würden aussagen, sie hätten aus Dmitri Fjodorowitschs eigenem Mund von dreitausend Rubeln gehört. »Wieviel Geld hat er schon allein den Zigeunerinnen hingeworfen! Denen sind allein sicherlich mehr als tausend Rubel zugefallen!«
    »Ich habe ihnen vielleicht nicht einmal fünfhundert gegeben«, bemerkte Mitja finster. »Ich habe es damals nur nicht gezählt! Ich war betrunken, das ist das Malheur ...«
    Mitja saß diesmal seitwärts, mit dem Rücken zum Vorhang, hörte mürrisch zu und hatte eine traurige, müde Miene, als wollte er sagen: ›Ach, sagt doch aus, was ihr wollt – jetzt ist schon alles egal!‹
    »Mehr als tausend haben die bekommen, Dmitri Fjodorowitsch«, widersprach Trifon Borissowitsch entschieden. »Sie warfen ja das Geld nur so hin, und die Weiber hoben es auf. Das ist ein diebisches, gaunerisches Volk, Pferdediebe sind sie, man hat sie von hier verjagt, sonst würden sie vielleicht selber aussagen, wieviel sie von Ihnen profitiert haben. Ich selbst habe damals in Ihren Händen eine Summe gesehen – gezählt habe ich sie freilich nicht, zum Zählen haben Sie sie mir nicht gegeben, das ist richtig ... Aber nach dem Augenmaß waren es, wie ich mich erinnere, weit mehr als fünfzehnhundert ... Wie sollten es denn bloß fünfzehnhundert ... gewesen sein! Auch unsereiner hat ja Geld gesehen und kann das beurteilen ...«
    Über die gestrige Summe sagte Trifon Borissowitsch aus, Dmitri Fjodorowitsch hätte ihm, gleich nachdem er aus dem Wagen gestiegen sei, erklärt, er habe dreitausend Rubel mitgebracht.
    »Nicht doch, Trifon Borissowitsch!« wandte Mitja ein. »Sollte ich wirklich so bestimmt erklärt haben, daß ich dreitausend mitbringe?«
    »Ja, das haben Sie gesagt, Dmitri Fjodorowitsch. In Andrejs Gegenwart haben Sie es gesagt. Andrej ist ja noch da, er ist nicht weggefahren, lassen Sie ihn doch rufen! Und im Saal haben Sie geradezu geschrien, Sie ließen jetzt das sechste Tausend hier mit den früheren nämlich, so muß man das verstehen. Stepan und Semjon haben es gehört, und Pjotr Fomitsch Kalganow stand damals neben Ihnen, vielleicht erinnert der sich auch?«
    Die Aussage von dem sechsten Tausend machte auf die beiden Beamten einen besonders starken Eindruck. Ihnen gefiel die neue Fassung: drei und drei, das sind sechs, also dreitausend damals und dreitausend jetzt – das macht sechstausend, die Sache war klar.
    Sie befragten alle, auf die sich Trifon Borissowitsch berufen hatte, die Bauern Stepan und Semjon, den Kutscher Andrej und Pjotr Fomitsch Kalganow. Die Bauern und der Kutscher bestätigten ohne weiteres Trifon Borissowitschs Aussage. Außerdem wurde auf Grund von Andrejs Angabe ins Protokoll aufgenommen, daß Mitja mit ihm unterwegs darüber gesprochen habe, wohin er, Dmitri Fjodorowitsch, wohl kommen würde, in den Himmel oder in die Hölle, und ob ihm in jener Welt vergeben würde oder nicht. Der »Psychologe« Ippolit Kirillowitsch

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