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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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und küßte sie. Aber ich bat sie nicht um Verzeihung.«
    »Warum hast du das nicht getan?« rief Aljoscha.
    Mitja schlug ein beinahe vergnügtes Gelächter an.
    »Gott bewahre dich lieben Jungen davor, jemals eine geliebte Frau wegen eines Verschuldens um Verzeihung zu bitten. Und besonders eine heißgeliebte Frau, ganz besonders so eine darfst du nicht um Verzeihung bitten, sosehr du dich auch gegen sie vergangen hast! Eine Frau, lieber Bruder, ist ein eigentümliches Wesen; wenigstens darüber weiß ich Bescheid! Versuch nur einmal, dich vor einer schuldig zu bekennen, und sag: ›Ich habe mich vergangen, entschuldige, verzeih!‹ Schon wirst du sehen, was für ein Hagel von Vorwürfen auf dich niedergeht! Um keinen Preis wird sie dir einfach und ohne weiteres verzeihen, sondern sie wird dich hundsgemein herunterputzen, wird dir Dinge vorhalten, die niemals geschehen sind, wird alles hervorholen, ohne etwas zu vergessen, sondern eher noch Erfundenes hinzufügen – erst dann wird sie dir verzeihen. Und die es so machen, sind noch die besten von ihnen, die besten! Den letzten Fetzen Haut wird dir so ein Weib abkratzen, eine solche Lust zur Schinderei steckt in ihnen, kann ich dir sagen, in allen ohne Ausnahme, in diesen Engeln, ohne die wir nicht leben können! Siehst du, mein Täubchen, ich will frei und offen reden: Jeder ordentliche Mann muß unter dem Pantoffel wenigstens einer Frau stehen. Das ist meine Überzeugung oder mehr noch: mein Gefühl. Der Mann muß sich großmütig fügen, und das gereicht ihm nicht zur Schande, nicht einmal einem Helden, nicht einmal einem Cäsar! Aber um Verzeihung darfst du trotzdem nicht bitten, niemals und um keinen Preis! Vergiß diese Regel nicht, sie hat dich dein Bruder Mitja gelehrt, der durch die Weiber zugrunde gegangen ist. Nein, ich will Gruscha lieber auf irgendeine andere Weise wieder besänftigen, ohne um Verzeihung zu betteln. Ich verehre sie in Demut, Alexej, ja, das tue ich! Sie sieht das nur nicht; sie meint immer, meine Liebe zu ihr wäre nicht groß genug. Und so quält sie mich, durch ihre Liebe quält sie mich. Früher war das anders. Früher quälten mich nur ihre teuflisch schönen Formen, doch jetzt habe ich ihre ganze Seele in mich aufgenommen und bin selber erst durch sie ein Mensch geworden! Ob es zugelassen wird, daß wir uns heiraten? Sonst werde ich vor Eifersucht sterben. So etwas träume ich alle Tage ... Was hat sie über mich gesagt?«
    Aljoscha wiederholte alles, was er von Gruschenka gehört hatte. Mitja hörte aufmerksam zu, stellte viele Fragen und war schließlich zufrieden.
    »Also ist sie mir nicht böse, daß ich eifersüchtig bin?« rief er aus! »Eine echte Frau! ›Ich habe selber ein wildes Herz‹ hat sie gesagt. Oh, ich liebe solche Frauen mit wilden Herzen, obwohl ich es nicht leiden kann, wenn sie meinetwegen eifersüchtig sind. Nein, das kann ich gar nicht leiden! Wir werden uns gegenseitig prügeln, aber lieben, lieben werde ich sie grenzenlos! Wird es gestattet, daß wir uns heiraten? Dürfen Sträflinge heiraten? Das ist die Frage. Aber ohne sie kann ich nicht leben ...«
    Mitja ging mit finsterer Miene auf und ab. Es war fast dunkel im Zimmer geworden. Auf einmal wurde er sehr sorgenvoll.
    »Also ein Geheimnis, sagt sie? Sie meint, wir hätten zu dritt eine Verschwörung gegen sie geplant, und Katka sei daran beteiligt? Nein, Bruder! Nein, Gruschenka! Das ist nicht so. Da hast du einen Fehler gemacht, einen typisch weiblichen dummen Fehler! Aljoscha, Täubchen, ach was – mag daraus werden, was will! Ich werde dir unser Geheimnis enthüllen!«
    Er sah sich nach allen Seiten um, trat dann hastig dicht an Aljoscha heran und flüsterte mit geheimnisvoller Miene auf ihn ein, obwohl sie in Wirklichkeit niemand belauschen konnte, denn der alte Wächter schlummerte in der Ecke auf einer Bank, und bis zu den wachestehenden Soldaten konnte kein verständliches Wort gelangen.
    »Ich werde dir unser ganzes Geheimnis enthüllen!« flüsterte Mitja eilig! »Ich wollte es dir später ja sowieso enthüllen; ohne dich kann ich doch keinen Entschluß fassen. Du bist für mich die höchste Autorität. Wenn ich auch sage, daß Iwan höher steht als wir, ist doch nur deine Entscheidung maßgebend. Und vielleicht stehst du doch am höchsten, und nicht Iwan ... Siehst du, es handelt sich um eine Gewissenssache, im höchsten Sinne um eine Gewissenssache! Es ist so ein wichtiges Geheimnis, daß ich selbst nicht damit zurechtkommen kann und die

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