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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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klüger, als ich dachte ...«
    Er stand auf, wohl in der Absicht, ein paar Schritte im Zimmer zu tun, denn er war in schrecklicher Erregung. Aber da der Tisch den Weg versperrte und man sich zwischen Tisch und Wand nur eben hindurchdrängen konnte, drehte er sich nur auf dem Fleck um und setzte sich wieder hin. Vielleicht machte ihn dieser Umstand plötzlich so gereizt, daß er wieder mit der früheren Wut losschrie: »Hör zu, du unglücklicher, verächtlicher Mensch! Begreifst du denn wirklich nicht, daß ich dich bis jetzt nur deshalb noch nicht totgeschlagen habe, weil ich dich für die morgige Befragung vor Gericht schone? Gott sieht mein Herz ..,« Iwan hob die Hand! »Vielleicht bin auch ich schuldig gewesen, vielleicht habe auch ich tatsächlich den geheimen Wunsch gehabt, daß mein Vater sterben möchte, aber ich schwöre dir, ich war nicht so schuldig, wie du denkst! Und vielleicht habe ich dich überhaupt nicht zu der Tat angetrieben. Nein, nein, ich habe dich nicht dazu angetrieben! Aber ganz gleich, ich werde gegen mich selber Anzeige erstatten, gleich morgen vor Gericht, dazu bin ich entschlossen! Ich werde alles sagen, alles. Doch ich werde mit dir zusammen erscheinen! Und was du auch vor Gericht gegen mich aussagen magst, ich werde es gelten lassen und dich nicht fürchten! Ich werde alles sogar noch bestätigen! Aber auch du sollst vor Gericht ein Geständnis ablegen! Du mußt es, wir werden zusammen hingehen. So soll es sein!« Iwan sagte das feierlich und energisch, und schon an seinem Blick war zu sehen, daß es ihm Ernst war.
    »Sie sind krank, das sehe ich. Krank. Ihre Augen sehen ganz gelb aus«, sagte Smerdjakow ohne jeden Spott, es klang sogar mitleidig.
    »Wir werden zusammen hingehen!« wiederholte Iwan! »Wenn du nicht mitkommst – egal, dann werde ich allein alles gestehen.«
    Smerdjakow schwieg, als überlegte er.
    »Nichts von alledem wird geschehen, und Sie werden auch gar nicht erst hingehen«, sagte er endlich in einem entschiedenen Ton, als sei kein Widerspruch möglich.
    »Du verstehst mich nicht!« rief Iwan vorwurfsvoll.
    »Sie würden sich viel zu sehr schämen, wenn Sie alles zu Ihren Ungunsten bekennen wollten. Und noch mehr fällt ins Gewicht, daß es nutzlos wäre, völlig nutzlos, denn ich würde geradeheraus erklären, daß ich Ihnen nie etwas Ähnliches gesagt habe, sondern daß Sie entweder krank sind, Sie sehen ja ganz danach aus, oder Ihren Bruder so bemitleiden, daß Sie sich selbst aufopfern und sich diese Anschuldigung gegen mich ausgedacht haben, so wie Sie mich Ihr ganzes Leben lang als eine Mücke angesehen haben und nicht als einen Menschen. Na, und wer würde Ihnen Glauben schenken? Und was haben Sie für Beweise, und wenn es ein einziger wäre?«
    »Hör mal, dieses Geld hast du mir jetzt natürlich gezeigt, um mich zu überzeugen.«
    Smerdjakow nahm den Isaak Sirin von dem Päckchen herunter und legte ihn beiseite.
    »Nehmen Sie dieses Geld an sich! Nehmen Sie es mit!« sagte Smerdjakow mit einem Seufzer.
    »Gewiß, ich werde es mitnehmen! Doch warum lieferst du es mir ab, wenn du seinetwegen den Mord begangen hast?« fragte Iwan höchst erstaunt.
    »Ich brauche es jetzt nicht mehr«, erwiderte Smerdjakow mit zitternder Stimme und mit einer resignierten Handbewegung! »Ich hatte früher mal so einen Gedanken, daß ich mit einer Summe wie dieser ein neues Leben anfangen könnte, in Moskau oder noch besser im Ausland. Dieser Träumerei überließ ich mich ganz besonders deswegen, weil alles erlaubt ist. Das haben Sie mich gelehrt und mir damals oft auseinandergesetzt: Wenn es keinen ewigen Gott gibt, so gibt es auch keine Tugend, und die ist dann auch gar nicht nötig. Das haben Sie wirklich gesagt. Und das war auch meine Ansicht.«
    »Bist du durch deinen eigenen Verstand dahin gelangt?« fragte Iwan mit einem schiefen Lächeln.
    »Unter Ihrer Anleitung.«
    »Und jetzt hast du also angefangen, an Gott zu glauben, wenn du das Geld zurückgibst?«
    »Nein, nicht zu glauben«, flüsterte Smerdjakow.
    »Warum gibst du es also zurück?«
    »Lassen Sie es gut sein ... Es ist egal!« erwiderte Smerdjakow, wieder mit einer müden Handbewegung! »Sie haben doch selber immer gesagt, alles sei erlaubt – warum sind Sie denn jetzt so aufgeregt? Sie wollen sogar hingehen und sich selber denunzieren ... Aber nichts dergleichen wird geschehen! Sie werden nicht hingehen und sich nicht denunzieren!« erklärte Smerdjakow wieder im Ton fester Überzeugung.
    »Du wirst es

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