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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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guten Leute!‹ werde ich sagen. ›Ein dummes Weib – jawohl, das bin ich. Eine Bestie bin ich, ja, so ist es!‹ Aber ich will beten. Ich habe eine Zwiebel verschenkt. Eine Sünderin wie ich möchte beten! Mitja, laß sie tanzen, hindere sie nicht! Alle Menschen in der Welt sind gut, ohne Ausnahme. Es ist schön auf der Welt. Wenn wir auch böse sind – es ist doch schön auf der Welt. Wir sind böse und gut ... Nein, sagt mir doch, ich möchte euch etwas fragen, kommt alle her, ich frage euch, beantwortet mir alle die eine Frage: Warum bin ich so gut? Ich bin ja doch gut, ich bin sehr gut ... Nun also, warum bin ich so gut?« So lallte Gruschenka, die immer betrunkener wurde; schließlich erklärte sie geradezu, sie wolle jetzt selber tanzen. Sie stand aus ihrem Lehnstuhl auf, taumelte. »Mitja, gib mir keinen Wein mehr! Und wenn ich dich auch darum bitte – gib mir keinen! Der Wein beruhigt nicht. Alles dreht sich im Kreis, auch der Ofen, alles dreht sich im Kreis. Ich will tanzen. Alle sollen zusehen, wie ich tanze ... Wie gut und schön ich tanze ...«
    Es war ihr mit dieser Absicht Ernst. Sie zog ihr kleines weißes Batisttaschentuch heraus und faßte es mit der rechten Hand an einem Zipfel, um es beim Tanz zu schwenken. Mitja ordnete geschäftig alles Nötige an; die Mädchen verstummten und machten sich bereit, auf den ersten Wink im Chor ein Tanzlied anzustimmen. Maximow kreischte vor Entzücken, als er hörte, daß Gruschenka selbst tanzen wollte. Er hüpfte vor ihr her und sang dazu:
     
    »Seht, mein hübsches Schweinchen
    mit den schlanken Beinchen
    und dem Ringelschwänzchen,
    macht ein schönes Tänzchen.«
     
    Doch Gruschenka jagte ihn mit dem Taschentuch fort.
    »Pst! Mitja! Warum kommen sie nicht? Alle sollen kommen und zusehen. Ruf auch die Eingeschlossenen ... Warum hast du sie eingeschlossen? Sag ihnen, daß ich tanzen werde! Sie sollen auch sehen, wie ich tanze ...«
    Mitja ging mit den weit ausholenden Schritten eines Betrunkenen zu der verschlossenen Tür, hinter der sich die Polen befanden, und pochte mit der Faust dagegen.
    »Heda, ihr! Ihr Podwysockis! Kommt heraus, sie will tanzen und läßt euch rufen!«
    »Strolch!« schrie einer der beiden als Antwort.
    »Und du bist ein subalterner Strolch! Ein jämmerlicher kleiner Schuft bist du, nun weißt du es!«
    »Sie sollten lieber aufhören, sich über Polen lustig zu machen«, bemerkte Kalganow tadelnd; er hatte selbst mehr getrunken, als er vertragen konnte.
    »Sei still, Knabe! Wenn ich ihn einen Schuft nenne, dann beschimpfe ich doch nicht ganz Polen. Ein einzelner Strolch macht nicht Polen aus. Schweig, lieber Junge, und iß ein Stückchen Konfekt!«
    »Ach, ihr. Als ob ihr keine Menschen seid! Warum wollt ihr euch nicht vertragen?« sagte Gruschenka und trat vor, um zu tanzen.
    Der Chor stimmte lauthals das Tanzlied »Ach du Heim, mein trautes Heim« an. Gruschenka warf den Kopf zurück, öffnete etwas die Lippen, lächelte, begann das Tuch zu schwenken und stand plötzlich, auf einem Fleck hin und her schwankend, ratlos mitten im Zimmer.
    »Ich bin so schwach ...«, sagte sie mit gequälter Stimme. »Verzeiht mir, ich bin so schwach, ich kann nicht ... Ich bitte um Entschuldigung ...«
    Sie verbeugte sich vor dem Chor und machte dann nach allen Seiten Verbeugungen. »Ich bitte um Entschuldigung ... Verzeiht.«
    »Sie hat ein bißchen getrunken, das gnädige Fräulein ... Sie hat ein bißchen getrunken, das hübsche gnädige Fräulein«, hörte man sagen.
    »Sie hat sich betrunken«, erklärte Maximow kichernd den Mädchen.
    »Mitja, führ mich weg ... Nimm mich, Mitja«, bat Gruschenka kraftlos.
    Mitja stürzte zu ihr, nahm sie auf die Arme und lief mit seiner kostbaren Beute hinter den Vorhang. ›Na, jetzt werde ich besser gehen!‹ dachte Kalganow, verließ das blaue Zimmer und machte beide Türflügel hinter sich zu. Doch das lärmende
    Gelage im Saal dauerte an und wurde immer lauter und wilder. Mitja legte Gruschenka aufs Bett und sog sich mit einem Kuß an ihren Lippen fest.
    »Rühr mich nicht an!« stammelte sie flehend. »Rühr mich nicht an, ehe ich nicht dir gehöre ... Ich habe gesagt, daß ich dir gehören will, aber rühr mich jetzt nicht an ... Schone mich ... Während die beiden nebenan sind, geht es nicht. Er ist hier. Es hier zu tun, jetzt, das wäre gemein ...«
    »Ich gehorche! Ich verjage diesen Gedanken ... Ich bin andächtig gestimmt!« murmelte Mitja. »Ja, hier wäre es gemein, verachtungswürdig!«
    Und

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