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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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Menschen aus ihm machen ... Na, Sie verstehen mich ja auch in Andeutungen. Da bemerkte ich, daß er an einem Tag und auch am folgenden und am dritten ganz verstört war und sich grämte, aber nicht wegen der Zärtlichkeiten, sondern aus irgendeinem anderen, stärkeren Grund. Ich dachte: ›Na, was für eine Tragödie steckt da wohl dahinter?‹ Ich drang in ihn und erfuhr dann auch die Geschichte. Er war irgendwie mit Smerdjakow, dem Diener ihres verstorbenen Vaters, zusammengekommen, und der hatte dem dummen kleinen Kerl einen dummen Streich beigebracht, das heißt einen bestialischen Streich, einen gemeinen Streich: ein Stück Brot zu nehmen, eine Stecknadel hineinzustecken und diesen Bissen einem Hofhund hinzuwerfen, einem jener Hunde, die vor Hunger alles verschlingen, was ihnen hingeworfen wird, und dann aufzupassen, was daraus wird. Sie fabrizierten also einen solchen Bissen und warfen ihn dem struppigen Shutschka hin, um den jetzt so viel Wesens gemacht wird, einem Hofhund, der auf seinem Hof nicht das geringste zu fressen bekam und den ganzen Tag bellte ... Mögen Sie dieses dumme Gebell leiden, Karamasow? Ich kann es nicht ausstehen. Der Hund stürzte sich gierig auf den Bissen, verschlang ihn, winselte, drehte sich ein paarmal um sich selbst und rannte dann davon, er lief und lief und verschwand – so hat es mir Iljuscha selbst geschildert. Er gestand mir die Sache, weinte, umarmte mich und war tief erschüttert. ›Er lief und winselte, er lief und winselte‹, wiederholte er immer wieder. Dieses Bild hatte einen sehr starken Eindruck auf ihn gemacht! Na, ich sah, daß er Gewissensbisse hatte. Ich nahm die Sache ernst. Hauptsächlich wollte ich ihn auch für das Frühere bestrafen, und daher verstellte ich mich, wie ich gestehen muß, und heuchelte so eine starke Entrüstung, wie ich sie vielleicht gar nicht empfand. ›Du hast eine unwürdige Handlung begangen!‹ sagte ich. ›Du bist ein Schuft, ich werde es natürlich nicht weitersagen, aber bis auf weiteres breche ich den Verkehr mit dir ab. Ich werde über die Sache nachdenken und dich durch Smurow wissen lassen, ob ich in Zukunft die Beziehungen zu dir beibehalte oder dich als Schuft für immer links liegenlasse!‹ Das machte einen furchtbaren Eindruck auf ihn. Ich fühlt es gleich damals, daß ich vielleicht zu streng war; zugegeben – doch was sollte ich machen? Mein damaliger Plan verlangte das eben. Am nächsten Tag schickte ich Smurow zu ihm und ließ ihm sagen, daß es zwischen uns ›gespannt‹ sei – so drücken wir uns nämlich aus, wenn zwei Kameraden den Verkehr miteinander abbrechen. Meine geheime Absicht war, ihn nur ein paar Tage lang in dieser peinlichen Lage zu lassen und ihm wieder die Hand zu reichen, wenn ich seine Reue sah. Das war mein fester Vorsatz. Aber was meinen Sie: Als er diese Botschaft vernommen hatte, begannen seine Augen auf einmal zu funkeln: ›Bestell Krassotkin von mir‹, rief er, ›daß ich jetzt allen Hunden Bissen mit Stecknadeln hinwerfen werde, allen!‹ Aha, dachte ich, er ist eigensinnig geworden, den Eigensinn müssen wir ihm austreiben! Und ich fing an, ihm meine vollständige Verachtung zu zeigen; bei jeder Begegnung wandte ich mich von ihm ab oder lächelte ironisch. Und da passierte auf einmal die Sache mit seinem Vater, Sie erinnern sich, die Geschichte mit dem Bastwisch. Sie können sich denken, daß er schon vorher furchtbar nervös geworden war. Als die Kameraden sahen, daß ich mich von ihm abgewandt hatte, fielen sie über ihn her und verhöhnten ihn: ›Bastwisch! Bastwisch!‹ Und dann begannen zwischen ihnen die Kämpfe, die ich schrecklich bedaure, weil sie ihn wohl sehr schmerzhaft verprügelt haben. Einmal stürzte er sich auf dem Hof auf sie, als sie aus den Klassen kamen; ich stand zufällig zehn Schritte entfernt und beobachtete ihn. Und ich schwöre, ich kann mich nicht erinnern, daß ich damals gelacht hätte! Im Gegenteil, er tat mir damals sehr, sehr leid; noch eine Sekunde, und ich wäre hingestürzt, um ihn zu schützen. Doch plötzlich trafen sich unsere Blicke. Was er in meinem zu sehen glaubte, weiß ich nicht – jedenfalls nahm er sein Federmesser heraus, warf sich auf mich und stieß es mir in die Hüfte, hier am rechten Bein. Ich rührte mich nicht; ich bin nämlich manchmal tapfer, Karamasow. Ich sah ihn nur verächtlich an, als wollte ich sagen: Wenn du das zum Dank für meine Freundschaft noch einmal tun willst, stehe ich zu deinen Diensten! Aber er stach nicht zum

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