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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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bekennen, daß Sie schlecht und sogar lächerlich sind. Wer gesteht denn heutzutage so etwas ein? Niemand, die Menschen fühlen nicht einmal mehr das Bedürfnis nach Selbstkritik. Seien Sie anders als alle! Und wenn Sie der einzige sind, der anders ist – seien Sie anders!«
    »Großartig! Ich habe mich in ihnen nicht getäuscht! Sie sind imstande, einen zu trösten. Oh, wie es mich zu ihnen hingezogen hat, Karamasow! Wie lange habe ich mir schon eine Begegnung mit ihnen gewünscht! Hatten Sie auch schon an mich gedacht? Vorhin sagten Sie, Sie hätten auch schon an mich gedacht.«
    »Ja, ich hatte von ihnen gehört und habe ebenfalls an Sie gedacht ... Wenn es auch zum Teil Ehrgeiz ist, was Sie jetzt zu dieser Frage veranlaßt, das macht nichts.«
    »Wissen Sie, Karamasow, unsere Aussprache hat Ähnlichkeit mit einer Liebeserklärung«, sagte Kolja verschämt. »Ist das auch nicht lächerlich, nein?«
    »Das ist ganz und gar nicht lächerlich. Und selbst wenn es lächerlich wäre, würde das nichts schaden, weil es gut ist und schön«, erwiderte Aljoscha heiter.
    »Wissen Sie, Karamasow, geben Sie doch zu, daß Sie sich jetzt auch ein bißchen schämen ... Ich sehe ihnen das an den Augen an«, sagte Kolja mit einem schlauen, aber beinahe glückseligen Lächeln.
    »Weswegen sollte ich mich denn schämen?«
    »Warum sind Sie denn rot geworden?«
    »Daran sind Sie schuld, daß ich rot geworden bin!« erwiderte Aljoscha lachend und errötete wirklich über das ganze Gesicht. »Nun ja, ein bißchen schäme ich mich, Gott weiß weswegen, ich weiß es nicht ...«, murmelte er, auch ein wenig verlegen.
    »Oh, wie ich Sie in diesem Moment mag und verehre – eben dafür, daß Sie sich auch ein bißchen schämen! Denn Sie sind von derselben Art wie ich!« rief Kolja in heller Begeisterung.
    Seine Backen glühten, und seine Augen leuchteten.
    »Hören Sie, Kolja, Sie werden allerdings im Leben ein sehr unglücklicher Mensch sein«, sagte Aljoscha auf einmal ohne ersichtlichen Zusammenhang.
    »Das weiß ich, das weiß ich. Wie Sie das alles im voraus wissen!« stimmte ihm Kolja sogleich zu.
    »Aber im ganzen werden Sie das Leben doch als einen Segen empfinden.«
    »Gewiß! Hurra! Sie sind ein Prophet! Oh, wir werden uns näherkommen, Karamasow. Wissen Sie, am meisten begeistert mich, daß Sie mit mir wie mit ihresgleichen verkehren. Und doch sind wir einander nicht gleich, nein, wir sind einander nicht gleich, Sie stehen über mir! Aber wir werden uns näherkommen. Wissen Sie, ich habe mir den ganzen letzten Monat gesagt: Entweder werden wir gleich Freunde fürs Leben – oder gleich von der ersten Begegnung an Feinde bis zum Grab!«
    »Und als Sie sich das sagten, da mochten Sie mich natürlich schon!« sagte Aljoscha und lachte fröhlich.
    »Ja, ich mochte Sie, ich mochte Sie sehr und malte mir unsere Freundschaft aus! Wie können Sie bloß alles vorher wissen? ... Ah, da ist ja der Doktor! Herrgott, was wird er sagen? Sehen Sie doch, was er für ein Gesicht macht!«
     

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7.
Iljuscha
     
    Der Doktor, bereits wieder in seinen Pelz gehüllt und mit der Mütze auf dem Kopf, trat aus der Stube. Sein Gesicht drückte einen beinahe zornigen Ekel aus, als befürchtete er immerzu, sich an etwas zu beschmutzen. Er erfaßte mit einem schnellen, flüchtigen Blick den Flur und sah dabei Aljoscha und Kolja streng an. Aljoscha gab dem Kutscher einen Wink, und die Equipage, die den Doktor hergebracht hatte, fuhr vor. Der Stabskapitän kam nach dem Arzt aus der Stube und versuchte ihn unter tiefen, entschuldigenden Verbeugungen zurückzuhalten und noch ein letztes Wort von ihm zu hören. Sein Gesicht wirkte sehr niedergeschlagen, sein Blick war voller Angst.
    »Exzellenz, Exzellenz ... Ist es denn wirklich ...«, begann er; doch er sprach nicht aus, sondern rang nur verzweifelt die Hände und richtete einen letzten flehenden Blick auf den Doktor, als könnte das Todesurteil über den Sohn tatsächlich durch ein Wort des Doktors noch umgeändert werden.
    »Was ist da zu machen? Ich bin nicht Gott«, antwortete der Doktor lässig und zugleich gewohnheitsgemäß energisch. »Doktor! Exzellenz! Und wird er bald, sehr bald ... ?«
    »Sei-en Sie auf al-les ge-faßt!« erwiderte der Doktor bestimmt und mit überdeutlicher Aussprache und schickte sich an, zum Wagen zu gehen.
    »Exzellenz, um Christi willen!« hielt ihn der Stabskapitän noch einmal in seiner Angst zurück. »Exzellenz, kann ihn denn nichts mehr retten, wirklich nichts, gar

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