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Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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erhitzt hatten, das Katlazeichen auf die Brust. Als ihn das glühende Eisen traf, schrie Jossi auf.
    »Ja, fühl nur, wie es weh tut«, sagte Kader.
    »Jetzt weißt du für alle Zeiten, daß du einer der Unsern bist, selbst als Verräter.«
    Von allen Nächten war wohl diese die längste und schwerste Nacht für mich, jedenfalls seit ich in Nangijala war. Und das schlimmste war vielleicht, Jossis Geprahle mit anhören zu müssen, all das, was er sich zum Verderben des Kirschtals ausgeheckt hatte. Sophia und Hubert werde er bald hinter Schloß und Riegel bringen, versprach er. Alle beide.
    »Aber es muß so vor sich gehen, daß niemand merkt, wer dahintersteckt. Wie könnte ich sonst weiterhin euer geheimer Tengilmann im Kirschtal sein?«
    Geheim wirst du nicht mehr lange bleiben, dachte ich. Denn hier liegt einer versteckt, der dich entlarven wird, so daß du ganz blaß wirst, du rotwangiger Schurke! Doch dann sagte er noch etwas, dieser Jossi, etwas, das mir fast das Herz sprengen wollte.
    »Habt ihr Jonathan Löwenherz schon geschnappt? Oder läuft er noch immer frei im Heckenrosental herum?«
    Diese Frage schien den beiden Tengilmännern unangenehm zu sein.
    »Wir sind ihm auf der Spur«, sagte Veder.
    »Hundert Mann suchen ihn Tag und Nacht.«
    »Und wir werden ihn finden, und wenn wir jedes einzelne Haus im Heckenrosental durchstöbern müßten«, fügte Kader hinzu.
    »Tengil wartet schon auf ihn.«
    »Das kann ich mir denken«, sagte Jossi.
    »Der junge Löwenherz ist gefährlicher als jeder andere, ich hab’s euch ja gesagt. Er ist wirklich ein Löwe.«
    Ich war stolz, daß Jonathan ein solcher Löwe war. Und wie tröstlich zu wissen, daß er lebte! Dann aber, als mir klar wurde, was Jossi getan hatte, kamen mir vor Zorn die Tränen. Er hatte Jonathan verraten. Allein Jossi konnte etwas über Jonathans heimliche Reise ins Heckenrosental herausgeschnüffelt und dann Tengil berichtet haben. Jossis Schuld war es, daß hundert Mann Tag und Nacht nach meinem Bruder suchten und daß sie ihn, wenn sie ihn fanden, Tengil ausliefen würden. Aber er lebte, ja, er lebte! Und war auf freiem Fuß. Weshalb nur hatte er in meinem Traum um Hilfe gerufen? Ob ich es je erfahren würde? Im übrigen aber erfuhr ich eine ganze Menge, während ich dort lag und Jossi zuhörte.
    »Dieser Hubert ist auf Sophia eifersüchtig, weil wir sie zum Anführer im Kirschtal gewählt haben«, sagte er.
    »Jawohl, Hubert bildet sich ein, er ist in allem der Beste.«
    Deshalb also! Ich mußte daran denken, wie mürrisch Hubert damals gefragt hatte:
    »Was ist denn so Besonderes an Sophia?«
    Soso, er war also eifersüchtig, nichts weiter. Schließlich kann man eifersüchtig und trotzdem ein anständiger Kerl sein. Ich aber hatte mir von vornherein eingebildet Hubert sei der Verräter des Kirschtals, und alles, was er später gesagt und getan hatte, fügte ich in dieses Muster ein. Daß man sich von anderen so leicht falsche Vorstellungen machen kann! Der arme Hubert. Er hatte mich behütet, mir das Leben gerettet und mir eine Hammelfiedel geschenkt, und als Dank für all das hatte ich geschrien: Töte mich nicht! Kein Wunder, daß er wütend geworden war. Verzeih mir, Hubert, dachte ich, verzeih mir, und das würde ich wahrhaftig zu ihm sagen, wenn ich ihn wiedersah. Jossi war jetzt selbstbewußter geworden, er schien mit sich zufrieden zu sein, während er dort am Feuer hockte. Hin und wieder schmerzte wohl noch das Katlazeichen, denn er stöhnte bisweilen, und jedesmal sagte Kader:
    »Ja, fühl nur, wie es weh tut! Fühl es nur!«
    Ich wünschte, ich hätte das Katlazeichen sehen können. Aber sicherlich sah es widerwärtig aus, also konnte ich froh sein, daß ich es nicht zu sehen brauchte. Jossi brüstete sich noch immer mit allem, was er getan hatte und noch tun wollte, und plötzlich hörte ich ihn sagen: »Löwenherz hat einen kleinen Bruder, den er über alles liebt.«
    Da weinte ich still vor mich hin und sehnte mich nach Jonathan.
    »Und dieses Bürschchen sollte man vielleicht als Köder benutzen, um Sophia auf den Leim zu locken«, sprach Jossi weiter.
    »Du Trottel, warum hast du uns das nicht schon früher gesagt?« knurrte Kader.
    »Einen Bruder, ja, wenn wir den hätten, dann würde dieser Löwenherz schnell aus seinem Versteck hervorkommen. Denn wo er sich auch verkrochen haben mag, bestimmt würde er es auf geheimen Wegen erfahren, wenn wir seinen Bruder geschnappt hätten.«
    »Ja, damit kriegen wir ihn aus seinem

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