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Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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schwarze, tosende Finsternis herein, in der man nur den Karmafall hörte und die kein Lichtfünkchen erhellte. Ich kroch ganz nahe an Jonathan heran. So saßen wir an die Bergwand gelehnt und redeten in der Finsternis miteinander. Angst hatte ich nicht, aber eine seltsame Unruhe hatte mich gepackt. Wir müßten jetzt schlafen, sagte Jonathan, doch ich wußte, daß ich nicht schlafen konnte. Diese Unruhe schnürte mir die Kehle zu, so daß ich kaum sprechen konnte. Es lag nicht an der Finsternis, es war etwas anderes, was, wußte ich nicht. Und doch hatte ich Jonathan neben mir. Da zuckte plötzlich ein Blitz, und ein Donnerknall ertönte, daß es zwischen den Bergwänden dröhnte. Und dann war es über uns. Ein Unwetter, ich hatte nicht geahnt, daß es solche Unwetter gab. Die Donnerschläge rollten mit solchem Getöse über die Berge, daß man selbst den Karmafall nicht mehr hörte, und die Blitze jagten einander. Bisweilen wurde alles zu flammendem Licht und im nächsten Augenblick wieder zu noch tieferer Finsternis. Es war, als wäre die Urzeitnacht über uns hereingebrochen. Und ,dann kam ein Blitz, furchtbarer als alle anderen. Einen einzigen Augenblick nur loderte er auf und warf sein grelles Licht über alles. Und da, in diesem Licht, sah ich Katla. Ich sah Katla.

13
    Ja, ich sah Katla, und dann weiß ich nicht mehr, was geschah. Ich sank in eine schwarze Tiefe hinab und erwachte erst wieder, als das Unwetter vorüber war und es über den Gipfeln heller zu werden begann. Ich lag mit dem Kopf in Jonathans Schoß. Der Schrecken saß wieder in mir, sobald ich mich erinnerte. Dort, weit hinten jenseits des Flusses, dort hatte Katla gestanden, auf einem Felsen hoch über dem Karmafall. Ich wimmerte, wenn ich nur daran dachte, und Jonathan versuchte, mich zu trösten.

    »Katla ist ja nicht mehr da. Sie ist jetzt fort.«
    Aber ich weinte und fragte ihn:
    »Wie kann es so etwas wie Katla nur geben? Ist es ... ein Ungeheuer oder...?«
    »Ja, Katla ist ein Ungeheuer«, antwortete Jonathan.
    »Ein Drachenweibchen, emporgestiegen aus der Urzeit und ebenso grausam wie Tengil.«
    »Woher hat er sie?« fragte ich.
    »Sie ist aus der Katlahöhle gekommen, das glaubt man jedenfalls«, sagte Jonathan.
    »Dort war sie einst tief in der Urzeitnacht eingeschlafen und schlief tausend und aber tausend Jahre, und niemand wußte, daß es sie gab. Doch eines Morgens  erwachte sie, an einem schrecklichen Morgen kam sie in Tengils Burg gekroche n und hauchte alles und alle mit ihrem tödlichen Feueratem an. Wo sie entlangkroch, da fielen die Menschen zur Rechten und zur Linken.«
    »Und warum ist Tengil davongekommen?« fragte ich.
    »Weil Tengil durch alle Säle der Burg um sein Leben gerannt ist. Als sie näher kam, riß er eine Kriegslure an sich, um seine Soldaten zu Hilfe zu rufen, und als er in dieses Horn blies ...«
    »Was geschah da?« fragte ich.
    »Da kam Katla wie ein Hund zu ihm gekrochen. Und von dem Tage an gehorcht sie Tengil. Und nur Tengil. Vor seinem Horn fürchtet sie sich. Wenn er hineinbläst, gehorcht sie blind.«
    Inzwischen war es sehr viel heller geworden. Die Berggipfel drüben in Karmanjaka glühten wie Katlas Feuer. Und dorthin wollten wir. Ich hatte Angst, oh, so große Angst! Wer konnte wissen, wo Katla auf der Lauer lag? Wo war sie, wo hauste sie? Lag sie in der Katlahöhle? Und wie konnte Orwar dann dort sein? Ich fragte Jonathan, und er erzählte mir, wie es war. Katla hauste nicht in der Katlahöhle. Dorthin war sie nach ihrem Urzeitschlaf nie wieder zurückgekehrt. Tengil hielt sie angekettet in einer Höhle am Karmafall. Dort sei sie mit einer goldenen Kette gefesselt, sagte Jonathan, und dort müsse sie ständig hocken, außer wenn Tengil sie mitnehme, um die Menschen zu erschrecken.
    »Einmal sah ich sie im Heckenrosental«, sagte Jonathan.
    »Und da hast du geschrien«, sagte ich.
    »Ja, da hab ich geschrien«, sagte Jonathan. Mein Entsetzen wurde immer größer.
    »Ich hab solche Angst, Jonathan. Katla wird uns töten.«
    Wieder versuchte er, mich zu beruhigen.
    »Sie ist doch angekettet. Und kann nur so weit kommen, wie die Kette reicht. Nur bis zu dem Felsen da oben, wo du sie gesehen hast. Dort steht sie meistens und starrt in den Karmafall hinunter.«
    »Weshalb tut sie das?« fragte ich.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Jonathan. »Vielleicht sucht sie Karm.«
    »Wer ist denn Karm?« fragte ich.
    »Ach, das ist nur so eine Sage. Elfrida redet davon«, sagte Jonathan.
    »Niemand hat

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