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Die Brueder

Die Brueder

Titel: Die Brueder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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amerikanischen Militärkonvois, die Richtung Osten unterwegs waren, ausweichen müssen.
    Sverre saß am Steuer, da sich seine beiden Begleiter nicht mit Automobilen auskannten und Margie außerdem der Meinung war, diese Tätigkeit sei etwas für Dienst­boten. Sverre führte als Entschuldigung an, dass er ja Ingenieur sei und dass es in Zukunft so viele Automobile auf der Welt geben würde, dass die Dienstboten nicht mehr ausreichen würden, sie zu fahren. Weder Margie noch ­Clive glaubten ihm.
    Als sie Salisbury hinter sich gelassen hatten und sich Manningham näherten, griff Margie auf ihre unbekümmerte Art ein Thema auf, das außerhalb des Bloomsbury-Kreises undenkbar gewesen wäre. Sie machte sich Sorgen um Sverres betrübliche Einsamkeit und überlegte, ob sie ihn nicht, um ihn zu trösten, vorübergehend zu ihrem Liebhaber machen sollte.
    Alle drei trugen Lederkappen und Fliegerbrillen, die jede Gesichtsregung verbargen, und mussten, um sich unterhalten zu können, gegen den Fahrtwind anschreien. So sah selbst Sverre aus, als handele es sich um ein ganz gewöhnliches Gespräch.
    »Du weißt, dass ich Albie nicht untreu sein möchte!«, rief er.
    »Eine Affäre mit einer Frau zählt nicht. Außerdem ist Margie seine Schwester!«, wandte Clive ein.
    In diesem Augenblick kam ihnen ein weiterer amerikanischer Militärkonvoi entgegen, und sie unterbrachen ihre Unterhaltung. Als sie die Fahrt fortsetzten, nachdem sie die Amerikaner vorbeigelassen hatten, wurde das Thema nicht wieder aufgegriffen.
    Vor den Toren Manninghams standen Wachsoldaten und fragten nach »Passierscheinen«. Mühelos parierte Margie dieses Ansinnen, indem sie in ihre alte Paraderolle der Lady Margrete schlüpfte.
    Nachdem sie James lokalisiert hatten, mussten sie nur noch vor der Kellerluke parken. James erkundigte sich, für welchen Anlass und für wie viele Gäste sie den Wein be­nötigten, und forderte dann militärisches Personal an, das unter James’ Aufsicht das Auto mit einer ausreichenden Weinmenge belud, die allen möglichen Bedürfnissen gerecht wurde, wie es James höflich ausdrückte.
    *
    John Maynard Keynes war Sverres Meinung nach das erstaunlichste Bloomsbury-Mitglied. Maynard, wie er zumeist genannt wurde, besaß die besten Voraussetzungen für eine staatliche Karriere – Eton, Cambridge und na­tionalökonomische und staatswissenschaftliche Studien. Aber gewisse Eigenheiten unterschieden ihn wesentlich von einem Karrierebeamten. Er war ein leidenschaftlicher Kunstliebhaber und kannte sich, was die Dichtung des 14. Jahrhunderts und die moderne französische Literatur und Kunst betraf, ausgesprochen gut aus. Über die Dinge, die er liebte, konnte er also nicht mit seinen Beamtenkollegen, aber mit seinen Bloomsbury-Freunden sprechen. Dass er in Liebesdingen Männern den Vorzug gab, hatte seiner Karriere vor dem Krieg keinen Abbruch getan. Inzwischen war eine solche Vorliebe jedoch zu einem Klotz am Bein geworden, und auch dieser Umstand trug dazu bei, dass er viel besser nach Bloomsbury als in ein Ministerium passte.
    Mit Maynards Ankunft kurz vor Vanessas und Clives großem Sommerfest hielt der Ernst, den man normalerweise geflissentlich übersah, über den man nicht sprach oder den man, mit den modernen Worten Freuds ausgedrückt, ganz einfach ins Unterbewusstsein verbannte, wieder im Charleston Farmhouse Einkehr.
    Es war, als hätte Maynard einen schweren Brunnen­deckel aufgehoben, woraufhin alle geblendet ins Licht blinzelten. Denn wenn er sagte, der Krieg sei bereits gewonnen, er dauere höchstens noch ein halbes Jahr, so war das etwas ganz anderes, als wenn es in der Times oder im Telegraph gestanden hätte, denn diese und alle anderen Zeitungen behaupteten das jetzt bereits seit 1914. Aber nun entsprach es also der Wahrheit.
    Maynard hatte als Mitglied von Lloyd George’ Dele­gation an der großen Friedenskonferenz in Versailles teilgenommen, bei der die zukünftigen Siegermächte die Bedingungen für den kommenden Frieden festgelegt hatten. Maynard hatte jedoch recht bald erzürnt das Handtuch geworfen, und jetzt wollte er im Charleston Farmhouse ein Buch über die Friedenskatastrophe schreiben.
    Das war eine provozierende Formulierung, und nicht einmal der sonst an Politik demonstrativ uninteressierte Bloomsbury-Kreis konnte umhin, Fragen zu stellen und sich so in das unbequeme Thema verwickeln zu lassen.
    Wie könne er sich eines baldigen Sieges so gewiss sein? Und was unterscheide die momentane Lage von allen

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