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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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an. Er ist acht Jahre alt. Er sieht seine Zehen, die aus den zerrissenen Turnschuhen hervorsehen. Er hört das Klacken der Angelrolle, das zischende Geräusch, mit dem die Fliege über die Wasserfläche tanzt.
    »Du hast ganz schön lange gebraucht, Gordon!«
    »Tut mir leid, Opa. Ich …«
    »Du hast hoffentlich nicht in die Flüsse gepinkelt.«
    »Doch.«
    »Doch?«
    »Tausende von Malen, Opa. Ich bin auch zur Schule gegangen. Und danach zur Universität. Und dann habe ich …«
    »Und was ist mit eingeschweißten Forellen?«
    »Die … die habe ich tonnenweise gegessen.«
    »Auch panierten Fisch?«
    »Ja.«
    »Aber doch wenigstens nicht mit dem mistigen Paniermehl, das sie aus Sägespänen machen?«
    »Doch.«
    »Großer Gott …«
    Gordon spürt, wie ihm dicke Tränen über die Wangen laufen. Der Großvater legt ihm die Hand auf die Haare.
    »Ach was, mein Junge, das ist nicht schlimm. Es ist nicht mehr wichtig. Ich fang uns eine schöne saftige Forelle, die
wir auf einem heißen Stein zubereiten und dann mit großem Appetit verspeisen.«
    »Mit den Fingern?«
    »Na klar! Womit denn sonst? Anschließend lecken wir die Rückengräte ab und schlürfen die Augen. Und wenn du wirklich brav bist, Gordie, mein Junge, bring ich dir bei, wie man When Johnny Comes Marching Home Again rülpst, ohne zwischendurch Luft zu holen.«
    »Das würdest du tun, Opa?«
    »Unbedingt, mein Junge.«
    Gordon will noch etwas sagen, als er merkt, dass die Vision zerflattert. Sein Großvater hebt den Blick. Große schwarze Wolken ziehen sich am Himmel zusammen, saugen die letzten Lichtstrahlen auf und schließen sich über ihnen.
    »Was passiert da, Opa?«
    »Das sind die Verehrungswürdigen. Sie sterben. Die Forellen können warten. Wir müssen uns jetzt beeilen.«
    Wieder öffnet Walls die Augen. Die Verpackung der Master of the Seas knistert unter seinen Fingern. Die Anzeigen auf den Monitoren der Geräte sind wieder normal. Sein Blick fällt auf einen Rollstuhl. Er entfaltet ihn, stellt ihn neben das Bett, löst den alten Mann von all den Leitungen und hebt ihn heraus. Der magere Körper ist so leicht wie der eines Kindes. Vorsichtig setzt er ihn in den Rollstuhl und legt ihm eine Decke über die Beine und um den Leib. Dann verlässt er das Zimmer. Er will nach links gehen, aber der Rollstuhl leistet Widerstand. Hinter sich hört er ein knackendes Geräusch und spürt einen Luftzug. Er dreht sich zum Notausgang um und sieht, dass die Tür offen steht. Daraufhin dreht er den Rollstuhl in diese Richtung. Während er ihn die Betonrampe zum Parkplatz hinabschiebt, prasselt der Regen auf seine Haare. Scheinwerfer leuchten auf. Das Taxi kommt näher. Der alte Shelby
steigt aus, um den Rollstuhl im Kofferraum zu verstauen, während Walls seinen Großvater auf den Rücksitz legt, den Gurt schließt und selbst auf dem Beifahrersitz Platz nimmt. Die Tür des Taxis schließt sich. Shelby ist patschnass.
    »Wohin?«
    »Carthage, am Pearl River.«
    »Also, auf nach Carthage.«
    Als das Taxi anfährt, spritzt Wasser zu beiden Seiten auf. Walls dreht sich um. Die Lichter von Crandall werden in den Regenschauern immer undeutlicher. Im schwachen Schein der Deckenlampe sieht er zu seinem Großvater hin. Während das Taxi Kilometer um Kilometer zurücklegt, verjüngt sich das Gesicht des Greises, seine tiefsten Falten glätten sich allmählich, seine Haut wird fester. Er öffnet die Augen.
    »Hallo, Gordie.«
    »Hallo, Opa.«
    »Wo sind wir?«
    »In einem Taxi. Es geht nach Hause.«
    »Wir hätten mit dem Bus fahren können, Gordon: Man wirft sein Geld nicht so zum Fenster hinaus. Hast du an meine Cola gedacht?«
    »Nein, Opa. Das habe ich vergessen.«
    Der Großvater hebt die Hände vor die Augen. Die Arthrose, die seine Finger zu Krallen gemacht hatte, geht zurück.
    »Weißt du was, Gordie?«
    »Was, Opa?«
    »Wenn das noch ein paar Kilometer so weitergeht, kann ich dir dafür sogar eine Backpfeife geben.«
    Shelby meldet sich: »In sechs Minuten sind wir in Meridian.«
    Die Augen des Großvaters weiten sich. Er versucht, sich aufzurichten, aber Walls hält ihn fest.

    »Shelby Newton? Bist du das etwa, verdammter Halunke?«
    Das Taxi schlägt einen Haken. Shelby stellt die Lenkung wieder gerade und sieht in den Rückspiegel. Seine Lippen zittern.
    »Chester? Chester Walls?«
    Gordons Blick wandert von seinem Großvater zu Shelby.
    »Kennt ihr euch?«
    »Und ob! Das ist der alte Shelby. Er hat mir das Leben gerettet, weil er am Ufer des Mississippi

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