Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie
haben, und ändern Sie sofort Ihren Kurs.«
»Ich denke nicht daran, Baker. Ich schalte jetzt auf den internationalen Kanal. Sie werden es nicht wagen, ein Zivilflugzeug einfach so abzuschießen.«
Die Stimme des deutschen Piloten sagt über die Standleitung: »Achtung, an alle Maschinen, die in Richtung auf die nordamerikanische Küste fliegen. Mich bedroht eine Staffel von …«
Ein lang gezogenes Rauschen kommt aus den Lautsprechern im Krisenraum. Die Störsender der Nationalen Sicherheitsbehörde haben die Frequenz gesperrt. Der Präsident wendet sich seinem obersten Berater zu.
»Ackermann?«
»Mr. President?«
»Verbinden Sie mich mit den Abfangjägern.«
»Die Leitung ist frei.«
Der Präsident beugt sich über das vor ihm stehende Mikrofon.
»Kommandant Baker, hier spricht der Präsident der Vereinigten Staaten.«
»Hier Baker. Ich empfange Sie einwandfrei.«
»Ändert die 747 den Kurs?«
»Nein, sie fliegt unverändert weiter in Richtung Miami.«
»Eröffnen Sie das Feuer.«
»Können Sie das bestätigen, Mr. President? Sie haben mich aufgefordert, die Verkehrsmaschine abzuschießen, ist das richtig?«
»Ich bestätige, mein Junge … holen Sie sie runter.«
»Verstanden.«
Die Führungsspitzen des Pentagons beobachten angespannt die Radarechos auf den Bildschirmen. Vorn ist die 747, auf sechs Uhr sieht man die Dreiecksformation der Abfangjäger. Sie sind in Schussweite. Zwei Blitze lösen sich aus der vordersten Maschine und streben dem Großraumflugzeug zu, dessen Signal aufblinkt und dann erlischt. Die Jäger lösen ihre Formation auf. Kapitän Baker meldet mit sachlicher Stimme: »Hier Lonewolf. Die Maschine ist vor Great Isaac Island gesunken. Zwei Treffer. Das Ziel ist brennend ins Meer gestürzt. Ich wiederhole: Die Maschine ist gesunken. Es gibt keine Überlebenden.«
Der Präsident schließt einen Augenblick lang die Augen. Dann nimmt er den Hörer für die abhörsichere Leitung ab:
»Puzzle Palace, hier spricht der Präsident. Ich erwarte Ihre Meldung.«
Die Bildschirme im Krisenraum zeigen Bilder aus Kassams Privatlabor. Die meisten der Wissenschaftler beugen sich nach wie vor über die Bildschirme der Sequenzierungsrechner. Andere stehen im Halbkreis hinter Professor Brooks, der dem Präsidenten mitteilt: »Wir sind bereit.«
»Ich höre.«
5
Brooks räuspert sich: »Ich habe eine gute und mehrere schlechte Nachrichten. Womit soll ich anfangen?«
»Hören Sie, Mann, ich habe soeben über den Bahamas eine vollbesetzte 747 abschießen lassen. Es ist mir also egal.«
Brooks wendet sich den Bildschirmen von Kassams Sequenzierungsrechnern zu. Auf einem von den Wissenschaftlern der Regierung eingerichteten Bildschirm dreht sich eine DNA-Doppelhelix um die eigene Achse.
»Nun denn … die gute Nachricht ist, dass wir es geschafft haben, das Virus zu sequenzieren.«
»Und …?«
»Die Sequenzen entstammen in der Tat der DNA der im Zusammenhang mit dem Manhattan-Projekt entdeckten Mumie. Inzwischen sind wir sicher, dass es dem Irren gelungen ist, die für den sogenannten ›Todesfaktor‹ zuständigen Gene zu isolieren.«
»Tun Sie einfach so, Brooks, als wenn Sie das einem Dummkopf erklären müssten; das spart uns kostbare Zeit.«
»Gut. Ich will versuchen, die Sache möglichst einfach darzustellen. Der Prozess des Sterbens beginnt bei Lebewesen
mit der Geburt, bei uns Menschen genau genommen mit den letzten Monaten des Heranreifens im Mutterleib. Das Sterben ist insofern unablösbarer Bestandteil des Lebens, als die beiden Prozesse nicht nur miteinander verknüpft sind, sondern sich auch komplementär zueinander verhalten. Alle organischen Funktionen laufen auf die gleiche Weise ab: Ein System zerstört, und ein anderes repariert. Ausschließlich dies Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Systemen gewährleistet das einwandfreie Funktionieren des Ganzen. Unter Milliarden anderer Sequenzen enthält unsere DNA solche, die am Prozess des Alterns beteiligt sind, und andere, die das Gegenteil bewirken.«
»Sie meinen eine Art Verjüngung?«
»Nein, eher so etwas wie Wachstum und Reparatur. Das läuft mithilfe von Enzymen ab, von denen ein Organismus mit zunehmendem Alter immer geringere Mengen herstellt.«
»Sie haben gesagt, Sie wollten versuchen, die Sache einfach darzustellen.«
»Schön, kommen wir auf das Kind im Mutterleib zurück. Jedes Molekül seines Atems, den es nach seinem ersten Schrei ausstößt, oxidiert seine Organe und zerstört seine Zellen. Doch
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