Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie
deren Kehlen drängen, stürzen die letzten der Männer in schwarzen Mänteln auf die Knie. Ash und Kassam, die sich einige Meter entfernt gehalten haben, senden gemeinsam eine gewaltige Schwingung aus, die sich gleich einem Panzer um die Hüter schließt. Kanos Gesicht sieht aus, als werde es rissig. Er
altert zusehends. Er hebt seine ledrigen Hände zu Cyal und Elikan, deren Gesichtszüge zu Staub zerfallen. Für Gordon sieht es so aus, als rieselten ihre Leiber wie Sand aus ihren Gewändern. Er hat gerade noch Zeit, ihre kummervollen Blicke aufzufangen und die Reste an Macht in sich aufzunehmen, die sie ihm übertragen, bevor sie sich im Wind auflösen, der durch das Heiligtum fegt. Er sieht, wie die Reste der weißen Umhänge auf dem Fluss davontreiben. Seine Wange sinkt ins verbrannte Gras zurück. Seine Hände zittern. Der Kopf seines Großvaters ist aus der Lederhülle herausgerollt. Das verdorrte Gesicht des Alten wirkt friedlich.
»Denk an Harold und Jake.«
Schritte. Gordon blickt auf und sieht, dass Ash und Kassam näher kommen. Er ruft die Macht des Heiligtums zu Hilfe. Er sieht auf seine Hände, die ebenfalls angefangen haben zu altern. Dann spürt er, wie sich die Macht des alten Chester in seinen Adern ausbreitet. Langsam richtet er sich auf. Er spürt die Kraft der Flüsse in seine Lenden dringen und in seine Schultern aufsteigen. Er ist Eko. Er ist Chester. Die Schwingung lässt die Luft um ihn herum knistern. Er hält sie zurück. Er wartet, bis sie noch stärker wird. Er weiß, dass ihm nur ein einziger Vorstoß möglich ist. Durch halb geschlossene Augen beobachtet er Kassam. Er denkt an Holly und Maria. Er gibt sich nicht die geringste Mühe, den Hass zu bändigen, der ihn erfüllt. Kassam ist jetzt zwanzig Schritte entfernt. Er rückt langsam näher. Mit ihm kommt das Nichts. Endlich begreift Gordon, was es mit der Macht des Wissenschaftlers auf sich hat. Es sind nicht nur die Mittel der von ihm entwickelten Formeln, da ist noch etwas anderes. Sein Gegner ist der Weltenzerstörer. In Jahrhunderten hat sich kein Hüter einer solchen Macht stellen müssen. Gordon lässt ihn näher kommen. Er muss alles in eine einzige Schwingung
legen. Ihm ist bewusst, dass er Gefahr läuft, dabei selbst umzukommen, denn die Macht kann ihn einhüllen und verbrennen.
Hinter Kassam ist Ash stehen geblieben. Er sieht zu Gordon hin. Er hat etwas gespürt. Er versucht, Kassam eine telepathische Warnung zu schicken, doch dieser ist nicht mehr Kassam. Er ist das unaufhaltsam vorrückende Universum. Das Immunsystem des Universums, das im Begriff steht, sich um den Tumor Gordon zu schließen. Er hat dem knienden Hüter die Hand auf die Stirn gelegt. Er lächelt. Er löscht die Macht des Heiligtums aus, vernichtet sie.
Als Walls den Kopf hebt, weicht Ash zurück. Der Fluss hinter ihm steigt an und tritt über die Ufer. Der letzte Hüter ist unendlich alt geworden, doch auch unendlich mächtig. Er fasst Kassams Hand mit beiden Händen. Die Augen des Wissenschaftlers werden trübe, als sich die Macht des Heiligtums gegen ihn wendet, von allen Seiten auf ihn eindringt, sich durch Gras und Erde, wie auch durch Gordon selbst ausbreitet. Kassam versucht, seine Finger dem eisernen Griff des Hüters zu entreißen, doch die alten Hände, die ihn halten, sind härter als Felsgestein.
Gordon lächelt. In ihm explodiert es wie eine Nova. Irgendwo in seiner Mitte birst etwas, breitet sich lautlos mit Lichtgeschwindigkeit aus, ist wie ein sterbender Stern, von blendender Helligkeit und unendlicher Hitze. Gordon dreht den Kopf nach hinten, als Kassams Hand in seinen Händen erschlafft. Der Wissenschaftler stößt grässliche Schreie aus. Er ist wie ein schwarzes Loch, das sich schließt. Verzweifelt versucht er, die überlegene Energie des Sterns aufzusaugen. Es ist zu viel Materie, zu viel Macht. Er spürt, wie sich der Rückprall in seinem Gehirn ausbreitet. Er versucht, den Zugang zu versperren, aber die Macht der letzten Heiligtümer lässt seine Neuronen eins nach
dem anderen zerplatzen. Blutiger Brei läuft an seiner Kehle hinab. Er sinkt in sich zusammen.
Hinter ihm weicht Ash weiter zurück, während die Erde rissig wird. Er hat die von Walls gespaltene Wand aus Bäumen erreicht, tritt inmitten verkohlter Stämme und dürrer Äste die Flucht an. Er hat gerade noch Zeit zu sehen, dass Gordon über Kassam kniet, dessen Leib angefangen hat zu zerfließen. Er fleht den Hüter an, doch dieser hört ihn nicht. Ash bleibt reglos
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