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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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beim Sozialamt, sondern bei der Bundespolizei.«
    Doch sie hatte sich angezogen, um Cayley gut zuzureden, woraufhin er schließlich in ihren Armen in Tränen ausgebrochen war, als Mitarbeiter der Gemeinde Martha abholten. Von einer Klageerhebung wegen Störung der Totenruhe hatte man abgesehen. Danach war der Alte immer sonderbarer geworden. Das Schild an der Kette war einer seiner jüngsten Einfälle. Auch wenn Cayley nicht bösartig war, wusste Maria, dass Zeugen Jehovas und New Yorker Schwule gut daran taten, lesen zu können.
    Maria steigt aus und steckt sich eine Zigarette an. Während sie raucht, sieht sie zu, wie sich die Wipfel der Bäume im Wind biegen.
    Seit dem Fall der vier verschwundenen jungen Nonnen, die auf bestialische Weise ermordet worden waren, hatte sie Hattiesburg nicht wieder aufgesucht. Wochenlang war sie damals nachts schreiend wach geworden, hatte sich an die Laken geklammert und verzweifelt nach Luft gerungen, während sie sich durch die dreihundert Sender zappte, die das Kabel ins Haus brachte. Die Letterman Show, die Kurznachrichten der CNN, in denen es von Blaulicht und Leichen nur so wimmelte, die Reportagen von Fox News über Attentate in Bagdad, Talkshows, tödlich langweilige Seifenopern, Zeichentrickfilme und Verkaufssender ohne Ende. Eine ununterbrochene Flut von Bildern, Geräuschen und Gesichtern, die immer mehr verschwammen, während Marias Gehirn von Schlafmitteln eingelullt wurde. Ihr Mund trocknete aus, ihre Zunge wurde schwer, dann sah sie alles unscharf und die Geräusche entfernten sich. Mit aller Macht hatte sie gegen die Wirkung der Mittel angekämpft, um sich von ihnen desto besser niederstrecken zu
lassen. Danach hatte sie bis zum Morgengrauen das Bewusstsein verloren.
    Auf die vier gekreuzigten Nonnen war dann das Mädchen aus Boston gefolgt. Stuart Crossman persönlich hatte ihr über den Mord an Melissa Granger-Heim in Berlin berichtet. Der Mörder hatte den Tatort in einem Zustand hinterlassen, wie ihn die Schreckenskammer in einem Wachsfigurenkabinett nicht eindringlicher hätte wiedergeben können. Der Direktor des FBI erklärte, die Szene könne ohne Weiteres als Muster für einen anderen Mord dienen, so akkurat hatte der Täter auf alle Einzelheiten geachtet. Als sei er am Ende seines Weges angekommen und habe seine Aufgabe mit demselben Verbrechen beendet, mit dem er seinen irrsinnigen Zug begonnen hatte. Sogleich war Maria nach Deutschland geflogen. Es war die einzige Nacht, in der sie vergleichsweise gut geschlafen hatte, ohne abgeschlachtete Nonnen, ohne Geheul und sogar ohne die Letterman Show. Nichts weiter als sie selbst, wie sie mit seitlich ausgestreckten Armen in Boston an der Bordsteinkante entlangbalancierte.
    Während Maria ihre Zigarette im feuchten Laub am Boden ausdrückt, zittert sie im eisigen Wind. Die Kette klirrt. Die Kälte des Metalls beißt ihr in die Handfläche. Einen Augenblick lang betrachtet sie das schwere Zahlenschloss, das Cayley für fünfzig Dollar in Ross MacDougalls Gemischtwarenhandlung in Hattiesburg gekauft hatte. Maria war gerade dort gewesen, als er den Laden mit einem Blick wie ein tollwütiger Hund betreten hatte. MacDougall hatte rasch seine Kassenschublade geschlossen und seine Frau mit leiser Stimme aufgefordert, nach hinten zu gehen. Dann hatte er den Alten gefragt: »Was willst du, Cayley, außer Ärger machen?«
    »Zwölf Meter Kette aus echtem amerikanischen Stahl und ein festes, großes Zahlenschloss.«

    Dann hatte er mit boshaftem Blick hinzugefügt: »Und versuch ja nicht, mir irgendein schlappes Schloss oder eine chinesische Mistkette anzudrehen, MacDougall. Ich will nix, was von innen verrostet wie deine Frau oder einem beim ersten Frost unter den Händen zerfällt, wenn du weißt, was ich meine, verdammter New Yorker Betrüger.«
    Maria hatte die beiden trennen müssen und im letzten Augenblick verhindert, dass der Händler seinen Rottweiler auf den Kunden hetzte. Dann hatte sie dem Alten draußen vor dem Laden eine Standpauke gehalten und ihn zum tausendsten Mal darauf hingewiesen, dass MacDougall nicht aus New York stammte, sondern aus Newark.
    »Sag ich doch die ganze Zeit: Newark, gleich neben New York.«
    »Nein. Newark in Arkansas.«
    »Großer Gott im Himmel! Und weiß seine Frau, was das bedeutet?«
    »Was soll es denn bedeuten?«
    »Dass MacDougall ein schwuler Cowboy ist.«
    »Du nervst, Cayley.«
    »Newark, New York – was ist denn da der Unterschied? Außerhalb von Milwaukee Drive wählen

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