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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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Zeitmaschine.
    Maria hält kurz an. Ihr Blick verweilt nachdenklich auf den anderen Schildern: Boston, Providence, New Haven, Philadelphia, Savannah und Florida. Florida mit seinen Palmen, Surfern, Huren und Mördern. Am liebsten würde sie den Blinker einschalten und nach links abbiegen, Richtung Westen oder Süden. Auf keinen Fall nach Norden. Im Norden liegen Salem und Hattiesburg, danach kommen die kanadische Grenze und das Packeis. Im Westen und Süden hingegen liegen die weiten Ebenen, die Gebirge und die Wüste.
    Sie kommt am letzten Schild vorüber, das nach Westen zeigt: Concord über East Rochester. Wie eine brave Ehefrau und Mutter, die es sich versagt, ihren Geliebten aufzusuchen, fährt sie geradeaus weiter. Was sie dabei empfindet, gefällt ihr in keiner Weise. Sie gesteht es sich nur ungern ein, hat mit einem Mal das dringende Bedürfnis, Whisky aus der Flasche zu trinken und auf der quietschenden Matratze eines Motels mit einem Wildfremden eine Nummer zu schieben. Ihr ist bewusst, dass die andere im Begriff steht zu erwachen. Maria Gardener, die Durchgeknallte, die Alkoholikerin...
    »Mörderin.«
    »Verpiss dich, Daddy.«

    Sie tritt das Gaspedal durch und sieht, wie sich die Tachometernadel weit oberhalb der zulässigen Geschwindigkeit einpendelt. Aus dem Auspuff ihres Wagens dringt schwarzer Qualm. Es riecht nach Öl und Benzin. Maria umklammert das Lenkrad mit beiden Händen. Sie weiß, dass sie das nicht lange durchhalten wird. Sie zerdrückt eine Träne im Augenwinkel. Auf keinen Fall darf sie schwach werden. Nicht jetzt. Nicht bevor sie Hattiesburg erreicht hat, wo ihr Gin-Vorrat auf sie wartet.

2
    Maria hat den Wagen auf das Bankett gefahren und wirft einen nachdenklichen Blick auf den von Bäumen gesäumten Feldweg. Sie bewohnt ein abgelegenes kleines Haus im Hügelland, etwa dreißig Kilometer außerhalb von Hattiesburg. Milwaukee Drive 12. Sie muss lächeln, denn bevor man auf diesen Weg einbiegt, dessen Name so liebenswert nach Asphalt und Lichtreklame klingt, muss man anhalten, um an der Kette vor der Zufahrt das Vorhängeschloss abzunehmen. Dann muss man ein Stück hineinfahren, aussteigen und das Schloss erneut anbringen. Mit Draht ist an den Kettengliedern ein verwittertes Holzschild befestigt.
     
    MILWK. DR.
PRIVATWEG!
HAUSIERER UND ZEUGEN JEHOVAS
WERDEN LEBEND DEN KLAPPER-
SCHLANGEN VORGEWORFEN!
AUF SCHWULE CLINTONWÄHLER AUS NEW YORK
WERDEN DIE HUNDE GEHETZT!

    Ein Einfall des alten Cayley, der am hinteren Ende des Milwaukee Drive auf einem Bauernhof lebt, so abgeschieden am Ufer des Flüsschens Yennooka, dass sich nicht einmal die Uhus dort hinwagen. Nachdem seine Frau im Krankenhaus von Bangor eines Dezemberabends an einem Emphysem gestorben war, hatte der Alte den Verstand verloren, eine Woche später ihre Leiche ausgegraben und mit nach Hause genommen. Auf dem Weg zum alten Cayley hatte Sheriff Bannerman kurz bei Maria hereingeschaut, weil sie mit beiden gut bekannt war, Cayley und seiner Martha. Sie waren ein Paar von der Art gewesen, die nicht einmal der Tod scheiden kann, obwohl sie sich gegenseitig ständig beharkten.
    Als Bannerman bei Maria angeklopft hatte, war sie betrunken gewesen. Sie hatte ihm, eine Flasche Gin in der einen und einen Joint in der anderen Hand, in Leinenshorts und einem lachsfarbenen Oberteil geöffnet, das den Umriss ihrer Brüste fantastisch betonte. Als Bannermans Blick darauf fiel, schien er peinlich berührt zu sein. Dann hatte er die Augen gehoben und war auf diese Weise Zeuge geworden, wie Maria einen langen Zug aus der Flasche nahm, wobei ihr ein wenig Gin über das Kinn lief. Es war ihm zuwider, sie in diesem Zustand zu sehen. Wie immer, wenn es ihr so schlecht ging, hatte sie ihn umschlungen und ihm ins Ohr geflüstert, sie habe große Lust auf eine Nummer. Wie jedes Mal hatte er sie ausgezogen, wobei er sich bemühte, sie nicht anzusehen, unter die kalte Dusche gezerrt und sie dort so lange festgehalten, bis sie aufhörte, um sich zu schlagen.
    Als Maria wieder bei klarem Verstand war, hatte sie sich so unwillig wie ein kleines Mädchen entschuldigt. Bannerman seinerseits war wütend. Genau genommen eher traurig als wütend. An jenem Abend hatte er ihr, während er ihr eine Tasse starken Kaffee in die Hand drückte, gesagt, der alte Cayley habe seine Martha ausgebuddelt und es
sei ihm recht, wenn Maria mitkäme, für den Fall, dass er Schwierigkeiten machte. Parks hatte ihm geantwortet: »Das geht mich nichts an, Bannerman. Ich bin nicht

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